Technologie identifiziert schwere Covid-19-Verläufe

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Österreichische und deutsche Forscher wollen mit Blutproben und künstlicher Intelligenz (KI) schwere und möglicherweise tödliche Verläufe frühzeitig identifizieren können.

Könnte man anhand einer Blutprobe prognostizieren, ob ein Covid-19-Patient einen schweren Verlauf nehmen wird oder die Krankheit sogar zum Tod führen kann, würde das Ärzten bei der Therapie helfen. Ein Forschungsteam aus Deutschland und Österreich stellt im Fachblatt „PLOS Digital Health“ nun eine KI-unterstützte Methode vor, die das kann.

Bereits im vergangenen Jahr hat der an der Berliner Charité und am Francis Crick Institute (Großbritannien) tätige Biochemiker Markus Ralser mit Kollegen ein Verfahren vorgestellt, das es erlaubt, mittels rascher und kostengünstiger Massenspektrometrie die charakteristische Proteinstruktur in Blutproben zu ermitteln. Je nachdem, wie der Körper auf einen Krankheitserreger reagiert, ändert dies auch den bunten Strauß an Stoffwechselprodukten. In der im Vorjahr in den Fachjournalen „Nature Biotechnology“ und „Cell Systems“ veröffentlichten Arbeit zeigte das Team, dass sich die neue Technologie auch dazu eignet, Eiweiße zu identifizieren, die den Schweregrad einer Covid-19-Infektion anzeigen. Da die Methode sehr komplexe Daten erzeugt, braucht es bei der Analyse die Unterstützung von Computeralgorithmen, die auf maschinellem Lernen basieren. Insgesamt konnten unter Einsatz der Künstlichen Intelligenz (KI) 54 Proteine entdeckt werden, die als Anzeiger für die Schwere der Erkrankung dienen.

In der neuen Untersuchung, die mit Unterstützung zahlreicher Forscher aus Innsbruck, darunter auch der Leiter der internistischen Intensivstation der Uni-Klinik Innsbruck, Michael Joannidis, beteiligt waren, ging man an die Prognose auf Basis der Proteom-Daten. So analysierten die Wissenschafter 349 zu verschiedenen Zeitpunkten entnommene Proben von 50 Patienten mit sehr schweren Covid-19-Verläufen, die an der Charité und der Innsbrucker Uni-Klinik behandelt wurden. Wieder suchte man mit der neuen Methode und dem KI-Ansatz unter 321 quasi verdächtigen Proteinen nach jenen, die darauf hinweisen, dass ein Patient eher überlebt. Es stellte sich heraus, dass auch in dieser Gruppe mit den denkbar schwersten Verläufen, 14 bestimmte Eiweiße stark darauf hinweisen, ob jemand im Fortgang der Erkrankung zu jenen Patienten gehörte, die nicht überlebten. In der Folge entwickelte das Team wieder unter Einsatz von maschinellem Lernen ein System, das aus nur einer Blutprobe auf den Krankheitsausgang schließt. In einer weiteren Gruppe sehr schwer Erkrankter stimmten die Prognosen dann weitestgehend mit dem tatsächlichen Ausgang überein: 18 von 19 Patienten, die überlebten, wurden korrekt identifiziert, fünf Verstorbene ebenso.

Solche „molekularen Signaturen“ erlauben also eine Einschätzung des Verlaufs selbst in einer Situation, in der Intensivmediziner nicht mehr vorhersagen können, wie sich das Krankheitsbild weiterentwickelt, erklärte Ralser. Diese Einschätzung sei natürlich nicht hundertprozentig klar, „aber es geht viel besser, als man es bisher konnte“. Eine mögliche Anwendung für die Methode sei es, etwa in kleineren klinischen Studien schnell und verlässlich herauszufinden, ob ein Medikament den gewünschten Effekt bringt. Aktuell liege der Fokus zwar klar auf Covid-19. Der Ansatz mit molekularen Markern könne aber auch auf andere Infektionserkrankungen übertragen werden. „Das ist eine moderne Art der Medizin, die wir da entwickeln“, zeigte sich Ralser überzeugt. (APA)

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