Blutverdünner haben positive Nebeneffekte bei Covid-19

Gerinnungsprobleme und daraus resultierende Komplikationen kommen bei Covid-19-Patienten gehäuft vor. Forschende der Medizinischen Universität Wien haben nun neue Therapieerkenntnisse gemacht.

Covid-19 ist eine facettenreiche Infektionskrankheit. Während zu Beginn der internationalen Pandemie davon ausgegangen wurde, dass Covid-19 primär eine Erkrankung der Lunge ist, ist mittlerweile bekannt, dass gleich mehrere Funktionssysteme des menschlichen Körpers nach einer Infektion mit dem Erreger SARS-CoV-2 betroffen sind. Eines dieser Funktionssysteme stellt die Blutgerinnung dar. Patienten mit Covid-19 haben ein erhöhtes Risiko für Thrombosen und Embolien, wie Schlaganfälle, Lungen- oder Herzinfarkte, aber auch tiefe Beinvenenthrombosen.

Forschende der Medizinischen Universität Wien konnten nun zeigen, dass ein Vertreter der Medikamentengruppe der Blutgerinnungshemmer nicht nur das Überleben von Covid-19-Patienten positiv beeinflusst, sondern auch einen Einfluss auf die Dauer der aktiven Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 hat. Die Ergebnisse wurden aktuell im Journal „Cardiovascular Research“ veröffentlicht, berichtet David Pereyra von der Universitätsklinik für Allgemeinchirurgie der MedUni Wien, Erstautor der Publikation. „Die bei Covid-19-PatientInnen beobachtete Coagulopathie ist neuartig und unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von bisher bekannten Gerinnungsproblemen“, sagt Alice Assinger, Gruppenleiterin am Institut für Gefäßbiologie und Thromboseforschung der Medizinischen Universität Wien und Letztautorin der Publikation: „Die Covid-19-assoziierte Coagulopathie zeigt Eigenschaften, die zwar teilweise mit anderen Gerinnungserkrankungen vergleichbar sind, jedoch durch diese nicht umfassend erklärt werden können.“ Daher begann die Gruppe um Alice Assinger bereits im Frühjahr 2020, in einer frühen Phase der Pandemie, dieser Teilerkrankung von COVID-19 auf den Grund zu gehen.

In einer multizentrischen Analyse von Patienten mit Covid-19 in Wien, Linz und Innsbruck konnte die Gruppe beobachten, dass die Covid-19-assoziierte Coagulopathie nahezu ausschließlich bei Patienten auftritt, welche intensivmedizinisch behandelt werden müssen, oder bei Patienten, welche an den Folgen von Covid-19 versterben. Zwar verbessern blutgerinnungshemmende Medikamente das Überleben, aber sie zeigen keinen Effekt auf immunologische Prozesse, welche mit der Blutgerinnung zusammenhängen (Immunothrombose). Die Analysen zeigten jedoch, dass bei Patienten, die mit niedermolekularem Heparin behandelt werden, die Zeitspanne der aktiven SARS-CoV-2-Infektion verkürzt. „Bei Patienten, die dieses Medikament verabreicht bekommen, ist die Infektionszeit im Schnitt um vier Tage kürzer als bei Patienten, welche nicht mit niedermolekularem Heparin therapiert wurden. Wir waren überrascht zu sehen, dass niedermolekulares Heparin möglicherweise einen direkten Effekt auf das Coronavirus und dessen Infektiösität hat“, sagt David Pereyra. Experimentelle Daten zeigen, dass Heparin die Bindungsfähigkeit von SARS-CoV-2 an Zellen und dadurch deren Infektion verhindern kann. (red)

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