Mit Biologika gegen persistierende Nasenpolypen

Noch vor Fertigstellung der geplanten Gesamtüberarbeitung der deutschen S2k-Leitlinie zur Rhinosinusitis auf S3-Niveau hat eine erweiterte Leitliniengruppe ein Zusatzkapitel zum Einsatz von Biologika bei CRSwNP publiziert.1 Mit der aktuellen Ergänzung hat man auf die Wirksamkeitsevidenz für mehrere Biologika in dieser Indikation und auf entsprechende Zulassungen in den letzten Jahren reagiert.1

Chronische Sinusitis mit Nasenpolypen

Ab einer Symptomdauer von 3 Monaten spricht man von chronischer Sinusitis, die in Europa ca. 11 % der Bevölkerung betrifft und durch den langwierigen Verlauf mit signifikanter und oft massiver Einschränkung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität und in der Folge mit erheblichen Kosten für das Gesundheitssystem einhergeht.2 Zu betonen ist, dass sie als eigenständiges Krankheitsbild zu sehen ist und nicht als chronifizierter Verlauf einer akuten Sinusitis3: Zwar sind die Symptome ähnlich – nasale Obstruktion, Sekretion mit Kopf-/Gesichtsschmerzen und Druckgefühl sowie Riechstörung –, der pathophysiologische Hintergrund ist allerdings ein völlig anderer: Durch eine dauerhafte proinflammatorische Dysregulation von Entzündungsmediatoren/-zellen kommt es zur Symptompersistenz und -rezidivierung. Bei einem Teil der Erkrankten bilden sich Nasenpolypen, d. h. Ausstülpungen von chronisch entzündeter und ödematöser Schleimhaut in der Nasenhöhle. Phänotypisch wird deshalb grob zwischen chronischer Rhinosinusitis mit (CRSwNP) und ohne nasale Polype (CRSsNP) unterschieden.3

Zu sehr hartnäckigen Verläufen kommt es bei einer speziellen Unterform, der NSAID-exacerbated Respiratory Disease (NERD), vormals M. Widal, Samter-Trias oder Aspirinintoleranz, die durch Nasenpolypen, Asthma und Unverträglichkeit von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAID) gekennzeichnet ist.3

Zur konservativen Basistherapie einer CRS werden topische Steroide als Dauertherapie eingesetzt und befeuchtende Nasenspülungen durchgeführt. In Einzelfällen kann ein 1- bis 3-wöchiger Therapiezyklus mit oralen Steroiden 1–2-mal pro Jahr durchgeführt werden.3 Ist durch konservative Therapie keine ausreichende Krankheitskontrolle erzielbar, besteht die Indikation für eine chirurgische Strategie mit endoskopischer Nebenhöhlensanierung (FESS).3 Dabei werden natürliche Abflusswege endoskopisch erweitert (bei CRS oft nachteilige anatomische Varianten) und pathologisches Gewebe bzw. Polypen entfernt.

Einsatzrationale für Biologika bei CRSwNP

Typ-2-Inflammation: Bei chronischer Rhinosinusitis lassen sich je nach immunologischem Entzündungsmuster auf zellulärer und humoraler Ebene sogenannte Endotypen mit Typ-2- bzw. Typ-1-Entzündung unterscheiden, was von entscheidender Bedeutung für den therapeutischen Zugang ist.

Sind Polypen vorhanden, liegt in Europa und den USA überwiegend eine Typ-2-Entzündungsreaktion mit hoher Aktivität von Th2-Zellen vor und entsprechender Erhöhung von typischen Typ-2-Interleukinen wie IL-4, IL-5 und IL-13 sowie eosinophilen Granulozyten.4 IL-4 und IL-13 führen zum Klassenwechsel von B-Zellen zur IgE-Produktion und fördern den Transport von Eosinophilen zu Entzündungsherden.5, 6, 7 IL-5 vermittelt die Differenzierung von Eosinophilen im Knochenmark und das Überleben in der Blutbahn.8 Dieser Entzündungstyp findet sich u. a. auch bei Asthma bronchiale, das auch häufig mit CRSwNP assoziiert ist. Nicht geklärt sind die Ursachen dieser chronischen Dysregulation.3

Biologika als Add-on zu intranasalen Kortikosteroiden: Derzeit sind für die Therapie von erwachsenen Patient:innen mit schwerer CRScNP drei monoklonale Antikörper zugelassen, die an unterschiedlichen Schlüsselstellen bei der Typ-2-Inflammation angreifen und für die präparatespezifische Zulassungskriterien zu beachten sind1:

  • Dupilumab: hemmt den IL-4-/IL-13-Signalweg durch Bindung an die Alpha-Untereinheit des IL-4-Rezeptors; angezeigt als Zusatztherapie zu intranasalen Kortikosteroiden (INCS) zur Behandlung bei schwerer CRSwNP, die mit systemischen Kortikosteroiden und/oder chirurgischem Eingriff nicht ausreichend kontrolliert werden kann.9
  • Omalizumab: bindet an IgE und verhindert damit die Bindung von IgE an den FcεRI (IgE-Rezeptor auf Mastzellen und Basophilen); angezeigt als Zusatztherapie zu INCS bei schwerer CRSwNP, bei denen durch eine Therapie mit INCS keine ausreichende Krankheitskontrolle erzielt wird.10
  • Mepolizumab: bindet an humanes IL-5; angezeigt als Zusatztherapie zu INCS bei schwerer CRSwNP, die mit systemischen Kortikosteroiden und/oder chirurgischem Eingriff nicht ausreichend kontrolliert werden kann.11

Die Präparate werden s. c. alle 2–4 Wochen verabreicht, sind gut verträglich, müssen jedoch als Dauertherapie gegeben werden.3
Im S2k-LL-Zusatzkapitel wird empfohlen, die Wirksamkeit einer Biologika-Therapie bei CRScNP nach einem angemessenen Zeitraum (z. B. spätestens nach einer Therapiedauer von einem halben Jahr nach Therapiebeginn) und danach regelmäßig zu überprüfen, um eine unnötige Dauerbehandlung bei Non-Responder zu vermeiden.1 In das Kapitel ist auch ein Dokumentationsbogen zur standardisierten Dokumentation von verschiedenen Aspekten zur Indikationsstellung und zur Verlaufskontrolle des Biologika-Einsatzes bei CRScNP integriert.