Blockierung der T-Zell-Kostimulation

T-Zell-Aktivierung: Signal 1, Signal 2

Aktivierte T-Zellen üben verschiedene Funktionen in der entzündlichen Immunreaktion aus. Dazu zählen unter anderem ihre Interaktion mit verschiedenen anderen Zellen des Immunsystems sowie ihre Funktion als Produzenten einer Reihe von proinflammatorischen Zytokinen.
Um jedoch eine vollständige Aktivierung von T-Zellen zu erreichen, werden zumindest zwei Signale benötigt. Signal 1 besteht in der antigenspezifischen Interaktion zwischen dem T-Zell-Rezeptor und einem durch MHC-Klasse-II-Moleküle präsentierten Antigen. Das zweite Signal kann über verschiedene membrangebundene kostimulatorische Moleküle erfolgen, die in drei Hauptgruppen – Immunglobuline, TNF-Rezeptoren und Zytokinrezeptoren – eingeteilt werden können. Beide Signale zusammen führen zu einer vermehrten Produktion von Interleukin (IL)-2, ermöglichen eine Zellvermehrung und die Entwicklung der Effektorfunktionen von T-Zellen.
Eine Blockierung des 2. Signals hingegen bewirkt einen refraktären oder anergen Zustand der T-Zelle. Anerge T-Zellen können sich nicht vermehren und zeigen keine gesteigerte Immunantwort in einem wiederholten Antigenkontakt.

Blockierung von kostimulatorischen Moleküle der B7-Familie

Eines der wichtigsten Mitglieder der kostimulatorischen Moleküle ist CD28. CD28 wird von ca. 50% der T-Zellen exprimiert und hat mit CD80 (B7.1) und CD86 (B7.2) zwei Liganden, die auf verschiedenen APC aktivierungsabhängig exprimiert werden. Cytotoxic T-lymphocyte-associated antigen 4 (CTLA-4, CD152) wird auf T-Zellen aktivierungsabhängig exprimiert und bindet ebenfalls an B7.1 und B7.2. CTLA-4 bremst jedoch im Gegensatz zu CD28 die T-Zell-Aktivierung über eine Hemmung von Proliferation und Zytokinproduktion und kann daher quasi als Gegenspieler von CD28 angesehen werden1.
Die genaue Charakterisierung der verschiedenen Komponenten innerhalb der T-Zell-Aktivierung hat in der Folge zur Entwicklung von Therapieansätzen geführt, die gezielt das kostimulatorische Signal blockieren.

Abatacept

Abatacept (Orencia®), ein Konstrukt aus der extrazellulären Domäne von CTLA-4, gebunden an einen modifizierten Fc-Teil von IgG, blockiert durch seine Bindung an CD80/CD86 auf APC deren Bindung an CD28 auf der T-Zelle, und damit den als Signal 2 mitverantwortlichen (Ko-)Stimulus zur T-Zell-Aktivierung.
Andere kostimulatorische Signalwege werden davon nicht beeinflusst. Daher ist die Funktion von T-Zellen nicht vollständig blockiert, jedoch deutlich vermindert. Abatacept bewirkt einerseits eine selektive Blockierung der T-Zell-Aktivierung. Weiters hemmt es die Funktion von Effektor-T-Zellen. Dadurch kommt es zu einer verminderten Interaktion mit B-Zellen und in der Folge zu einer verminderten Produktion von Autoantikörpern und auch Freisetzung von proinflammatorischen Zytokinen und Entzündungsmediatoren. Die Wirksamkeit und die Sicherheit von Abatacept wurde in klinischen Studien mit RA-Patienten getestet, in denen sich Abatacept auch nach Versagen von TNF-Blockern als wirksam erwiesen hat2,3. Das Ausmaß der klinischen Wirksamkeit entspricht ungefähr dem, das durch TNF-Hemmer und IL-6-Blocker erzielt werden kann, wobei allerdings keine direkten Vergleichsstudien existieren.
Wie auch bei anderen Immunsuppressiva stellen vor allem Infektionen eine mögliche Nebenwirkung einer Therapie mit Abatacept dar. Die Infektionsrate war in den unterschiedlichen klinischen Studien entweder nicht erhöht oder nur gering erhöht, erreichte jedoch selten eine statistische Signifikanz. Generell darf eine Behandlung bei Patienten mit aktiven Infektionen erst eingeleitet werden, wenn die Infektionen unter Kontrolle sind.
Sollte es unter einer Therapie mit Abatacept zu einer schweren Infektion kommen, ist die Therapie abzubrechen.
Die häufigsten anderen unerwünschten Nebenwirkungen waren Nasopharyngitis, Kopfschmerz und Übelkeit. Vorsicht ist bei Patienten mit einer COPD geboten, nachdem es in dieser Patientengruppe zu einer Verschlechterung der Erkrankung und zu einem vermehrten Auftreten von respiratorischen Infekten kommen kann.
Derzeit ist bei RA-Patienten mit einer mittelschweren bis schweren aktiven rheumatoiden Arthritis eine Therapie mit Abatacept in Kombination mit Methotrexat bei Versagen von mindestens einem DMARD (disease-modifying antirheumatic drug) sowie bei Patienten mit einer juvenilen idiopathischen Arthritis zugelassen.
Abatacept wird als 30-minütige intravenöse (i. v.) Infusion in einer gewichtsabhängigen Dosierung verabreicht. Die Anwendung erfolgt anfänglich nach 0, 2 und 4 Wochen und anschließend alle 4 Wochen. Daneben wurde in verschiedenen Studien auch die subkutane (s. c.) Gabe von Abatacept untersucht.
Dabei konnte für die s. c. Applikation eine der i. v. Gabe vergleichbare Wirksamkeit nachgewiesen werden4.

Belatacept

Belatacept, ebenfalls ein CTLA4Ig-Fusionsprotein, unterscheidet sich in seinem Aufbau von Abatacept nur in 2 Aminosäuren. Belatacept weist im Vergleich zu Abatacept jedoch eine deutlich höhere Bindungsaffinität zu CD80/CD86 auf, sodass die Hoffnung auf eine gleichzeitig auch erhöhte Wirksamkeit von Belatacept bestand. In einer klinischen Phase-I/II-Studie bei Patienten mit therapierefraktärer RA war jedoch Abatacept in seiner Wirksamkeit Belatacept sogar leicht überlegen (hinsichtlich ACR-50- und ACR-70-Respons-Raten), obwohl diese Studie nicht mit ausreichender statistischer Power zur Unterscheidung der Wirksamkeit beider Substanzen ausgestattet war5. Belatacept wurde infolge in der Indikation RA nicht weiter untersucht.
Belatacept wurde jedoch erfolgreich als immunmodulatorische Therapie einer Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantation im Vergleich zu einer Therapie mit Cyclosporin getestet6.

Alternative Therapieansätze zur Blockierung von kostimulatorischen Molekülen der B7-Familie sind Antiköper wie Galiximab, die direkt gegen das kostimulatorische Molekül CD80 auf APC gerichtet sind. Klinische Studien mit Galiximab wurden bisher vor allem in Patienten mit Lymphomen durchgeführt.
Dabei zeigte sich Galiximab als viel versprechende Therapieoption insbesondere für eine Therapie von B-Zell-Lymphomen alleine, oder in Kombination mit Rituximab7.

Andere kostimulatorische Moleküle

Einen anderer kostimulatorischer Signalübertragungsweg, der in der Pathogenese der RA, aber auch in anderen Autoimmunerkrankungen eine Rolle zu spielen scheint, stellt die Interaktion zwischen CD40 und seinem Liganden (L) CD154 dar. CD40L wird auf aktivierten T-Zellen exprimiert, während CD40 auf APC zu finden ist8. Eine erhöhte Expression von CD40L konnte auf synovialen T-Zellen nachgewiesen werden, während CD40 von synovialen Fibroblasten exprimiert wird. Eine Blockierung der CD40-CD40L-Interaktion mit einem monoklonalen Antikörper gegen CD40L führte weiters zu einer Unterdrückung einer Aktivierung von Fibroblasten9.
Zwei verschiedene Antikörper gegen CD40L wurden bisher in klinischen Studien mit SLE-Patienten getestet. Diese Therapieansätze waren jedoch entweder ineffektiv oder wiesen inakzeptable Nebenwirkungen auf, insbesondere kam es zum vermehrten Auftreten von thromboembolischen Komplikationen10,11.
Ein weiterer gescheiterter Therapieansatz war der Einsatz eines superagonistischen und damit stimulierenden Antikörpers gegen CD28. In einer kleinen Phase-I-Studie an sechs gesunden Probanden kam es nach der Gabe eines humanisierten Anti- CD28-Antikörpers zur massiven Ausschüttung von proinflammatorischen Zytokinen. Die Folge waren pulmonale Infiltrate, akutes Nierenversagen und eine disseminierte intravaskuläre Koagulation. Zwei der Probanden mussten aufgrund eines prolongierten kardiovaskulären Schocks intensivmedizinisch behandelt werden12. Die genauen Ursachen für diese unerwarteten katastrophalen Nebenwirkungen sind nach wie vor nicht zur Gänze geklärt. Eine mögliche Erklärung mag jedoch in der speziestypischen fehlenden Expression von CD28- auf CD4+-Effektor-Gedächtnis-T-Zellen von Primaten (cynomolgus monkeys) sein, in denen der Antikörper zuvor ohne Nebenwirkungen getestet worden war13. Letztendlich weisen diese Ereignisse aber auch auf die fundamentale Rolle hin, die kostimulatorische Moleküle in der Immunantwort spielen.

Conclusio

Die Modulation der kostimulatorischen Signalübertragung stellt einen neuen und innovativen Therapieansatz von immunologisch mediierten Erkrankungen dar. Im Gegensatz zu anderen Therapieformen soll dadurch nicht eine bestimmte Zellpopulation reduziert oder ein bestimmtes proinflammatorisches Zytokin blockiert werden, sondern eine Normalisierung der Immunantwort erreicht werden.
Ein Teil dieser neuen Therapien hat in der Behandlung von bestimmten Erkrankungen bereits eindeutige Erfolge erzielt. Weitere Entwicklungen werden in Zukunft möglicherweise die Blockierung neuer kostimulatorischer Moleküle sein, die Modulierung ihrer Expression auf der Zelloberfläche oder das Eingreifen in durch sie mediierte intrazelluläre Signalübertragungswege.

 

1 Appleman LJ, Boussiotis VA, T cell anergy and costimulation. Immunol Rev 2003; 192:161-180.
2 Kremer JM, Genant HK, Moreland LW, Russell AS, Emery P, Abud-Mendoza C, Szechinski J, Li T, Ge Z, Becker JC et al., Effects of abatacept in patients with methotrexate-resistant active rheumatoid arthritis: a randomized trial. Ann Intern Med 2006; 144(12):865-876.
3 Genovese MC, Becker JC, Schiff M, Luggen M, Sherrer Y, Kremer J, Birbara C, Box J, Natarajan K, Nuamah I et al., Abatacept for rheumatoid arthritis refractory to tumor necrosis factor alpha inhibition. N Engl J Med 2005; 353(11):1114-1123.
4 Genovese M, Covarrubias A, Leon G, Mysler E, Keiserman M, Valente R, Nash P, Simon Campos J, Porawska W, Box J et al., Subcutaneous abatacept versus intravenous abatacept: A phase IIIb non-inferiority study in patients with an inadequate response to methotrexate. Arthritis Rheum 2011.
5 Moreland LW, Alten R, Van den Bosch F, Appelboom T, Leon M, Emery P, Cohen S, Luggen M, Shergy W, Nuamah I et al., Costimulatory blockade in patients with rheumatoid arthritis: a pilot, dose-finding, double-blind, placebo-controlled clinical trial evaluating CTLA-4Ig and LEA29Y eighty-five days after the first infusion. Arthritis Rheum 2002; 46(6):1470-1479.
6 Vincenti F, Larsen C, Durrbach A, Wekerle T, Nashan B, Blancho G, Lang P, Grinyo J, Halloran PF, Solez K et al., Costimulation blockade with belatacept in renal transplantation. N Engl J Med 2005; 353(8):770-781.
7 Bhat S, Czuczman MS., Galiximab: a review. Expert Opin Biol Ther 2010; 10(3):451-458.
8 Liu EH, Siegel RM, Harlan DM, O’Shea JJ., T cell-directed therapies: lessons learned and future prospects. Nat Immunol 2007; 8(1):25-30.
9 Liu MF, Chao SC, Wang CR, Lei HY., Expression of CD40 and CD40 ligand among cell populations within rheumatoid synovial compartment. Autoimmunity 2001; 34(2):107-113.
10 Kalunian KC, Davis JC, Jr., Merrill JT, Totoritis MC, Wofsy D, Treatment of systemic lupus erythematosus by inhibition of T cell costimulation with anti- CD154: a randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Arthritis Rheum 2002; 46(12):3251-3258.
11 Liossis SN, Sfikakis PP: Costimulation blockade in the treatment of rheumatic diseases. BioDrugs 2004; 18(2):95-102.12 Suntharalingam G, Perry MR, Ward S, Brett SJ, Castello-Cortes A, Brunner MD, Panoskaltsis N, Cytokine storm in a phase 1 trial of the anti-CD28 monoclonal antibody TGN1412. N Engl J Med 2006; 355(10):1018-1028.
13 Eastwood D, Findlay L, Poole S, Bird C, Wadhwa M, Moore M, Burns C, Thorpe R, Stebbings R, Monoclonal antibody TGN1412 trial failure explained by species differences in CD28 expression on CD4+ effector memory T-cells. Br J Pharmacol 2010; 161(3):512-526.