Gleicher Impfstoff für Zweitstich? Experten uneinig

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Das Nationale Impfgremium (NIG) rät davon ab, bei der Corona-Immunisierung Impfstoffe zu mischen. Zwei verschiedene Vakzine zu verimpfen wäre eine off-label-Anwendung. Andere Länder gehen hier einen differenzierten Weg.

Mehrere Länder wenden bei der Corona-Immunisierung ein heterologes Impfschema an. Deutschland beispielsweise setzt bei Menschen unter 60 Jahren bei der Zweitimpfung nach AstraZeneca auf die mRNA-Vakzine Biontech/Pfizer und Moderna, nicht zuletzt aufgrund des seltenen Auftretens von Thrombosen. Das österreichische Nationale Impfgremium (NIG) rät in seiner aktualisierten Anwendungsempfehlung davon ab, möglich ist es aber auf Wunsch sehr wohl. „Für einen vollständigen Impfschutz soll eine Impfserie mit dem Impfstoff beendet werden, mit dem sie begonnen wurde. Die Verwendung unterschiedlicher Impfstoffe bei Dosis 1 und 2 ist weder vorgesehen noch empfohlen und wäre eine off-label-Anwendung mit unsicherer Konsequenz, sowohl was Schutz als auch mögliche Nebenwirkungen betrifft“, schreibt das NIG in seiner aktualisierten Empfehlung. Prinzipiell ist ein anderer Impfstoff für den Zweitstich aber möglich. „Wenn ein heterologes Impfschema angewandt wird, wird den verantwortlichen Ärzten empfohlen, die diesbezügliche Aufklärung inkl. dem ausdrücklichen Wunsch der zu impfenden Person explizit zu dokumentieren“, schreibt das NIG.

Eine Studie der Berliner Charité ist „großzügiger“: Erst AstraZeneca und als zweite Dosis Biontech/Pfizer habe für Impflinge laut einer vorläufigen Auswertung wohl keine Nachteile bei Wirksamkeit und Verträglichkeit. Eine Kombination der Präparate in einem Abstand von zehn bis zwölf Wochen ist laut der Studie gut verträglich und rufe vergleichbare Immunantworten wie eine Impfserie mit zweimal Biontech hervor, schrieb der Charité-Wissenschafter Leif Erik Sander auf Twitter.

Die Charité-Zwischenauswertung ist als sogenanntes Preprint veröffentlicht worden – eine Überprüfung durch externe Experten und die Publikation in einer Fachzeitschrift stehen noch aus. Das Team um Sander erhob und verglich Daten von rund 340 Beschäftigten des Gesundheitswesen, die zwischen Ende 2020 und 21. Mai geimpft wurden – davon eine Gruppe zweifach mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer im Abstand von drei Wochen und eine weitere mit AstraZeneca bei der Erst- und Biontech bei der Zweitimpfung. Die Forscher selbst schränken ein, dass es sich nicht um eine randomisierte kontrollierte Studie handle, also mit zufälliger Zuordnung der Probanden zu den Gruppen. Unklar sei, inwieweit beobachtete Unterschiede auch mit dem längeren Impfintervall der Gruppe mit den verschiedenen Impfstoffen zusammenhängen könnten. Die Ergebnisse scheinen auch im Widerspruch zu einer kürzlich veröffentlichten „Lancet“-Studie zu stehen, derzufolge Impflinge bei zwei unterschiedlichen Impfstoffen eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für milde und moderate Nebenwirkungen nach der zweiten Dosis haben. (red/APA)