Was macht eine gute Arzt-Patienten-Beziehung aus?

Tut gut: Motivation plus ein Quäntchen Herzlichkeit

Mag. Claudia Altmann-Pospischek erhielt 2013 die Diagnose metastasierter Brustkrebs. Sie bloggt nicht nur („Claudias Cancer Challenge“), sondern ist vor allem als Brustkrebs-Aktivistin tätig. Mit der krebs:hilfe! spricht Mag. Altmann-Pospischek darüber, was für sie als Betroffene eine gute Arzt-Patienten-Kommunikation ausmacht – und über Corona als Boost in der digitalen Kommunikation.

 

Wie haben Sie die Vermittlung Ihrer Diagnose empfunden?
Mag. Altmann-Pospischek: Ich habe von meiner Brustkrebserkrankung in der Radiologiepraxis erfahren. Der Arzt meinte ehrlich und empathisch: „Ich fürchte, Sie haben eine bösartige Tumorerkrankung.“ Ich konnte die Aussage damals nicht so recht einordnen und fragte ungläubig nach: „Sie meinen Krebs?“ Und er: „Ja.“ Er erklärte mir, was auf den Mammografie-Bildern zu sehen war: nämlich eine sternförmige Verwachsung, die mit höchster Wahrscheinlichkeit auf Krebs hindeutete – aber meine Gedanken drifteten ab. Mir riss es den Boden unter den Füßen weg, ich war geschockt, ängstlich und tieftraurig. Das blieb ihm nicht verborgen, er strich mir über die Hand und versuchte, mir Hoffnung zu vermitteln: „Wir haben den Tumor früh erkannt. Es gibt zahlreiche wirksame Therapien.“
Der junge Mediziner ging sachlich und sensibel vor: Einerseits gab er mir Informationen mit auf den Weg und verwies mich ans Landesklinikum, andererseits zeigte er Verständnis für meine schwierige Situation und schenkte mir Zuversicht.
Das war ein einschneidender Moment in meinem Leben, der alles veränderte.

Haben Sie ein Beispiel für eine gute Kommunikation – und warum war diese für sie gut?
Ich möchte mit zwei konkreten Beispielen antworten:
Nach der Diagnose 2013 wollte ich mir eine Zweitmeinung einholen. Ich wurde bei einem Onkologen vorstellig und vertraute ihm meine Geschichte an. Anstatt mir einen Therapievorschlag zu unterbreiten, verabschiedete er mich mit einem derben „Sie haben eine Durchschnittsüberlebenszeit von zwei Jahren. Danke und auf Wiedersehen“ aus seiner Praxis. Mein Mann und ich waren fassungslos, ängstlich und in Tränen aufgelöst. Er hatte mit seinen unsensiblen Worten einen negativen Anker in meinem Kopf gesetzt. Ab diesem Zeitpunkt beschäftigte ich mich zwei Jahre lang mit dem Sterben. Aber nichts passierte. Erst danach konzentrierte ich mich wieder voll und ganz aufs Leben.
Nach diesem Erlebnis wandte ich mich vertrauensvoll an Prof. Dr. Rupert Bartsch. Er meinte damals: „Wir rollen die Strategie auf zehn Jahre aus. Ungefähr jedes halbe Jahr kommt ein neues Medikament auf den Markt. Da wird auch für Sie etwas dabei sein, das Ihnen hilft.“ Er gab mir Mut und Motivation mit auf den Weg, ohne zu verschweigen, dass es sich um eine „sehr ernste Erkrankung“ handelt. Prof. Bartsch legte nicht nur enormes Fachwissen an den Tag – er ist ein wandelndes onkologisches Lexikon und ganz nah an der Forschung –, sondern brachte Empathie mit und eröffnete mir eine Perspektive. Das ließ die zerbrochene Seele wieder ein wenig heilen. Prof. Bartsch ist seitdem stets an meiner Seite und hat mich durch tränenreiche Täler und auf aussichtsreiche Gipfel begleitet.

Wie gestaltet sich die Kommunikation im Therapieverlauf. Was ist wichtig?
Am bedeutendsten war es für mich, eine stabile, vertrauensvolle Arzt-Patienten-Beziehung aufzubauen. Mit dem Ziel, auf Augenhöhe zu kommunizieren und ein „shared decision making“ zu erreichen. Auch wenn ich Medizinisches nicht bis ins letzte Detail verstehe, so sehe ich mich nach all den Jahren als „Hobbymedizinerin“ und möchte meine Entscheidungen als mündige Patientin gemeinsam mit dem Arzt treffen. Nichts ist für mich wichtiger als Kapitänin meines eigenen Bootes zu bleiben. Was generell gute Kommunikation ausmacht? Offenheit, Ehrlichkeit, Verständnis, Empathie und Motivation. Dazu kommen noch die zwei nicht unwesentlichen Faktoren: rasche Erreichbarkeit und ausreichend Zeit.

Wie hat sich Corona auf die Kommunikation ausgewirkt?
Corona brachte einen Boost in der digitalen Kommunikation. Während früher nahezu alles im persönlichen Gespräch entschieden wurde, hat sich das zum Großteil verlagert. Nun funktionieren jede Menge Dinge online: vom Zugeschickt-Bekommen der Laborwerte über die Befundbesprechung bis hin zur Übermittlung des Rezepts an die Apotheke. „Kontaktlos“ ist der Terminus unserer Zeit. Das klappt prinzipiell hervorragend, aber natürlich fehlt hier und da das persönliche Gespräch mit Sichtkontakt, in welchem Emotionen anders wahrgenommen werden. Aufgrund der Pandemie hat eines Vorrang: die Verringerung der Aufenthalte im Krankenhaus und somit möglicher Ansteckungsquellen.

Haben Sie aus Patientinnensicht Vorschläge für Verbesserungen in der Arzt-Patienten-Kommunikation?
Ich denke, es ist immer ratsam, zu versuchen, in den Schuhen des/der anderen zu laufen. Das sorgt für mehr Nachvollziehbarkeit und Einfühlungsvermögen auf beiden Seiten. Zudem bedarf es einer gemeinsamen Sprache, die für beide gleichermaßen verständlich ist.
Idealerweise würde ich mir wünschen, dass sich der Arzt/die Ärztin genügend Zeit für mich nimmt und nicht ständig auf die Uhr schielt. Er/Sie sollte „vorbereitet“ sein, meine letzten Befunde kennen – damit ich nicht meine ganze Geschichte von vorne erzählen muss. Ich mag es, wenn ich meine Punkte darlegen kann, ohne unterbrochen zu werden; wenn mein Gegenüber aktiv zuhört und detailliert nachfragt – das zeugt von Respekt und Interesse. Was es weiters braucht, sind fachkundige, schlüssige Erklärungen, auf deren Grundlage eine gemeinsame Therapieentscheidung treffen können. Im Mittelpunkt: die persönliche Balance, größtmögliche Lebensqualität und eine realistische Perspektive. Für mich persönlich spielt „Motivation“ eine große Rolle, weil sie mein Motor ist, der mich am Laufen hält. Dazu noch ein Quäntchen Herzlichkeit – und die Chemie stimmt.