Temporalarterien­biopsie bei negativem US

Sachdev A, Dubey S et al., OP0150

Die Diagnose einer Riesenzellarteritis (giant cell arteritis = GCA) sollte auf Basis von Symptomen, Laborbefunden sowie einer frühzeitigen, hochqualitativen Bildgebung oder – in unklaren Fällen – einer histologischen Untersuchung (in der Regel einer Biopsie der A. temporalis superficialis, engl. temporal artery biopsy = TAB ) bestätigt werden. Gemäß EULAR-Empfehlungen wird bei kranialen Symptomen wie Kopfschmerzen, Sehstörungen, Kauschmerzen und Schwellung/Druckdolenz im Schläfenbereich primär eine hochqualitative Ultraschalluntersuchung der Temporalarterien bzw. deren Äste empfohlen.

Generell gilt hierbei, aufgrund der Gefahr ischämischer Komplikationen bzw. einer Erblindung, die Therapie bei Verdacht auf GCA nie zu verzögern, andererseits nimmt die Sensitivität jeder Bildgebung unter initialer Kortikosteroidtherapie rasch ab. Daher wurden in verschiedenen Zentren spezielle Ambulanzen (fast track pathways = FTP) eingerichtet, in denen klinische, laborchemische, bildgebende und histologische Modalitäten rasch integriert werden können, um eine frühzeitige Diagnosesicherung und Therapieoptimierung zu ermöglichen.

In einer Studie aus England wurden 109 Patienten zwischen 2014 und 2019 in einer derartigen FTP mit fortbestehendem Verdacht auf eine GCA und inkonklusivem/ negativem Ultraschallergebnis eingeschlossen und zu einer Biopsie der Temporalarterie unter Einhaltung der BSR (British Society of Rheumatology)-Standards überwiesen.

Primäres Ziel der Studie war es, den Nutzen einer TAB in diesem Patientenkollektiv zu untersuchen und des Weiteren zu klären, welchen Einfluss die Biopsatlänge und der Biopsiezeitpunkt (unter Glukokortikoidtherapie) auf Sensitivität und Spezifität des histologischen Ergebnisses haben könnten. Die Ergebnisse der Studie zeigten eine positive TAB bei 17 von 44 Patienten (Sensitivität 38,6 %, Spezifität 100 %) mit inkonklusivem und negativem Ultraschallbefund, wobei die Rate an positiven Histologien bei inkonklusivem Ultraschallbefund höher war. Eine Biopsatlänge > 15 mm und eine Durchführung innerhalb von weniger als 10 Tagen nach Glukokortikoidbeginn hatten einen positiven Einfluss auf die Sensitivität der Untersuchung. Insgesamt konnte die Rate an Temporalarterienbiopsien durch das rasche, sequenzielle Vorgehen in FTPs auch in dieser Studie deutlich reduziert werden.

Fazit: Unter Einhaltung strenger Standards ist bei anhaltendem klinischem Verdacht die histologische Diagnosesicherung auch bei negativer Bildgebung möglich. Die Temporalarterienbiopsie zur Diagnose der GCA ist jedoch (glücklicherweise) zunehmend weniger oft notwendig.

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