Medizinische Versorgung krisensicherer machen

Autonomie ist erforderlich1

Die Politik sollte gezielt Maßnahmen setzen, um unabhängiger von einzelnen Regionen und von möglichen weltweiten Krisen zu sein. Die Pandemie hat deutlich gemacht, wie abhängig die medizinische Versorgung von vielen äußeren Faktoren wie offenen Grenzen und funktionierenden Verkehrsmitteln ist. Daraus zu lernen heißt auch, Strategien zu entwickeln, diese Abhängigkeiten vom internationalen Markt und dem Weltgeschehen möglichst gering zu halten.

Die Politik muss hier Wege aufzeichnen, die gesundheitliche Versorgung möglichst autonom zu gewährleisten. Zu einer kri­sensicheren medizinischen Versorgung gehört unter anderem, Schutzausrüstung auf Reserve zu lagern und so Engpässe zu vermeiden. Dazu müssten Unternehmen politisch unterstützt und Rahmenbedingungen geschaffen werden, um tatsächlich Vorräte lagern zu können.

Bei Zulieferungen von medizinischen Produkten aus dem Ausland sollte, wenn möglich, mehr als eine Lieferkette bestehen, um zu verhindern, dass einzelne Produkte kurzfristig gar nicht mehr geliefert werden können: Die Abhängigkeit von einem Hersteller, von einer Region, ist nicht im Sinne einer krisensicheren medizinischen Versorgung.

Die Produktion von Medizinprodukten muss, soweit das möglich ist, wieder in die EU geholt werden. Das mag zwar teurer sein, aber es sichert die Qualität und verhindert, dass wir vom weltweiten Markt abhängig sind.


Kommunikation verbessern2

Das Hauptthema in der Ordination war es, die infektiösen von den nicht-infektiösen Patienten zu trennen. Das ist ein Lear­ning, von dem wir auch künftig profitieren werden. Während des Lockdowns war das einfach, weil ohnehin nur dringende Fälle zum niedergelassenen Arzt gehen sollten. Damit ist unser Patientenaufkommen von 400 pro Tag auf 20 bis 25 ge­schrumpft. Jetzt im Herbst sehen wir, dass zu den steigenden Infektionszahlen auch noch banale Infekte kommen werden und die niedergelassenen Ärzte hier in vieler Hinsicht neuerlich gefordert sein werden. Das erfordert Investitionen und orga­nisatorisches Umdenken. Wir haben uns zum Beispiel für die Installation eines Thermoscans bei der Eingangstür entschie­den und wir haben die Möglichkeit, die potenziell infektiösen Patienten auch räumlich getrennt in einem anderen Stockwerk zu behandeln.

In der Anfangsphase der Krise schien die Versorgungssicherheit nicht immer gewährleistet. Die niedergelassenen Ärzte in Wien wurden mit Schutzausrüstung über die Ärztekammer versorgt und das hat gut geklappt. Für künftige Pandemien wird das Thema weiterhin wichtig bleiben, daher muss man sich überlegen, wie man österreichweit eine dezentrale Lagerhaltung aufbaut, um im Ernstfall rasch und sicher mit den passenden Produkten vor Ort sein zu können. Auch die Zusammenarbeit mit Medizinprodukte-Firmen und etwaige Bedarfsberechnungen müssten über die Bundesbeschaffungsagentur, das Ge­sundheitsministerium oder das Rote Kreuz organisiert werden, das ist kein Thema, das der einzelne niedergelassene Arzt für sich entscheiden kann oder sollte.

Eine klare und rasche Kommunikation wäre in jedem Fall wünschenswert. Bisher sind viele Regelungen immer erst sehr spät und nicht ausreichend transparent kommuniziert worden. Die Aufhebung der telefonischen Krankmeldung zum Beispiel sorgt für Verwirrung, vor allem rechnen wir damit, dass sich das bald wieder ändern wird. Für Patienten sind die Wartezeiten bei der Hotline 1450 nicht optimal und viele wissen nicht, wie sie sich im Verdachtsfall überhaupt verhalten müssen. Auch hier braucht es noch viel bessere Aufklärung der Bevölkerung und damit die Unterstützung der niedergelassenen Ärzte.