Im Gespräch mit Christian Schauer

Wo sehen Sie aktuell die größten Heraus­forderungen für Einkäufer, wenn Spitäler öffentlich ausschreiben?

Die größte Herausforderung ist, mit den primär betroffen Anwendern ein vergaberechtskonformes und qualitätsorientiertes Leistungsverzeichnis zu erstellen. Oft ist es nicht einfach, die berechtigten subjektiven Anwenderanforderungen wie zum Beispiel zu Tastgefühl oder Handhabung mangels eindeutiger Normen oder objektiver Messkriterien nicht bieterdiskriminierend zu beschreiben und ein breit fundiertes Commitment für die abgestimmten Leistungsanforderungen zu finden, das auch nach Zuschlagserteilung noch anhält. Die Anwender aus Medizin und Pflege haben leider auch verständlicherweise kaum Wissen über das Vergabegesetz. Daher verfolgt die NÖ LKH mit ihren mittlerweile seit 2009 initiierten 58 Fachgruppen eine intensive Einbindung der Anwender in den Ausschreibungsprozess. Dabei wird auch versucht, die wesentlichen Basics des BVergG den Fachgruppenteilnehmern zu vermitteln. Das ist zwar sehr aufwendig, aber es trägt zum Erfolg bei. Die mittlerweile sehr komplexe Materie des Vergaberechts bereitet aber in gleicher Weise sowohl den Geschäftspartnern als auch den Einkäufern große Mühen.

Finden Sie, dass das heimische Vergaberecht innovative Produkte ausreichend fördert?

Das BVergG ist sicher nicht innovationshemmend. Wir beobachten innovationsfördernde Beschaffungsvarianten des BVergG hier sehr genau. Das Problem ist eher eine in dieser Branche fehlende allgemein nachvollziehbare Definition, was jetzt konkret eine Innovation oder nur ein „weiteres neues“ Alternativprodukt, möglicherweise dann sogar mit Alleinstellungsmerkmalen, ist. Auch hier versucht die NÖ LKH mit ihrer sogenannten „Innovationsrichtlinie“ eine interdisziplinäre Bewertung von neuen – oder innovativen – Produkten vor deren Aufnahme in das Beschaffungsportfolio anzustellen. Patientenwohl und Anwenderzufriedenheit werden hier unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf die Ressourcen abgewogen. Die „Innovationsrichtlinie“ dient somit nicht dazu, Innovationen zu verhindern, sondern objektiv zu bewerten und diese dann bei positiver Beurteilung gezielt einsteuern zu können. Aber auch hier liegt die Kunst in der vergaberechtskonformen Beschreibung der Anforderungen im Leistungsverzeichnis.

Haben Sie das Gefühl, dass heimische Betriebe durch das Vergaberecht bevorzugt oder benachteiligt werden?

Im Gegensatz zu Lebensmittelausschreibungen, die seitens der NÖ LKH sehr erfolgreich mit regionalem Bezug durchgeführt werden, bewegen sich die Medizinprodukte auf einem globalen Markt. Da sich in Österreich abgesehen von den internationalen Konzernbüros meist nur kleinere oder mittelständische Medizinproduktefirmen am Markt tummeln, sind die steigende Komplexität von Vergabeverfahren und die damit verbundenen Kosten, um sich formal korrekt beteiligen zu können, sicher nicht unerheblich. Aber grundsätzlich gilt, auch im Fußball sind die Regeln gleich, egal, ob Champions League oder Bundesliga …