Arzt-Patienten-Kommunikation aus Sicht des Allgemeinmediziners

Welche krebsbezogenen Fragen stellen Ihnen Patienten häufig?

Patienten fragen natürlich, ob es sich wirklich um Krebs handelt, welcher Art der Tumor ist, wie fortgeschritten er ist und ob eine Chance auf vollständige Heilung besteht. Sie wollen auch wissen, ob ich schon öfter mit dieser Krankheit zu tun hatte und wie ich persönlich ihre Prognose einschätze. Üblicherweise sind meine Patienten aber bereits von ihren Operateuren und Onkologen gut informiert, und ich bin oft erstaunt, dass eher wenig Fragen gestellt werden, die über organisatorische Fragen (Kontrolltermine, Laborkontrollen, CT- und MRT- Zuweisungen etc.) hinausgehen. Trotzdem frage ich den Patienten am Schluss des Gespräches, ob es noch offene Fragen gibt, die er vielleicht vergessen hat, zu stellen.

Was ist für Sie eine gute Arzt-Patienten-Kommunikation?

Es klingt banal, aber der Kern einer guten Arzt-Patienten-Kommunikation ist das Vertrauen des Patienten in den Arzt, das aber nicht vom Himmel fällt, sondern das sich über Jahre und Jahrzehnte aufgebaut hat. Ein wesentlicher Aspekt dabei ist, dass sich der Patient immer gut betreut gefühlt hat und es ihm erlaubt war, jede Frage zu stellen und jedes Problem anzusprechen, das ihn bedrückt. Ganz wichtig für mich ist es, dem Patienten aufmerksam zuzuhören und ihm niemals das Wort abzuschneiden oder seine Probleme und Fragen als lächerlich hinzustellen. Ein solches Verhalten wird nur schwer verziehen und nicht leicht vergessen. Es soll dem Patienten immer die Möglichkeit gegeben werden, seine höchst persönlichen Ansichten zur Erkrankung zu äußern und mit eigenen Worten Ängste und Unsicherheiten, aber auch die Hoffnung auf eine Heilung zu beschreiben. Für den Allgemeinarzt gilt es dabei, einen vernünftigen Mittelweg in der Kommunikation zu finden, der die Hoffnungen des Patienten nicht zerstört, aber auch keine unrealistische Erwartung auf eine vollständige Heilung erweckt. In diesem Zusammenhang ist es enorm wichtig, vom onkologischen Zentrum zu erfahren, in welcher Form bereits eine Aufklärung bezüglich Prognose und Therapiemöglichkeiten erfolgte, da diese Information für die Gestaltung der zukünftigen Kommunikation von großer Bedeutung ist.

Klagen Patienten über Kommunikationsprobleme mit dem Behandler?

Die Diagnose Krebs trifft den Patienten meist wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Dadurch kann es leicht passieren, dass Patienten nicht alles, was ihnen im Krankhaus oder in der onko­lo­gi­schen Ambulanz mitgeteilt und erklärt wurde, auch bewusst wahrgenommen und auch verstanden haben. Man muss also vorsichtig sein, wenn ein Kommunikationsproblem durch den Patienten beklagt wird. Manches wurde sicher gut erklärt und besprochen, aber durch die oft schwierig zu erklärende Diagnose und die oft komplexen Chemotherapie- Schemata vom Patienten stressbedingt nicht bewusst wahrgenommen. Insgesamt gibt es meiner Erfahrung nach keine großen Ko­m­mu­ni­kations­pro­bleme, und die Patienten fühlen sich in den meisten Fällen gut aufgeklärt und gut betreut.

Welche Rolle nimmt der Allgemeinmediziner in der Vermittlung ­zwischen Patienten und behandelndem Arzt ein?

Abgesehen von der Beantwortung spezifischer Fragen zu Diagnostik, Prognose und Therapie mitsamt den zu erwartenden Nebenwirkungen sehe ich mich als zentrale Anlaufstelle für den Patienten bei allen (auch nichtonkologischen) medizinischen, psychologischen, sozialen, familiären und pflegerischen Fragen. Die onkologische Erkrankung ist ja nur ein, wenn auch sehr wichtiger Aspekt im Krankheitsspektrum unserer oft multimorbiden Patienten. Darüber hinaus ist ein kontinuierlicher Kontakt durch die regelmäßigen Laborkontrollen gegeben, die in der Ordination durchgeführt und deren Resultate an das onkologische Zentrum direkt übermittelt werden. Ich bin dadurch über den Gesundheitszustand des Patienten laufend informiert und kann bei akuten interkurrenten Erkrankungen rechtzeitig im onkologischen Zentrum anfragen und Rat einholen. Ganz wichtig ist auch, dass der Allgemeinmediziner in die Verschreibung der spezifischen Therapeutika (viele müssen ja über das ABS angesucht werden) eingebunden ist und sich so auch eingehend mit deren Wirkmechanismen und neuartigen Nebenwirkungen beschäftigen muss.

Wie hat sich die Pandemie auf die Kommunikation ausgewirkt?

Interessanterweise gab es keine gravierenden Probleme. Die geplanten Laborkontrollen, Befundbesprechungen und Therapien wurden unter Einhaltung der hygienischen Maßnahmen wie immer durchgeführt. Manche Fragen konnten auch telefonisch geklärt werden. Allerdings hat sich die Pandemie auf den Zeitplan geplanter operativer Eingriffe (nicht nur der onkologischen) in einigen Fällen ungünstig ausgewirkt, und es kam zu Zeitverlusten. Das war aber nicht Kommunikationsproblemen, son­dern der pandemiebedingten Verknappung an Ressourcen geschuldet.