Principiis obsta.*

Liebe Leserin, lieber Leser,

die erste dokumentierte Beschreibung des Schlaganfalls geht auf Hippokrates von Kos zurück. Er prägte dabei auch den Begriff „Apoplexie“, der den plötzlichen und unvermittelten Charakter des Schlaganfalls betont. Meist schleichender entwickelt sich die vaskuläre Demenz. Ätiopathogenetisch steht bei beiden Erkrankungsbildern die arterielle Hypertonie im Vordergrund, wobei dieser Umstand bei der vaskulären Demenz deutlich weniger wahrgenommen bzw. berücksichtigt wird, wie die Präsidentin der Österreichischen Schlaganfall-Gesellschaft, Priv.-Doz.in Dr.in Julia Ferrari, im Interview auf Seite 7–8 festhält. Der frühzeitigen Erkennung und Therapie der arteriellen Hypertonie kommt also auch aus neurologischer Sicht eine besondere Rolle zu.

Neurokognitive Defizite sind vielfältig. So häufen sich auch Berichte zu solchen Beeinträchtigungen im Sinne von Aufmerksamkeitsdefiziten, Gedächtnisproblemen oder auch kognitiver Verlangsamung im Zuge bzw. als Folge von COVID-19. Ein Zustandsbild, das auch als „brain fog“ bezeichnet wird. Eine rezente NEJM-Publikation1 liefert eine mögliche Erklärung für den zugrunde liegenden Pathomechanismus: Im Mausmodell führte eine milde SARS-CoV-2-Infektion zu einer Neuroinflammation und einer Aktivierung der Mikroglia in der subkortikalen und hippocampalen Region (allerdings nur in der weißen Substanz). Die Mikroglia zählen als Histiozyten zu den Makrophagen. Werden sie aktiviert, sind sie potenziell neurotoxisch. In dem beschriebenen Mausmodell kam es zu einem Verlust an Oligodendrozyten-Vorläufern, reifen Oligodendrozyten und damit übereinstimmend von Myelin und myelinisierten Axonen. Die Mikroglia-Aktivierung im Hippocampus könnte eine Erklärung für COVIDassoziierte Gedächtnisprobleme liefern.
Sollten sich diese Erkenntnisse auf den Menschen umlegen lassen, gibt dies durchaus Anlass zur Hoffnung: Es existieren bereits – für andere Indikationen zugelassene – Substanzen, die auf die Aktivität von Mikroglia Einfluss nehmen. Sie könnten eine Behandlungsmöglichkeit für die kognitive Beeinträchtigung bei COVID-19 bedeuten.

Das dieser Ausgabe von ARZT & PRAXIS beiliegende „Sonderheft Pädiatrie“ erscheint nun bereits zum 3. Mal anlässlich der Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) und wurde in Zusammenarbeit mit der ÖGKJ-Präsidentin, Univ.-Prof.in Dr.in Daniela Karall, geplant und erstellt, die auch das Editorial des Sonderheftes übernommen hat. An dieser Stelle darf ich mich ausdrücklich für die ausgezeichnete Zusammenarbeit bedanken.

Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen Ihr
Dr. Sebastian Pokorny
Chefredakteur