Lipidmanagement als Kombination unterschiedlicher Therapiestufen

Das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen kann über eine Reduktion des LDL-Cholesterins effektiv gesenkt werden. Dabei ist wichtiger, wie stark, wie schnell und für wie lange dies geschieht als auf welche Weise. Dennoch werden die vorgegebenen Zielwerte häufig nicht erreicht. Ein frühzeitiger Einsatz von Kombinationstherapien kann LDL-C effektiv senken.

Wenn Ernährungs- und Lebensstiländerungen zur Risikominderung einer atherosklerotischen kardiovaskulären Erkrankung (ASCVD) nicht mehr ausreichen, ist eine medikamentöse Therapie indiziert. Diese zielt insbesondere auf die Reduktion des Blutdrucks und der Konzentration an Low-Density-Lipoprotein-(LDL-)Cholesterin im Blut ab. So zeigen Metaanalysen, dass eine LDL-C-Reduktion um 1 mmol/l das kardiovaskuläre (CV) Risiko um 21 % senkt. Dabei ist wichtiger, wie stark, wie schnell und für wie lange LDL-C reduziert wird, als auf welche Weise dies geschieht.1

Lücke zwischen LDL-C-Zielen und Wirklichkeit

Trotz des stetig wachsenden Arsenals an LDL-C-senkenden Therapien klafft immer noch eine große Lücke zwischen den in den Leitlinien empfohlenen LDL-C-Zielen und den in der Praxis erreichten Werten. In der DAVINCI-Studie wurde gezeigt, dass nur 22 % der europäischen ASCVD-Patient:innen, die eine Statin-Monotherapie in hoher Intensität erhielten, 21 % der Patient:innen, die Statine mit Ezetimib erhielten, und 58 % der Patient:innen, die eine Kombination aus PCSK9-Inhibitoren und oraler Therapie erhielten, den LDL-C-Zielwert von 1,4 mmol/l (55 mg/dl) gemäß den Leitlinien erreichten.1 Unter Patient:innen mit sehr hohem CV-Risiko erreichten 18 % den LDL-C-Zielwert von 1,4 mmol/l (55 mg/dl), vergleichbar mit den Ergebnissen der SANTORINI-Studie, in der 20,7 % dieses Ziel erreichten. In Real-World-Daten der REALITY-Studie war der Anteil an Patient:innen unter 1,4 mmol/l (55 mg/dl) bzw. 1,8 mmol/l (70 mg/dl) mit 3 % bzw. 15 % noch geringer.2

Die Gründe für das Verfehlen der Therapieziele sind vielfältig. Ein Hauptgrund ist der unzureichende Einsatz effektiver Therapieformen wie hochintensiver Statintherapie (HIS) oder besonders Therapiekombinationen aus z. B. Statinen plus Ezetimib und/oder PCSK-Inhibitoren. So erhielten die meisten Patient:innen in der DAVINCI-Studie eine Statin-Monotherapie in moderater (43,5 %) oder hoher Intensität (37,5 %) und nur 9 % eine Kombination aus einem Statin und Ezetimib sowie 1 % eine Kombination mit einem PCSK9-Antikörper.1 Auch in der SANTORINI-Studie wurden nur 4,7 % bzw. 17,5 % der Patient:innen mit einer Kombinationstherapie mit bzw. ohne PCSK-Hemmer behandelt.2 Ein anderer Grund für das mangelnde Erreichen der LDL-C-Ziele liegt darin, dass die Statin-Dosis reduziert und/oder Ezetimib abgesetzt wird, wenn andere Medikamente hinzugefügt werden. Zudem werden Statine häufig aufgrund einer Statinintoleranz oder -myopathie reduziert. Dabei zeigt sich jedoch, dass Statinintoleranz meist überdiagnostiziert wird. Während Kohorten- und Beobachtungsstudien eine Prävalenz von bis zu 30–40 % angeben, liegt diese bei korrekt definierten Diagnosen bei nur 7 %. Der letzte Punkt, warum LDL-C-Ziele nicht erreicht werden, sind teils unklare oder uneindeutige Leitlinien. So empfehlen die Guidelines der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) 2021 ein stufenweises LDL-C-Management, was jedoch dem frühzeitigen Einsatz einer Kombinationstherapie und dem Grundsatz „the lower the better for longer“ widerspricht.2, 3 Um auch den kumulativen Effekt einer lebenslangen LDL-C-Reduktion zu berücksichtigen, sollte also besonders bei Hochrisikopatient:innen der Grundsatz nicht lauten „intensive Statintherapie zuerst“, sondern „intensive lipidsenkende Therapie zuerst“.1

Vorteile der Kombinationstherapie

Mit einer hochintensiven Statintherapie kann der LDL-C-Ausgangswert um etwa 50 % gesenkt werden. Dies kann je nach CV-Risiko zu wenig sein, stellt aber die Ausgangsstufe jeder Therapie dar. Noch bessere Ergebnisse können erreicht werden, wenn die höheren Therapiestufen nicht abwartend Schritt für Schritt gewählt werden, sondern gleich mit der angemessenen Therapieform begonnen wird. So ist eine Fixdosiskombination aus hochintensivem Statin + Ezetimib als erste Option bei ASCVD-Patient:innen zu bevorzugen, womit eine LDL-C-Senkung um bis zu 65 % erreichbar ist. Wird Bempedoinsäure zusätzlich zur HIS gegeben, kann der LDL-C-Wert um 65–70 % reduziert werden. Eine noch höhere Reduktion um bis zu 75 % kann folglich erreicht werden, wenn eine HIS mit der Fixdosiskombination aus Ezetimib und Bempedoinsäure ergänzt wird. Als letzte Stufe mit einer LDL-C-Reduktion von ca. 85 % des Ausgangswert steht bei ASCVD-Patient:innen eine Kombination aus HIS + Ezetimib + PCSK-Inhibitoren zur Verfügung.2

Die LDL-C-Senkung durch die Kombination von Atorvastatin, Ezetimib und Bempedoinsäure wurde in einer Studie untersucht: Um ihren lipidsenkenden Effekt gegenüber Placebo in einem initialen Setting zu untersuchen, wurden Patient:innen mit LDL-C-Werten von 3,4–4,9 mmol/l (130–189 mg/dl) nach einer 6-wöchigen Screening/Wash-out-Phase im Verhältnis 2:1 randomisiert. Im zweiten Abschnitt dieser Phase-II-Studie erhielten die Patient:innen entweder einmal täglich 20 mg Atorvastatin, 10 mg Ezetimib und 180 mg Bempedoinsäure oder entsprechend Placebo. Nach sechs Wochen war die Reduktion des durchschnittlichen LDL-C-Ausgangswerts von 4,0 mmol/l (154,8 mg/dl) um 63,6 % mit der Kombinationstherapie signifikant größer als mit Placebo um 3,1 % (Differenz 60,5 %; 95%-KI 53,0–68,0; p < 0,001). Damit einher gingen zudem signifikante Reduktionen für Non-high-Density-Lipoprotein-Cholesterin, Gesamtcholesterin, Apolipoprotein B, hochsensitives C-reaktives Protein und Triglyceride. Der Anteil an Patient:innen, die nach sechswöchiger Tripletherapie einen LDL-C-Wert < 1,8 mmol/l (70 mg/dl) bzw. < 1,4 mmol/l (55 mg/dl) erreichten, lag bei 90 % bzw. 58,5 %, während keine Patient:innen mit Placebo diese Ziele erreichten. Auch der Anteil an Patient:innen, die eine Reduktion des LDL-C-Werts um mindestens 50 % erreichten, war mit Tripletherapie signifikant höher als mit Placebo (95 % vs. 0 %, p < 0,001). Behandlungsbezogene unerwünschte Ereignisse wurden in beiden Gruppen mit 35 % angegeben und waren mehrheitlich mild/moderat. Es kam zu keinen klinisch relevanten Erhöhungen von Aminotransferase oder Kreatinkinase.4

Resümee

Die Zielwerte für LDL-Cholesterin werden in der klinischen Praxis zu oft nicht erreicht. Dies kann auch an zu vorsichtigen Therapien bzw. Therapieleitlinien liegen. Eine Kombinationstherapie aus einem Statin und Ezetimib + Bempedoinsäure ist eine wirksame Strategie zur Lipidsenkung bei Patient:innen mit hohem kardiovaskulärem Risiko.