Asthmasprays gegen Covid-19: Weitere Mediziner warnen

Gleiche mehrere Fachgesellschaften waren davor Asthmasprays gegen Covid-19 einzusetzen. Sie kritisieren eine entsprechende Studie als fehlerhaft und berichten, dass die steigende Nachfrage dazu führt, dass Asthmapatienten schwerer Sprays in den Apotheken bekommen.

Mit der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) warnen nun auch die Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und die deutsche Gesellschaft für Allergologie und Klinische Immunologie (DGAKI) vor der diskutierten Wirksamkeit von inhalativen Glukokortikoide. Eine Studie, die diese Wirksamkeit belege, sei so mangelhaft mit wenigen Versuchspersonen durchgeführt, dass man derzeit keine Asthmaspray-Inhaltsstoffe bei Covid-19-Erkrankungen empfehlen könne, erklärten österreichische und deutsche Lungenmediziner bei einer Online-Pressekonferenz. Sie traten damit gegen Medienberichte zur Studie auf. Obwohl Asthmapatienten wie berichtet, zunächst zu den Covid-19 Risikogruppen gezählt wurden, weil sie bei anderen Virusinfektionen oft stark betroffen sind, zeigte sich in Untersuchungen, dass sie kein erhöhtes Krankheitsrisiko haben und vielleicht sogar besser vor dem Virus geschützt sind, als andere Menschen, sagte Marek Lommatzsch vom Zentrum für Innere Medizin der Universitätsmedizin Rostock bei der von der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) organisierten Pressekonferenz. Die Autoren der in der Fachzeitschrift „Lancet Respiratory Medicine“ veröffentlichten „STOIC“ (Steroids in Covid-19) Studie wollten testen, ob dies an den Inhaltsstoffen der Asthmasprays liegt, die jene Patienten regelmäßig nehmen. Sie kamen zu dem Schluss, dass diese entzündungshemmenden Wirkstoffe wohl gegen Covid-19 helfen, wenn man sie gleich nach dem Auftreten der ersten Symptome eine Woche lang inhaliert.

„Das Studiendesign hat aber große Probleme“, erklärte Marco Idzko von der Universitätsklinik für Innere Medizin II der Medizinischen Universität Wien. Die Forscher schlossen zum Beispiel den Placeboeffekt nicht aus, dass Patienten sich besser fühlen, obwohl sie bloß ein Scheinmedikament erhalten. Die Ärzte überreichten ihnen den Asthmaspray mit der Erklärung, dass man davon ausgehen könne, dass er ihnen hilft. Die anderen bekamen nichts und mussten darauf hoffen, dass es ihnen nicht sehr schlecht geht. Solch ein Vorgehen würde die Ergebnisse „wahnsinnig verzerren“, so der Mediziner. Als wichtigste Verbesserung wurde in der Publikation beschrieben, dass die Patienten mit dem Asthmaspray weniger oft die Rettung riefen, in die Notaufnahme kamen oder den Hausarzt besuchten. Dies wäre eine subjektiv getroffene Entscheidung, die sich sehr nach dem persönlichen Befinden richtet. „Der Großteil der Krankenhaus- und Arztbesuche hing auch gar nicht mit Covid-19 zusammen“, sagte Idzko. Ein Proband hätte zum Beispiel mit einer Rippenprellung medizinische Versorgung in Anspruch genommen, ein anderer wegen Diabetes-Problemen, und ein weiterer wegen akutem Nierenversagen. Bei allen medizinisch nachweisbaren, aussagekräftigen Dingen wie der Viruslast im Körper und der Sauerstoffsättigung im Blut, die bei Atemnot durch eine Covid-19 Erkrankung sinkt, hätte es keine Unterschiede zwischen den Patienten mit und ohne Asthmaspray gegeben, erklärte er. Zudem war die Zahl der Versuchspersonen mit 73 Patienten in der behandelten Gruppe und ebenso vielen in der Kontrollgruppe sehr niedrig.

„Es gibt also keinen einzigen klaren Hinweis, dass die Behandlung etwas gebracht hat, und dass sie mittlere oder schwere Verläufe reduziert“, so Idzko: „Zum aktuellen Zeitpunkt wäre es demnach alles andere als seriös, eine Therapieempfehlung dafür abzugeben.“ Es bräuchte größere verblindete Studien, die den Placeboeffekt ausschließen, um zu sehen, ob unterschiedliche Dosierungen dieser Wirkstoffe einen positiven Effekt zur Behandlung von Covid-19 haben könnten. Die Chancen scheinen aber nicht sehr hoch, denn die Zwischenergebnisse einer Folgestudie zeigen keinen Effekt. Idzko appellierte daher an Ärzte, bei Covid-19 keine inhalativen Glukokortikoide zu verschreiben. Erstens könnte die hohe Dosierung, die in der Studie verwendet wurde, Nebenwirkungen mit sich bringen. Zweitens käme es zu einer Verknappung der Medikamente für die Asthmapatienten. Offenbar haben nach den Medienberichten Menschen Asthmasprays gehamstert, sodass Asthmapatienten diese wichtigen Medikamente teils nicht mehr in den Apotheken bekamen. „In Österreich war dies unmittelbar zu beobachten“, sagte Idzko. Nachdem in den Medien breit über die Studie berichtet wurde, hätten niedergelassene Ärzte berichtet, dass ihre Asthmapatienten keine Sprays mehr in den Apotheken bekamen. „Rückfrage bei Firmen ergab, dass es tatsächlich vermehrte Offlabelverschreibungen gab, und das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) in Österreich hat daraufhin sogar ein Exportverbot für inhalative Glukokortikoide ausgesprochen“, erklärte der Mediziner. (red/APA)

Stellungnahme ansehen