Österreichweite Trends abschätzen: wir brauchen zusätzliche Daten

Die neuen Virus-Varianten dürften bereits in relevantem Ausmaß in Österreich zirkulieren, aktuelle Zahlen deuten jedoch auf eine ungleichmäßige Verteilung. Wie Gesundheitsminister Rudolf Anschober nach einem Arbeitstreffen mit Chief Medical Officer Katharina Reich, dem Simulationsforscher Niki Popper und Andreas Bergthaler (CEMM) mitteilte, braucht es für eine österreichweite Trend-Einschätzung zusätzliche Daten und Parameter.

Weitere Ergebnisse der Ganzgenomsequenzierung liegen vor: Laut Information des Gesundheitsministeriums wurden in Österreich mittlerweile insgesamt 149 Fälle der britische Variante und 3 Fälle der südafrikanischen Virus-Variante bestätigt.

Die Beprobungen von österreichischen Kläranlagen deuten darauf hin, dass die Varianten nicht gleichmäßig im Land verteilt sind. Im Wiener Abwasser wurde beispielsweise am 11. Jänner 2021 die britische Virus-Variante mit einem Anteil von 17% gemessen und in Bad Vöslau am 12. Jänner mit einem Anteil von 71%. Gleichzeitig konnten in anderen beprobten Kläranlagen, wie etwa in Bregenz, Klagenfurt und Salzburg Stadt keine Anzeichen für die Varianten detektiert werden. Diese im Zuge des Kläranlagen-Screenings ermittelten Zahlen erlauben keinen direkten Rückschluss auf die Inzidenzen im jeweiligen Einzugsgebiet der Kläranlage, liefern jedoch die Basis für regionale Vergleiche und ermöglichen die Untersuchung von Veränderungen und Trendentwicklungen über die Zeit.

Neben Kläranlagen wurden auch andere Proben sequenziert. Aus 256 virus-positiven Proben von Wiener Teststraßen und dem AKH (13.–15.Jänner 2021) konnte in 40 Fällen (15,6%) die britische Variante und in einem Fall die südafrikanische Variante per Ganzgenomsequenzierung bestätigt werden.

In 78 Proben vom österreichweiten DINÖ System (Diagnostisches Influenzanetzwerk Österreich) vom 11. und vom 15. Jänner wurde in 5 Fällen (das bedeutet in 6,4%) die britische Variante per Ganzgenomsequenzierung identifiziert. Weitere Ganzgenomsequenzierungen aus dem Burgenland ergaben in 8% die britische Variante (7 von 87). In den 70 sequenzierten Proben aus Salzburg, Vorarlberg und Kärnten wiederum konnte in keinem Fall eine Virus-Variante detektiert werden.

„Die riskanten Virus-Varianten sind in Österreich angekommen und nachweisbar“, resümiert Gesundheitsminister Rudi Anschober. Bisher sei das nachgewiesene Vorkommen allerdings extrem regional unterschiedlich. „Gleichzeitig liegen uns noch zu wenige Zeitreihen für die Bewertung der Ausbreitungsdynamik vor.“ Entscheidend seien nun Trendentwicklungen, um ein klares Bild von der Dynamik der Ausbreitung in ganz Österreich zu erhalten. Für diese brauche es jedoch weitere Daten und Parameter. „In den kommenden Tagen soll daher mit den ExpertInnen der GÖG und AGES unter Berücksichtigung zusätzlicher Daten und Parameter ein vollständigeres Bild gezeichnet werden“, sagt Anschober. Diese solle eine besser informierte Lagedarstellung als Basis für die weitere Entscheidungsfindung ermöglichen. (Red/shi)