Challenges in MM: HR treatment/ re­fractory treat­ment/ MRD testing

Die Auswahl der Themen bei den aktuellen Herausforderungen beim High Risk Multiplem Myeloms war sehr treffend, weil wir beim Standardrisiko-Myelompatienten bereits über ein sehr gutes therapeutisches Armentarium verfügen, aber die Entscheidungsfindung für den Hochrisikopatienten, der sich insbesondere auch über zytogenetische Abnormitäten definiert, immer noch sehr schwierig ist. Die Diskussionen zeigen, dass hier der größte Handlungsbedarf besteht. Diese Patienten schneiden unter Standardtherapie deutlich schlechter ab, als die „Good Risk“-Vergleichsgruppe.

Zur Rede kam auch der ISS-score, der auf relativ einfachen klinischen und labortechnischen Parametern fußt, während der revised ISS-score, den Erkenntnissen der modernen Molekularbiologie Rechnung trägt. Wir wissen, dass es Aberrationen gibt, die vor allem das Chromosom 14 betreffen (4;14, 14;16, 14;20) und diese eine ungünstige Prognose bedeuten. Bekannt sind auch Aberrationen im Bereich des Tumorsuppressorgens auf dem Chromosom 17p bzw. p53-Mutationen. In den letzten Jahren ist insbesondere auch klar geworden, dass die sehr seltene 14;20 Translokation bzw. die Aberrationen (Zugewinne) im Bereich des 1q-Arms mit einer ganz ungünstigen Prognose einhergehen Diese Informationen wurden nun in den revised ISS aufgenommen. Eine zusätzlich Challenge besteht nun darin, diese Parameter noch diversifizierter zu betrachten, vor allem bei p17-Deletionen. Es macht einen Unterschied, ob ein oder beide Allele betroffen sind. Finden sich am zweiten Allel Punktmutationen im p53-Bereich, kann das die Prognose weiter verschlechtern.

Was die Behandlung von Hochrisiko-Patienten betrifft, sind wir in Bezug auf die Strategien, die wir bisher an unserem Institut angewandt haben, bestärkt worden, nämlich mindestens eine Dreifach-Kombination zu verwenden. Die Vierfach-Kombinationen sind noch nicht ganz etabliert, sind aber, unterstützt durch die Daten, die wir jetzt haben, definitiv im Kommen. Es ist ganz wichtig einen Proteasominhibitor dabeizuhaben und ein IMiD, um sozusagen die beiden stärksten Substanzklassen gemeinsam beim Myelom wirken lassen zu können.

Es ist zweifelsohne so, dass die Zweit- und Drittgeneration von Proteasominhibitoren hier einen wichtigen Stellenwert haben werden. Offen ist noch, ob man über Lenalidomid hinaus, auch an Pomalidomid bei der Erstlinien-Behandlung von Hochrisiko-Patienten denken wird.

Das Highlight im relapsiert/refraktären Setting war das klare Statement zu einer zumindest  Dreifachkombination. Wir haben heute auch die Möglichkeit, innerhalb einer Substanzklasse zu wechseln, weil wir derzeit in Österreich drei zugelassene Proteasominhibitoren haben. Wir haben drei IMiDe, wobei das erste, Thalidomid, inzwischen fast ein bisschen historischen Charakter hat. Weitere IMide sind in Entwicklung, ebenso wie weitere Proteasominhibitoren. Bei der letztgenannten Gruppe kann man im Hinblick auf die Einnahmemodalitäten und das  Nebenwirkungsprofil sehr gut variieren und wir sind auch nicht gezwungen, exakt die Substanz der Erstlinie zu wiederholen.

Es wurde auch ganz klar gezeigt, dass Vielfachkombinationen mit Zusatz von Antikörpern eine wesentliche Intensivierung des Therapieerfolges versprechen. Es sind neue Substanzen am Horizont, wie Selinexor, als neue first-in-class-Substanz und der bcl-2 Hemmer (also Apoptose-Reinduktor) Venetoclax, das wir schon gut aus der Lymphomtherapie kennen. Es ist beruhigend zu wissen, dass es nicht nur neue Substanzen gibt, sondern auch, dass die alte Frage, ob man mit Multikombinationen beginnen soll, klar beantwortet wurde. Man kann da ruhig sehr früh aus dem Vollen schöpfen, denn das Instrumentarium geht uns heute nicht so schnell aus.

Was die MRD-Negativität betrifft, die jetzt in vielen Studien angepeilt wird, muss ich sagen, dass das noch ein relativ unklares Feld ist. Einerseits die Methodik noch in der Entwicklung. Wir haben teilweise hochsensitive Analysemöglichkeiten wie die Multicolor-Durchflusszytometrie und können mittels NGS auf eine Sensitivität auf 10-6 runterkommen. Aber nicht alle Methoden sind standardisiert und die einzelnen Institute sind unterschiedlich ausgestattet. Es ist daher besonders schwer unmittelbar Rückschlüsse in die klinische Praxis zu tätigen und kann somit noch nicht Grundlage einer breiten klinischen Entscheidungsfindung sein.

Erst müsste die Wahl der besten Methoden etabliert werden und die Frage, reicht multicolor-flow (und hier 8-fach, 10-fach?) oder muss es immer ein NGS sein, beantwortet werden. Neueste Untersuchungen weisen darauf hin, dass ein NGS sehr wohl zusätzliche Daten bringt. Zum Beispiel zeigt eine Studie an einem Patienten mit 100%iger Negativität im multicolor-flow, eine NGS ermittelte Negativität von nur 63%. Das spricht eher für den Einsatz der Molekularbiologie.

Daraus also Therapiestrategien für die Routine abzuleiten, dafür ist es definitiv zu früh. Aber die Studien, die dazu laufen, sind hochspannend und hochinteressant. Und es geht auch in die Richtung, ein Over-treatment zu vermeiden, aber da sind wir noch am Beginn.

Insgesamt eine unglaublich faszinierend Entwicklung, die sich da abzeichnet – wenn ich denke, dass wir vor 30 Jahren außer Melphalan (und einigen weinigen weiteren hoch toxischen Zytostatika)  und Kortison, keine weitere aktive Substanz zur Verfügung hatten – schöpfen wir heute aus einem Instrumentarium, das wir uns damals nicht vorstellen konnten.