Brückenschlag zwischen Grundlagen- und klinischer Forschung

  • Das zunehmend bessere Verständnis der Pathogenese chronisch entzündlicher Hauterkrankungen erlaubte die Entwicklung zielgerichteter Therapien für Psoriasis, atopische Dermatitis, Vitiligo, Alopecia areata u. v. m.
  • Der Inflammatory Skin Disease Summit bringt Grundlagenforscher:innen und klinische Anwender:innen zusammen, um neue wissenschaftliche Erkenntnisse sowie Therapieansätze für chronisch entzündliche Erkrankungen der Haut zu diskutieren.

Beim „5th Inflammatory Skin Disease Summit“, der vom 15. bis zum 18. November in Wien stattfand, wurden neue wissenschaftliche Erkenntnisse sowie Therapieansätze für chronisch entzündliche Erkrankungen der Haut diskutiert. Der internationale Kongress steht unter der Schirmherrschaft der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und findet abwechselnd in Wien und New York statt. Organisiert wird der Kongress von ÖAW-Mitglied James G. Krueger von der Rockefeller University in New York, Emma Guttman-Yassky und Patrick Brunner von der Icahn School of Medicine in New York sowie ÖAW-Mitglied Georg Stingl von der Medizinischen Universität Wien.

Grundlagenforschung trifft klinische Anwendung

Die Idee zu diesem Meeting entstand vor über 10 Jahren in einem Gespräch zwischen Krueger und Stingl über die Entwicklung ihres Faches. Beide waren sich einig, dass die Dermatologie eine echte Revolution erlebte. „Intensive Grundlagenforschung verbesserte das Verständnis der Pathogenese von chronisch entzündlichen Hauterkrankungen stetig, krankmachende Strukturen und Ereignisse konnten immer präziser benannt werden“, so Stingl. „Das führte zur Entwicklung hochspezifischer Medikamente, zunächst in der Indikation Psoriasis, später auch bei atopischer Dermatitis und zahlreichen weiteren Hauterkrankungen.“ Um die neuen zielgerichteten Therapieansätze in der Praxis einzuführen und weiter zu verbessern, ist der Austausch zwischen Grundlagenforscher:innen und klinischen Anwender:innen entscheidend. Diese Kommunikation sollte durch ein neues translationales Meeting gefördert werden. Dazu Krueger: „Es gab klinische Meetings, und es gab Basic Science Meetings, aber es gab kein Meeting, das diese beiden Aspekte vereinte. Mit dem ISDS wollten wir eine Brücke schlagen zwischen der Erforschung der Ursachen und Entstehung von Hautkrankheiten sowie deren innovativen Behandlungsmöglichkeiten.“ Und so wurde 2014 der erste Inflammatory Skin Disease Summit in Wien abgehalten.

Kruger: „Mit dem Inflammatory Skin Disease Summit wollten wir eine Brücke schlagen zwischen der Erforschung der Ursachen und Entstehung von Hautkrankheiten sowie deren innovativen Behandlungsmöglichkeiten.“

Von Psoriasis bis Pemphigus

Der Schwerpunkt des Kongresses liegt auf entzündlichen, immunologischen und allergischen Erkrankungen der Haut. Psoriasis und atopische Dermatitis, beide gut untersucht und mit effektiven zielgerichteten Therapiemöglichkeiten ausgestattet, werden ebenso behandelt wie weniger gut erforschte Krankheitsbilder. So stand heuer beispielsweise die Hidradenitis suppurativa (HS) im Fokus des Interesses. „Von HS Betroffene gehören zu einer drastisch unterversorgten Patientengruppe“, betonte Krueger in seinem Vortrag über die komplizierte und schwere chronisch entzündliche Hautkrankheit. Er berichtete über die Anti-IL-17-Blockade als erfolgreichen therapeutischen Ansatz bei HS, aber auch über die Schwierigkeiten der klinischen Evaluierung des Therapieerfolges. Er ortete eine Wissenslücke zwischen der Ätiopathogenese der Erkrankung und den in Zulassungsprozessen geforderten klinischen Endpunkten.

Stingl: „Intensive Grundlagenforschung verbesserte das Verständnis der Pathogenese von chronisch entzündlichen Hauterkrankungen stetig, das führte zur Entwicklung hochspezifischer Medikamente.“

Auch im Feld der „rheumatic dermatology“ – hier finden sich Krankheiten wie Lupus, Dermatomyositis oder Sklerodermie – gibt es vielversprechende Entwicklungen in Richtung zielgerichtete Therapie. Speziell was die Fibrosierung betrifft, die man bislang mit hohen Kortisondosen maximal verzögern, aber nicht aufhalten konnte, gibt es Hoffnung. So berichtete Richard Flavell (New Haven, USA) in seinem Vortrag „Immune system-driven skin fibrosis“ von IL-11, IL-13 und TGF-beta als Schlüsselmolekülen und damit potenziellen therapeutischen Targets im Prozess der Fibrosierung. Die Erkenntnisse stammen vorwiegend aus Zell- und Mausmodellen, es gibt aber auch schon erste Humandaten.

Über die Anwendung von Zelltherapien bei Autoimmunität sprach Aimee Payne (Philadelphia, USA), so z. B. bei Pemphigus vulgaris. Ursache dieser seltenen Erkrankung ist die Bildung von Autoantikörpern gegen Desmoglein-3, ein für die Adhäsion zwischen benachbarten Keratinozyten verantwortliches Strukturprotein. Durch die Bildung dieser Autoantikörper kommt es zum Verlust der intrazellulären Adhäsion, was sich klinisch in intraepidermalen Blasen und ausgedehnten Erosionen auf der Haut und den Schleimhäuten äußert. Payne entwickelte die aus dem Bereich der Immunonkologie bekannte CAR-T-Zell-Therapie für Pemphigus vulgaris so weiter, dass nicht alle B-Zellen erkannt und eliminiert werden, sondern nur jene, die Autoantikörper gegen Desmoglein-3 bilden. Nach positiven Daten im Mausmodell wird dieser Therapieansatz aktuell in einer klinischen Studie geprüft.

Beim bullösen Pemphigoid gibt es mittlerweile deutliche Hinweise auf eine zugrunde liegende Typ-2-Inflammation. Noch fehlen große randomisierte Studien, aber es gibt bereits zahlreiche Berichte zur Wirksamkeit von Antikörpern, die gegen Typ-2-Zytokine gerichtet sind, so z. B. Dupilumab (Anti-IL-4/13) oder Tralokinumab (Anti-IL-13). Da knapp die Hälfte der Pemphigoid-Patient:innen Autoantikörper nicht nur vom IgG-, sondern auch vom IgE-Typ hat, stellt der Anti-IgE-Antikörper Omalizumab eine weitere Therapieoption dar.

Die grundlagenorientierten Referate über die angeborene Immunität (Michel Gilliet, Lausanne, Schweiz), den molekularen Hautatlas (Muzlidah Haniffa, Newcastle, UK), die eosinophile Gewebsentzündung (Bart Lambrecht, Gent, Belgien), das kutane Mikrobiom (Heidi Kong, Bethesda, USA), die Neuroinflammation (Dan Kaplan, Pittsburgh, USA, und Brian Kim, New York, USA) sowie den Juckreiz (Gil Yosipovitch, Miami, USA) waren sehr erhellend und brachten wichtige neue pathogenetische und damit auch therapeutische Konzepte ans Tageslicht.

Exkurs: maligne Hautentzündung

Im Rahmen eines Pre-Meeting-Symposiums waren heuer erstmals maligne Hautkrankheiten mit dabei. Entzündung spielt nicht nur bei chronischen gutartigen Erkrankungen wie Psoriasis oder atopischer Dermatitis eine Rolle, sondern auch bei Krebs, wie Brunner betonte: „Kutane Lymphome weisen beispielsweise eine starke Entzündungskomponente auf, aber bis heute versteht man nicht genau, wie gewisse Arten der Entzündung diese relativ seltenen Erkrankungen positiv oder negativ beeinflussen. Wir haben versucht, die Topexpert:innen zusammenzubringen, um mehr über die Entstehung von Hautlymphomen und generell über die Rolle von Entzündung bei Krebserkrankungen zu lernen.“ Dazu wurde die Rolle von Infektionen und Umweltfaktoren sowie des „microenvironment“ bei maligner Inflammation beleuchtet sowie Erkenntnisse zur Pathogenese und deren Translation in neue Behandlungsstrategien.

Brunner: „Entzündung spielt nicht nur bei chronischen gutartigen Erkrankungen wie Psoriasis oder atopischer Dermatitis eine Rolle, sondern auch bei Krebs.“

Künstliche Intelligenz

Das stark visuelle Fach der Dermatologie eignet sich besonders gut für den Einsatz künstlicher Intelligenz (KI), wie Philipp Tschandl eindrucksvoll aufzeigte. Dabei könnte KI zukünftig nicht nur in der Diagnose pigmentierter Hautläsionen eine Rolle spielen, sondern auch bei chronisch entzündlichen Erkrankungen zur Verlaufskontrolle und Messung des Therapieerfolgs eingesetzt werden.