TV zum Nachlesen: Experten kritisieren unklare Krisenkommunikation

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Es fehle eine langfristige Kommunikation und ein Weg, wie man die Bevölkerung ins Boot der Corona-Maßnahmen holen kann, kritisierten am Sonntagabend Experten in der ORF-Sendung „Im Zentrum“. Und sie betonten, dass es Mut brauche, schlechte Nachrichten auszusprechen.

„Wir müssen uns für eine Herbstwelle wappnen“, sagte Dorothee von Laer, Virologin an der Medizinischen Universität Innsbruck in der ORF-Sendung „Im Zentrum“. Die Britische Virus-Variante sei nicht nur ansteckender, sondern auch aggressiver. „Sie macht schwerere Verläufe – auch bei jüngeren Menschen.“ Es gebe zudem bereits eine weitere Mutation der britischen Variante, „wo die Impfung weniger schützt.“ Die Virologin kritisierte die jetzt für Ostösterreich geplanten Maßnahmen als zu spät und rechnet damit, dass auch andere Bundesländer nachziehen müssen. Arschang Valipour, Intensivmediziner und Leiter Innere Medizin und Pneumologie der Klinik Wien-Floridsdorf, sieht derzeit deutlich mehr und immer jüngere Intensivpatienten als im Herbst, obwohl die Inzidenz niedriger ist als damals.

Kritisiert wurde zudem die unklare Kommunikation der Bundesregierung, die kurzfristig denke und das Aussprechen von unangenehmen Wahrheiten scheue. „In der Risikokommunikation ist es wichtig, dass man mit einer Stimme spricht. Davon sind wir meilenweit entfernt. Man muss den Menschen auch längerfristig eine Perspektive geben“, sagte Barbara Juen, Klinische und Gesundheitspsychologin, Universität Innsbruck und Leiterin Psychosoziale Dienste im Österreichischen Roten Kreuz. „Den Leuten sind schlechte Nachrichten zumutbar. Man muss sie ihnen nur sagen. Sie laufend zu vertrösten, hilft nicht“, betont sie. Man dürfe aber nicht nur mit Bedrohungen argumentieren, „dann schalten die Leute ab“, sondern brauche auch positive Botschaften und „nicht nur leere Botschaften“. Auch von Laer vermisst eine langfristige Planung, neben den kurzfristigen Aktionen.

Ähnlich argumentierten der Politologe Peter Filzmaier und der Simulationsforscher Niki Popper: „Wir müssen sagen, jetzt müssen wir bremsen, danach kann es gut werden.“ Wenn die Menschen nicht wissen, was die Politik wolle, reagieren die Zahlen nicht, erklärte Popper: „Wenn wir nicht klar kommunizieren, funktioniert es nicht. Gastwirte sagen mir etwa, sagt uns lieber, wir müssen noch vier Wochen warten, als laufend im Unklaren zu bleiben.“ Filzmaier ortet zudem eine „nicht konstante Kommunikation der Regierung.“ Man habe etwa zwei Mal die Corona-App als Lösung vorgestellt –aber nicht beworben. Im Lockdown im Herbst wurde wiederum eine 7-Tage-Inzidenz von 50 als Ziel vorgegeben, dann wurde es angehoben und bei 150 über Öffnungen gesprochen. Bei 200 bis 250 begannen dann Diskussionen über Verschärfungen. Filzmaier: „Das man da als Bürger an eine geschlossene Strategie glauben kann, ist schwierig.“ Seine Kritik: „Es werden entlang der Zeitachse immer wieder Hoffnungen und Erwartungen geweckt, die immer wieder aufgehoben werden.“ (rüm)