COVID-19-Szenarien für den Herbst

In einer Pressekonferenz stellten Mitglieder der Future Operations Plattform fünf verschiedene Szenarien vor, wie sich die COVID-19-Pandemie im Herbst 2022 entwickeln könnte. Die Szenarien wurden in einem Expert-Opinion-Paper zusammengefasst und sollen als Unterstützung für politische Entscheidungen dienen.

Die Future Operations Plattform wurde zu Beginn der COVID-19-Pandemie ins Leben gerufen, um als unterstützendes Organ Entscheidungsträgern zur Verfügung zu stehen. Die Initiative zeichnet sich durch einen inter- und multidisziplinären Ansatz aus, da Wissenschafter:innen und Experten und Expertinnen aus verschiedenen Bereichen gemeinsam an lösungsorientierten Fragestellungen arbeiten. Eine wichtige Frage ist derzeit, wie sich die COVID-19-Pandemie in den nächsten Monaten entwickeln wird und welche Herausforderungen im Herbst 2022 auf das Gesundheitswesen zukommen könnten. Während zu Beginn der Pandemie versucht wurde, den Zeitpunkt und das Ausmaß kommender Inzidenzwellen vorherzusagen, ist mittlerweile bekannt, dass die Entstehung der Varianten nicht linear verläuft und somit auch keine linearen Vorhersagen getroffen werden können, erklärte Univ.-Prof. Dr. Arne Bathke, Professor für Statistik an der Universität Salzburg. Vielmehr muss der Fokus darauf liegen, welche Handlungen nötig sind, um sich auf etwaige zukünftige Varianten vorzubereiten. Hierbei befindet man sich im internationalen Diskurs, und Ideen wie Abwassermonitoring, Zufallsstichproben und ein weiterer Ausbau an Kapazitäten werden diskutiert.

Pandemieszenarien für Herbst 2022

  • Pandemie ist vorbei: mit dem neuerlichen Aufkommen zahlreicher Omikron-Subvarianten ist es möglich, dass zukünftig nur noch Varianten innerhalb der Omikron-Gruppe zu erwarten sind. Durch Impfstoffanpassungen könnte der Impfschutz so weit verbessert werden, dass ein hoher Schutz vor Ansteckungen, niedrige Inzidenzwellen und geringe Hospitalisierungen erreicht werden.
  • Endemie erreicht: es treten ausschließlich verschiedene Varianten auf, die mit Omikron vergleichbar sind. Es kommt wiederholt zu höheren, wenn auch milden Inzidenzwellen, die Impfung bietet einen Schutz vor schweren Verläufen. Bereits in diesem Szenario wären vulnerable Gruppen stärker gefährdet. Gesellschaftliche Einschränkungen wären gering.
  • Übergang zur Endemie: hier würden Varianten auftreten, die mit Omikron oder Delta vergleichbar wären. Das Resultat wären regelmäßige Inzidenzwellen, die zu Belastungen der Krankenhäuser führen, gleichzeitig würde die Herdenimmunität weiter ansteigen lassen würden. Vulnerable Gruppen wären einem hohen Risiko ausgesetzt.
  • Pandemie hält an: In diesem Szenario würden Varianten auftreten, welche die pathogenen und virulenten Eigenschaften von Delta und Omikron kombinieren und zu einer Auslastung der Intensivstationen führen. Durch einen hohen Einsatz von COVID-19-Medimanenten wie Nirmatrelvir oder Molnupiravir käme es hier zu Therapieresistenzen. Es würde zu hohen gesellschaftlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie kommen.
  • Pandemie eskaliert: Es treten Varianten jenseits der bisherigen Beobachtungen auf, welche aufgrund eines vollständig versagenden Impfschutzes eine neue Impfung notwendig machen würden. Zusätzlich zu Therapieresistenzen, einem hohen Risiko für vulnerable Gruppen und kritischen gesellschaftlichen Anpassungen käme es zu Triagen bei Hospitalisierungen. Die Strategie zur Bewältigung würde auf Zero-COVID oder Nahezu-Zero-COVID-Maßnahmen zurückgreifen müssen.

Zwei Faktoren bestimmen das Pandemiegeschehen

Derzeit entwickelt sich das Pandemiegeschehen positiv, betonte Univ.-Prof. Dr. Dorothee von Laer, Professorin für Virologie an der Medizinischen Universität Innsbruck. Aufgrund der Impfung und Durchseuchung ist bereits ein hoher Grad an Immunität in der Bevölkerung erreicht. Entscheidend ist allerdings, wie die Virusvarianten im Herbst aussehen werden. Im Vergleich zu den ersten Varianten sind die aktuellen Varianten zwei- bis dreimal so ansteckend und die Inkubationszeit ist deutlich kürzer geworden. Bei Omikron lässt sich beobachten, dass die Immunität, die als Folge von Genesung oder Impfung gewonnen wurde, nicht mehr vor Ansteckung, wohl aber vor einem schweren Verlauf schützt. Neben der Virusvariante selbst sind auch die Impfstoffe und deren Wirksamkeit ein wesentlicher Faktor in der Frage, wie der Herbst 2022 aussehen könnte.

COVID-19 Future Operations Plattform

  • Die Future Operations Plattform ist eine informelle Plattform für den interdisziplinären Austausch von Experten und Expertinnen der Wissenschaft sowie der öffentlichen Hand
  • Beteiligt sind Universitäten, Forschungseinrichtungen und Institute aus den Bereichen Volkswirtschaft, Simulation/Data Science, Gesundheitswesen, Psychologie und Logistik.
  • Ziel ist es, Herausforderungen der Pandemie zu beleuchten und einen offenen Austausch von Forschungsergebnissen und Informationen sowie einen qualitativen Diskurs zwischen den Beteiligten zu ermöglichen.
  • Die Erkenntnisse sollen einen Beitrag zur besseren Entscheidungsfindung im Umgang mit der Pandemie leisten.

Link zum Paper

https://futureoperations.at/fileadmin/user_upload/k_future_operations/FUOP_Szenarien_Herbst-Winter_2022_Version_1.0.pdf (Letzter Zugriff: 30. 5. 2022)