Förderung der Arzt-Patienten-Kommunikation im Krebsrahmenprogramm

Patient:innenzentrierte Gesprächsführung ist in der Onkologie besonders wichtig und stellt gleichzeitig hohe Anforderungen an die Gesundheitsberufe. Daher wird im Rahmen des nationalen Krebsrahmenprogramms2 ein Kommunikationscurriculum für Health‐Professionals in der Onkologie erarbeitet.

Hintergrund

Die Gesprächsführung zwischen Vertreter:innen der Gesundheitsberufe und Patient:innen stellt ein zentrales klinisches Werkzeug dar, und ihre Qualität beeinflusst die Outcomes in der Onkologie.

Auf der Grundlage von Ist-Analysen, die eine mangelhafte Gesprächsqualität in der österreichischen Krankenversorgung feststellten, beschloss die Bundeszielsteuerungskommission 2016 eine Strategie zur Verbesserung der Gesprächsqualität in der Krankenversorgung7. In Umsetzung dieser Strategie und des Zielsteuerungsvertrages (operatives Ziel 10) wurden 2019 im Auftrag der Fachgruppe Public Health und der Österreichischen Plattform Gesundheitskompetenz (ÖPGK) Anerkennungskriterien für Trainings und Trainer:innen erarbeitet, um evidenzbasierte Kommunikationstrainings für Angehörige der Gesundheitsberufe nach einem gesicherten Standard zu fördern.10 Durch Mittel der Sozialversicherungen, der Bundesgesundheitsagentur und der Ausbildungseinrichtungen wurde in internationaler Kooperation ein diesbezügliches Trainer:innennetzwerk aufgebaut, und es wurden einschlägige Trainer:innenlehrgänge und Trainings entwickelt und angeboten.13

Patient:innenzentrierte Gesprächsführung im nationalen Krebsrahmenprogramm

Um der besonders hohen Relevanz patient:innenzentrierter Gesprächsführung in der Onkologie gerecht zu werden, wird nun im Rahmen des nationalen Krebsrahmenprogramms ein Curriculum für ein Kompetenztraining im Bereich Gesprächsqualität für Health-Professionals in der Onkologie erarbeitet.

In einem ersten Schritt wurde dafür im Jahr 2020 der Bedarf der Zielgruppe in Hinblick auf ein solches Curriculum erhoben. Dazu wurden neun ca. 40-minütige Leitfadeninterviews durchgeführt – coronabedingt in Form von Onlinemeetings – mit Ärzt:innen sowie Angehörigen der Pflegeberufe, der klinischen Psychologie, der Psychotherapie und der Diätologie, die im Bereich Onkologie und Palliativversorgung tätig sind. Dabei wurden erlebte Herausforderungen in der Gesprächsführung mit Patient:innen, bisherige Erfahrungen mit Kommunikationstrainings sowie Erfolgsfaktoren und Barrieren in Bezug auf die Teilnahme an einem Kommunikationstraining erhoben. Die besonders herausfordernden Gesprächssituationen wurden identifiziert.

Das Thema Gesprächsführung und der Bedarf an Kompetenztrainings wurde von allen Befragten als sehr hoch eingeschätzt. Vorerfahrungen der Befragten mit Kommunikationstrainings sind punktuell, und die Befragten beklagen, dass es an systematischen und strukturierten Angeboten spezifisch für die klinische Gesprächsführung fehle. Auch wenn Rollenspiele im Vorfeld bisweilen abschrecken können, betonen die Befragten die Wichtigkeit praktischer Übungsmöglichkeiten schwieriger Situationen und haben die Erfahrung gemacht, dass Trainings mit Simulationspatient:innen von den Teilnehmer:innen rückblickend als sehr hilfreich eingeschätzt werden.
Die Wichtigkeit von hoher Praxisnähe, Anwendbarkeit im klinischen Alltag, abgestuften und zielgruppenspezifischen Angeboten und Refresher-Einheiten wird betont.
Als wichtige Faktoren bei der Implementierung von Trainings werden insbesondere deren Durchführung während der Arbeitszeit (Frei­stellung), die Kompetenz und Erfahrung der Trainer:innen und die Anrechnungsmöglichkeit von Fortbildungspunkten angesehen. Ob die Trainings berufsgruppenübergreifend oder berufsgruppenspezifisch angeboten werden sollten, wird von den Befragten unterschiedlich eingeschätzt. Als Motivatoren für eine Teilnahme an einem Kommunikationstraining sehen die Befragten v. a. den Gewinn an Selbstsicherheit im Umgang mit schwierigen Situationen, Übungsmöglichkeiten spezifisch klinischer Kom­munikationssituationen, die Aussicht, durch verbesserte Kommunikation Outcomes und insbesondere die Adhärenz von Patient:innen zu verbessern und deren Vertrauen zu steigern. Darüber hinaus betonen die Befragten die Wichtigkeit eines Kulturwandels als Voraussetzung für eine nachhaltige Verbesserung der Gesprächsqualität. Dem Thema müsse in unserem Gesundheitssystem insgesamt ein höherer Stellenwert eingeräumt werden. Dazu seien insbesondere auch begleitende Organisationsentwicklungsprozesse in den Häusern und eine Veränderung der Strukturen im Gesundheitswesen erforderlich.

Resümee/Ausblick

Die begonnenen Arbeiten werden im Rahmen des Themenschwerpunkts „Gesundheitskompetenz in der Onkologie“ des Krebsrahmenprogramms 2021/22 fortgesetzt, mit dem Ziel, Fort- und Weiterbildungsangebote für Health-­Professionals in der Onkologie anzubieten. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Bedarfs­erhebung bei der Zielgruppe wird nun ein Curriculum „Gesprächsführung für Health-­Professionals in der Onkologie“ erarbeitet und 2022 in Kooperation mit onkologischen Versorgungseinrichtungen pilotiert und evaluiert.
Darüber hinaus wird auf der Grundlage einer Literaturrecherche ein Factsheet mit Empfehlungen für die Erstellung bzw. Bereitstellung guter schriftlicher bzw. medial vermittelter Gesundheitsinformationen im onkologischen Bereich erstellt.

Referenzen: (1) BMSGPK. Nationales Krebsrahmenprogramm. BMSGPK https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Nicht-uebertragbare-Krankheiten/Krebs/Nationales-Krebsrahmenprogramm.html. Accessed 22. 04. 2021 (2) Fallowfield DL, Developing successful educational programmes: ensuring communication topics resonate with healthcare professionals’ perceived needs, not just what educators believe important. Plenary held at ICCH 2020 Part 2; 2021; Online (3) Chen AM et al., Cancer 2008; 112(2):340–4 (4) Lelorain S et al., Psycho-Oncology 2012; 21:1255–64 (5) Travado L et al., Psycho-Oncology 2005; 14(8):661–70 (6) Thorne SE et al., Psychooncology 2005; 14(10):875–84 (7) Levinson W et al., JAMA 2000; 2 84:1021–7 (8) Butow PN et al., Psycho-Oncology 2002; 11(1):47–58 (9) BMGF. Verbesserung der Gesprächsqualität in der Krankenversorgung. Strategie zur Etablierung einer patientenzentrierten Kommunikationskultur. Wien: Bundesministerium für Gesundheit und Frauen; 2016 (10) ÖPGK-­Trainernetzwerk und tEACH. Kommunikationstrainings für Gesundheitsberufe: Anerkennungskriterien für Trainings und Trainerinnen/Trainer nach ÖPGK-tEACH-Standard. ZSG Projektarbeiten 2019, Beilage zu Projekt 4.2.1. Wien: Österreichische Plattform Gesundheitskompetenz (ÖPGK); 2019 (11) Ammentorp J et al., Patient Education and Counseling 2021; 104:352–9 (12) Moore PM et al., Cochrane Database of Systematic Reviews 2018; 1465–858 (13) Fallowfield L et al., The Lancet 2002; 359(9307):650–6 (14) Fallowfield L et al., British Journal of Cancer 2003; 89:1445–9 (15) Barth J, Lannen P, Ann oncol 2011; 22(5):1030–40 (16) Kissane DW et al., JCO 2012; 30(11):1242