Zu viele Medikamente in den Pflegeheimen

Die Volksanwaltschaft ortet verheerende Zustände in Pflegeheimen und beschuldigte diese, sie würden an Dreiviertel der Bewohner wahllos Beruhigungsmittel verabreichen. Während der Bundesverband der Alten- und Pflegeheime diese Anschuldigung umgehend zurückgewiesen hat, kann sich auch Apothekerkammerpräsident Mag. pharm. Max Wellan nicht vorstellen, dass bewusst zu viele Psychopharmaka gegeben werden. Wellan ortet im Gespräch mit der Apotheker Krone allerdings durchaus ein „großes Optimierungspotenzial“ in den rund 880 heimischen Pflegeheimen.

In Pflegeheimen würden ausschließlich nach ärztlicher Anordnung im Rahmen der Durchführungsverantwortung des Pflegepersonals Arzneimittel verabreicht, betont Markus Mattersberger, Präsident des Bundesverbandes der Alten- und Pflegeheime Österreichs. „Wenn in Österreich also zu viele Medikamente verabreicht werden sollten, so ist dies mit den Ärzten zu diskutieren.“

Wellan sieht das differenzierter: Natürlich würden der Arzneimittelbedarf und die Verordnungen bei Psychopharmaka im Alter steigen. Gerade die Medikation mit derartigen Arzneimitteln sei ein Prozess, der ständig kontrolliert werden müsse. „Das ist eine riesige Herausforderung, das laufend im optimalen Bereich zu halten, weil sich auch der Zustand der Patienten verändert.“ Das betreffe auch Schlaf- und Beruhigungsmittel, die in Pflegeeinrichtungen verabreicht würden, sagt Wellan.

Die Apothekerkammer habe zusammen mit dem Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverband Qualitätsleitlinien erarbeitet, wo laufende Besuche vorgesehen seien. Es brauche gerade in Pflegeeinrichtungen Beratung und Kontakt mit Arzneimittelspezialisten, sagt der Kammerpräsident. Der erste gemeinsame Kongress vor einigen Wochen habe gezeigt, wie wichtig das Medikationsmanagement hier sei und man habe vereinbart, die Veranstaltung im kommenden Jahr zu wiederholen.

In Pilotprojekten habe sich gezeigt, dass eine Verbesserung der Medikation in den Einrichtungen ganz unterschiedliche Ergebnisse bringen kann. Wellan: „In etwa 40 Prozent der Fälle blieb die Medikation gleich und hat somit gepasst. In 20 Prozent musste sie sogar erhöht werden. In weiteren 40 Prozent konnte die Medikation aber reduziert werden.“