Einfach und billig: Wiener Forscher entwickelten Alternative zum PCR-Test

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Den einfachen und raschen Nachweis des Erbguts des SARS-CoV-2-Virus ohne großem Geräteaufwand erlaubt die von Wiener Forschern entwickelte „RT-LAMP“-Methode. In Zusammenarbeit mit der AGES wurde das Verfahren nun auf seine Genauigkeit überprüft und hat sich als erfolgreich erwiesen.

Seit dem Frühling haben am Vienna BioCenter Forschende ihre Expertisen gebündelt und setzten sich zum Ziel, Technologien zum Nukleinsäurenachweis zu verbessern und Testprotokolle für das Coronavirus zu entwickeln. Das Ergebnis liegt nun vor: die Technologie mit dem Namen „RT-LAMP“  – „Loop-mediated isothermal AMPlification“ – stellt offenbar eine schnelle, einfache und günstige Alternative zum bisherigen „Gold-Standard“ PCR-Test dar. Entwickelt wurde das Protokoll von einem institutionsübergreifenden Team des Instituts für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und des Forschungsinstituts für Molekulare Pathologie (IMP). Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) empfiehlt den Einsatz für Krankenanstalten sowie Diagnostiklabors, welche bislang keine PCR-Diagnostik etabliert haben.

Die Methode, die unter Federführung von Julius Brennecke (IMBA) und Andrea Pauli (IMP) entwickelt wurde, ist eine seit Jahren bewährte Technik zum Nachweis von Viren und anderen Pathogenen, die aber bislang im Vergleich zum klassischen PCR-Test in Sensitivität und Robustheit weniger verlässlich war. „Unser eigentlicher Coup besteht in der Verfeinerung der Methode und unserem optimierten Protokoll, das den Test sensitiver, robuster und extrem einfach in der Handhabung macht,“ sagt Pauli. Beim klassischen PCR-Test wird das virale Erbmaterial erst in DNA kopiert und diese dann viele Male verdoppelt. Für diesen Prozess, und um die Vervielfältigung der DNA sichtbar zu machen, ist ein relativ teures Gerät nötig. Bei der RT-LAMP Methode reicht dagegen ein Inkubator oder ein einfaches Wasserbad mit einer konstanten Temperatur von 63 Grad Celsius. Ein positives Ergebnis ist dann schon nach 30 bis 45 Minuten über einen Farbumschlag in der Probe auch für Laien erkennbar. Die zuvor inaktivierte Probe – das kann neben einem Abstrich auch eine Gurgellösung sein – kommt in Kontakt mit einer speziellen Reagenz. Eine aufwendige Vorbehandlung ist nicht notwendig.

„Dieses simple und schnelle Verfahren würde es zum Beispiel erlauben, überall im Land kleine Teststationen einzurichten. Gerade für Bereiche mit benachteiligter Infrastruktur, aber auch für Entwicklungsländer ist dies eine Möglichkeit, rasch und billig Testkapazitäten zu schaffen,“ erklärt Brennecke. Ein weiterer Vorteil der Methode ist, dass alle benötigten Reagenzien einfach bezogen werden können und keinem Patent unterliegen. Interessierte finden auf www.rtlamp.org konkrete Informationen, wie sie RT-LAMP Tests durchführen können. Neben detaillierten Protokollen, Material- und Ausrüstungslisten sind dies auch Videos mit Anleitungen. „Mit der Überarbeitung des LAMP-Verfahrens durch die Expertinnen und Experten am Vienna BioCenter steht auch kleinen Laboren eine absolut praxistaugliche, günstige und zielsichere Analytik bei der Detektion von SARS-CoV-2-Infektionen zur Verfügung“, betont Franz Allerberger, Leiter der Öffentlichen Gesundheit der AGES. Das Untersuchungsprotokoll sei bereits in der Routine der AGES-Analytik etabliert. Gemeinsam mit dem Team am Vienna BioCenter wurden bereits Vergleichsuntersuchungen von RT-LAMP mit der PCR-Standardanalytik durchgeführt. Erste Pilotprojekte in ausgewählten Regionen und Spitälern sind bereits angelaufen. Am Institut für medizinische Mikrobiologie und Hygiene der AGES und am Vienna BioCenter in Wien werden kostenfrei Einschulungen für Labormitarbeiterinnen und Labormitarbeiter angeboten. Das LAMP-Verfahren habe als Testverfahren die wissenschaftliche Erprobung erfolgreich abgeschlossen, somit leiste die „Analytik ‚Made in Austria‘ einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie“, sagte Allerberger. Die Wissenschafter können mittlerweile die notwendigen Enzyme selbst herstellen und stellen den gesamten Ansatz offen zur Verfügung („Open Access“). So liege der Preis pro Testreaktion bei rund 20 Cent, erklärte Pauli. „Wir hatten von vornherein vor, alles öffentlich zugänglich zu machen. So, dass die Methode etwa auch in der Dritten Welt nachgekocht werden kann“, sagt Brennecke. (red)