Kommentar: EAACI-Biologicals Guidelines

Wie ist die Indikation für eine Biologikatherapie bei schwerem Asthma zu stellen und welche Biologika stehen zur Auswahl? Der Asthma-Experte Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Pohl erläutert die entsprechenden Empfehlungen der EAACI und teilt seine Erfahrungen.

Die Typ-2-Inflammation ist der wichtigste Treiber des Asthmas. Sie ist das Resultat der Aktivierung verschiedener Signalwege – sowohl des adaptiven als auch nativen Immunsystems. So spielen Th2-Zellen und ILC2 des Immunsystems eine gewichtige Rolle, ebenso wie eine Vielzahl von ihnen freigesetzte Zytokine (z. B. IL-4, IL-5 und IL-13).

Wann werden Biologika eingesetzt? 

Der Einsatz von Biologika ist nur bei Patienten mit unkontrolliertem, schwerem Typ-2-Asthma sinnvoll und die korrekte Identifizierung dieser Patienten daher essentiell. Erste Hinweise geben phänotypische Merkmale wie eine hohe Exazerbationsrate, eine sich rasch verschlechternde Lungenfunktion oder das Vorhandensein von Komorbiditäten. Das Erkennen und Mitbehandeln eventueller Begleiterkrankungen kann entscheidend sein, um das Asthma wieder zu kontrollieren – in dem Fall würde man nicht von schwerem Asthma sprechen. Weitere Differenzierungsinstrumente sind Biomarker, wobei die Möglichkeiten hier noch nicht vollständig ausgeschöpft sind. Eine allergische Reaktion, gekennzeichnet durch erhöhte IgE-Werte, deutet auf Typ-2-Asthma hin, zusätzlich kann auch eine Erhöhung von eosinophilen Granulozyten im Blut und Sputum nachgewiesen werden. Eine Erhöhung der Eosinophilen im peripheren Blut und Sputum finden wir auf jeden Fall bei schwerem eosinophilem Asthma. Die Allergiediagnostik ist hier unauffällig. Die Messung von fraktioniertem ausgeatmetem Stickstoffmonoxid (FeNO) ist nicht diagnostisch für Asthma, gibt aber Auskunft darüber, ob ein Patient ausreichend mit inhalativem Kortison therapiert ist. Ist das Asthma trotz optimaler Tripletherapie mit hochdosiertem Kortison, langwirksamem Beta-2-Agonisten und langwirksamem Anticholinergikum klinisch nicht kontrollierbar, spricht man von schwerem Asthma und hier ist eine Biologikatherapie – nach entsprechender genauer Phänotypisierung – zu erwägen. Diese moderne und effektive Therapieoption ließ das systemische Kortison, mit dem Patienten in diesem Stadium früher versorgt wurden, in den Hintergrund treten.

Das Ansprechen auf eine Biologikatherapie wird nach 4-6 Monaten reevaluiert. Bei einer Verbesserung der Klinik, Asthmakontrolle, Exazerbationsrate und Lungenfunktion – auch das kann vorkommen – liegt ein optimales Therapieansprechen vor und die Biologikatherapie wird fortgesetzt.

Bessern sich nur manche der oben genannten Parameter, spricht man von einem partiellen Ansprechen. In diesem Fall wird die Therapie vorerst weitergeführt (Beobachtungszeitraum:
12 Monate) und – bei Fortbestehen klinischer Beschwerden – der Versuch unternommen, an verschiedenen „Schrauben“ zu drehen. So sollte die Adhärenz des Patienten zu seiner Asthma-Medikation, einschließlich der Basistherapie, überprüft und der Patient ggfs. erneut geschult werden. Hier ist zu betonen, dass Biologika „on top“, also zusätzlich zu einer inhalativen Tripletherapie angewendet werden müssen. Wird die Eosinophilie nicht von dem Pathway vermittelt, auf den das verwendete Biologikum abzielt, kann der Switch auf ein anderes Biologikum sinnvoll sein. So kann beispielsweise von einem Anti-IL5-Antikörper auf einen Anti-IL4/13-Antikörper gewechselt werden; aber auch ein Switch von einem der drei zugelassenen Anti-IL5-Antikörper auf einen anderen kann zu einem besseren Ansprechen führen. Auch die Dosierung bzw. das Therapieintervall sind zu prüfen und ggfs. anzupassen. In seltenen Fällen kann es zur Entwicklung neutralisierender Anti-Drug-Antibodies (ADAs) kommen, was sich klinisch allerdings nur schwer nachweisen lässt. Auch hier könnte der Switch auf ein anderes Biologikum helfen. Weitere Immunmechanismen, die sich ungünstig auf das Therapieansprechen auswirken können, inkludieren Autoimmunität, Immunkomplexbildung oder ILC2-mediierte Immunreaktionen. Eine entsprechende Abklärung ist definitiv nur in spezialisierten Zentren möglich.

Zeigt sich nach 6 Monaten überhaupt kein Ansprechen, ist die Biologikatherapie abzubrechen. Diese Patienten leiden wahrscheinlich an klassischen Formen des Non-Typ-2-Asthmas. Dazu zählt das neutrophile Asthma – eine besondere Herausforderung für Arzt und Patient, da es derzeit kein zugelassenes Medikament gibt. Eine mögliche Erweiterung des Therapiekonzeptes könnte ein in der NAVIGATOR-Studie erprobter Anti-TSLP-Antikörper bringen bzw. eine neue Substanz, die andere Signalwege blockiert, die aber noch in klinischer Untersuchung ist; Ebenfalls zum Non-Typ-2-Asthma zählt das nicht-entzündliche Asthma, das mittels bronchialer Thermoplastie behandelt werden kann.

Welches Biologikum für wen?

Für die Behandlung des schweren Typ-2-Asthmas stehen aktuell fünf Biologika zur Verfügung: der Anti-IgE-Antikörper Omalizumab, die gegen IL5 bzw. dessen Rezeptor gerichteten Antikörper Mepolizumab und Reslizumab bzw. Benralizumab, sowie der Anti-IL4/13-Antikörper Dupilumab.

Omalizumab: Bei allergischem Asthma, das sich durch erhöhtes IgE auszeichnet, mitunter durchaus in Kombination mit einer Eosinophilie, kommt in der Regel Omalizumab zum Einsatz. Dieses erste zur Therapie des schweren Asthmas zugelassene Biologikum wird seit vielen Jahren erfolgreich in der Praxis eingesetzt. Omalizumab bindet zirkulierendes IgE am Fc-Teil und verhindert so dessen Bindung an den zugehörigen Rezeptor. Dadurch werden allergische Früh- und Spätreaktionen minimiert. Klinisch äußert sich das u. a. in einer Verminderung der Exazerbationen, Asthma-Symptome und Kortisonlast.

Benralizumab, Mepolizumab, Reslizumab: Patienten ohne allergische Reaktion, mit einer Erhöhung der Eosinophilen im Blut und Sputum, sind typische Kandidaten für Benralizumab, Mepolizumab oder Reslizumab. Der Cut-off für diese Therapie liegt bei einer eosinophilen Granulozyten-Last von > 300/ Mikroliter Blut. Große klinische Studien wie auch von uns durchgeführte Real-Life-Studien belegen, dass gut ausgewählte Patienten hervorragend auf eine Anti-IL-5-Antikörper-Therapie ansprechen. Es kommt zu einer Verbesserung der Lebensqualität, Reduktion der Exazerbationsrate und Senkung des Kortisonverbrauchs; in manchen Fällen sogar zu einer Verbesserung der Lungenfunktion. Patienten mit schwerem eosinophilem Asthma weisen häufig Veränderungen in den oberen Atemwegen auf, wie z. B. nasale Polypen. Diese gelten als guter Prädiktor für ein Therapieansprechen.

Dupilumab: Bei nicht-allergischem, nicht-eosinophilem Asthma – vor allem bei Patienten mit stark erhöhten FeNO-Werten – ist Dupilumab das Biologikum der Wahl. Das „New-kid-on-the-block“ richtet sich gegen den IL-4-Rezeptor-α und hemmt die Signalwege von IL-4 und IL-13. In klinischen Studien zeigte Dupilumab einen Nutzen für die Patienten, indem es schwere Asthma-Exzerbationen reduzierte und die Lungenfunktion verbesserte. Neben schwerem Asthma mit Typ-2-Inflammation ist Dupilumab auch bei atopischer Dermatitis und chronischer Rhinosinusitis mit Nasenpolypen zugelassen.