Corona-Impfstoffe: Was die unterschiedlichen Technologien können

Alle in Entwicklung befindlichen Covid-19-Impfstoffkandidaten beruhen auf bereits bekannten Ansätzen, teilten Pharmavertreter am Donnerstag mit. Ein Überblick zeigt, welcher Impfstoff wie funktioniert.

Drei Impfstoffkandidaten sind derzeit im Rolling Review der europäischen Zulassungsbehörde. Erste Zulassungen könnte es noch dieses Jahr geben. Weitere werden vermutlich bald folgen. „Bei der Entwicklung der Impfstoffe hat es ein ganz enormes Maß an Kooperation gegeben – und zwar innerhalb der Industrie, aber auch mit anderen Institutionen und Organisationen“, erklärte Alexander Herzog, Generalsekretär der Pharmig die Schnelligkeit der Entwicklung. Renée Gallo-Daniel, Präsidentin des Verbandes der Impfstoffhersteller (ÖVIH) ergänzte: „Außerdem wurden ja bereits mit SARS und MERS erste Erfahrungen gesammelt, man konnte also bereits auf Basisforschung zurückgreifen.“ Zudem kämen sogenannte Plattformtechnologien zur Anwendung. Diese seien schon seit langem im Einsatz und würden normalerweise zur Herstellung von anderen Impfstoffen oder für Immuntherapien gegen Krebs verwendet.

Der Vorteil daran: Alle haben zumindest schon einmal ein klinisches Studienprogramm durchlaufen, was bedeutet, dass auch die Zulassungsbehörden bereits über entsprechende Dossiers dazu verfügen. Außerdem haben diese Plattformtechnologien in den bisherigen Studien bereits gezeigt, dass die damit hergestellten Impfstoffe gut verträglich sind und eine schützende Immunantwort hervorbringen können. Gallo-Daniel betonte: „Die Impfstoffhersteller und ihre Kooperationspartner konnten also zum Teil deswegen so schnell mit der Entwicklung von Impfstoffen gegen COVID-19 beginnen, weil es schon Erfahrungen mit ähnlichen Erregern gab und man sich auf bereits vorhandene Technologien stützen konnte.“

„Bei den Impfstoffkandidaten sind im Wesentlichen drei Kategorien mit mehreren Unterkategorien zu unterscheiden“, erklärte Sigrid Haslinger, Vizepräsidentin des ÖVIH. „Zum einen gibt es die sogenannten Totimpfstoffe, die man etwa von den Influenza- oder FSME-Impfstoffen her kennt. Auf einer anderen Technologie basieren die sogenannten Vektorbasierten Impfstoffe. Diese Technologie ist zum Beispiel schon bei Impfstoffen gegen das Dengue-Fieber oder gegen Ebola zum Einsatz gekommen. Die dritte Kategorie sind die mRNA-Impfstoffe, die ebenfalls bereits vor COVID-19 entwickelt wurden und derzeit auch gegen Tollwut und Influenza in Erprobung sind.“

Gegen Covid-19 sind derzeit inaktivierte Ganzvirus-Impfstoffkandidaten oder rekombinante Protein Subunit-Impfstoffkandidaten in weit fortgeschrittener klinischer Entwicklung. Erstere sind seit Jahrzehnten bewährt. Um sie herzustellen, werden infektiöse Viren in Zellkulturen produziert, gereinigt und mit Hilfe von physikalischen oder chemischen Prozessen abgetötet. Damit sind sie anschließend nicht mehr infektiös. Im Unterschied dazu enthalten rekombinante Protein Subunit-Impfstoffe keine vollständigen abgetöteten Erreger mehr, sondern nur kleine Teile davon. Bei den Covid-19-Impfstoffkandidaten wird die DNA mit dem Bauplan für das Spike-Protein z.B. in Baculoviren-DNA eingebracht. In weiterer Folge transportieren modifizierte Baculoviren die neue DNA-Sequenz in Wirtszellen, die dann große Mengen des Antigens herstellen. Für den finalen Impfstoff werden diese gereinigt und mit einem Adjuvans (Wirkverstärker) verbunden.

Bei den vektorbasierten Impfstoffen nützt man ein anderes abgeschwächtes Virus dazu, einen harmlosen Teil der Erbinformation von SARS-CoV-2 in einige wenige Körperzellen zu transportieren. Es gibt zwei Arten von Vektoren: vermehrungsfähige (replizierende rekombinante Virus-Vektoren) und nicht vermehrungsfähige (nicht replizierende rekombinante Virus-Vektoren). Im ersten Fall werden Masernviren als Transportmittel verwendet, im zweiten Fall Adenoviren. Beiden ist gemeinsam, dass der Körper nach dem Einbringen der Erbinformation von SARS-CoV-2 das Antigen selbst herstellen muss, was in weiterer Folge eine Immunreaktion des Körpers hervorruft.

Vergleichsweise neu ist die mRNA-Technologie. Auch diese Technologie greift in das Erbgut des Menschen nicht ein. Der Zellkern, in dem sich die DNA befindet, bleibt völlig unverändert. Außerdem entstehen durch diese Impfstoffe keine vermehrungsfähigen Viren, sondern nur ungefährliche Bestandteile von SARS-CoV-2. Im Vergleich zu den anderen Impfstoffarten setzt diese Technologie schon eine Stufe früher an, denn die in den Impfstoffen enthaltene mRNA enthält nur den Bauplan für ein Virusprotein von SARS-CoV-2. Sie wird mit Hilfe von Lipid-Nanopartikeln in die Zellen transportiert. Dort wird die mRNA als eine Art Blaupause verwendet, um das Virusprotein für begrenzte Zeit selbst herzustellen. Daraufhin kommt es wie bei allen anderen Impfstoffarten zu einer Immunreaktion des Körpers gegen dieses Virusprotein und dem Aufbau des Immunschutzes. (red)