Forscher warnen in Aufruf im BMJ vor Verharmlosung von Omikron

(c) Pixabay/Wilfried Pohnke

Europa müsse rasch und schnell gemeinsam handeln, um wirksam gegen Omikron vorzugehen. Das halten Wissenschafter aus ganz Europa in einer gemeinsamen Stellungnahme im British Medical Journal (BMJ) fest.

Im Angesicht der Omikronwelle mahnen mehr als 30 Wissenschafterinnen und Wissenschafter – darunter auch Experten aus Österreich – im Fachmagazin „British Medical Journal“ (BMJ) ein europaweites Vorgehen zur Eindämmung der Verbreitung der neuen Variante ein. Zuletzt sei vielfach der Eindruck entstanden, dass es sich hier um eine „milde“ Variante handle, deren Eindämmung keinen Sinn mehr macht. Der an dem Aufruf beteiligte IHS-Forscher Thomas Czypionka warnt in dem Zusammenhang vor einem „unangebrachten und sogar gefährlichen“ Fatalismus. Die Forscher fordern Maßnahmen zur Verringerung der Zahl der Infektionen, zum Schutz der Kinder und zur Erhöhung der Impfrate.

Der am Donnerstag veröffentlichte Beitrag vereint Forscher aus verschiedensten Wissenschaftsbereichen. Aus Österreich ist neben dem am Institut für Höhere Studien (IHS) in Wien tätigen Czypionka auch die Politikwissenschafterin Barbara Prainsack von der Universität Wien beteiligt. Beide Forscher hatten sich im Verlauf der Pandemie mehrfach dahingehen engagiert, dass Covid-19-Fallzahlen möglichst niedrig gehalten und es grenzüberschreitende Koordination brauche.

Es gelte entschlossen und europäisch abgestimmt dem fortschreitenden massiven Fallzahlenanstieg in Europa gemeinschaftlich entgegenzutreten. „Es ist an der Zeit, die europäische und auch die globale Dimension dieser Pandemie endlich auch in der Politikgestaltung ernst zu nehmen. Das Problem kann nicht auf nationaler Ebene gelöst werden“, sagt Prainsack in einer Aussendung des IHS. „Nach zwei Jahren Pandemie sollten die Gefahren von verzögerten, ineffektiven und unkoordinierten Eindämmungsmaßnahmen bekannt sein“, heißt es in dem Aufruf. Zuletzt habe sich hingegen aber vielfach eine Haltung dahin gehend etabliert, dass Versuche, der Verbreitung der deutlich ansteckenderen SARS-CoV-2-Variante möglichst Einhalt zu gebieten, kaum sinnvoll seien, weil sich so und so nahezu jeder mit Omikron infizieren werde. „Dieser Fatalismus ist nach unseren Erkenntnissen unangebracht und sogar gefährlich“, so Czypionka: „Bewährte evidenzbasierte Maßnahmen sind immer noch wirksam, um Infektionen zu reduzieren und damit kritische Infrastruktur und Gesundheitsversorgung nicht zu überlasten.“

Möglichst niedrige Fallzahlen würden nicht zuletzt auch die kritischen Infrastrukturen schützen, die durch besonders viele gleichzeitig in Quarantäne befindliche Personen unter Druck zu geraten drohen. Außerdem weisen die Wissenschafter darauf hin, dass Krankenhauskapazitäten für Kinder begrenzt sind. Die Auslastungsgrenzen könnten bei einer unkontrolliert durch Europa schwappenden Infektionswelle rasch erreicht werden. „Daher ist es wichtig, Infektionen zu reduzieren und die pädiatrischen Kapazitäten besser zu überwachen“, so Emil Iftekhar vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen (Deutschland). Schulen und Kindergärten sollten mit möglichst dichten Sicherheitsnetzen möglichst offen gehalten werden. Erneute Schließungen sollten als letztes Mittel angesehen werden. (red)

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