Vernetzung von Hausärzten und Dermatologen

Foto: Martin Lachmair

Wie die dermatologische Versorgung in Österreich aussieht, inwiefern Allgemeinmediziner zur Grundversorgung beitragen und welches Fortbildungsangebot in der Dermatologie interessant ist, darüber spricht MR Dr. Johannes Neuofer im Interview mit ARZT & PRAXIS.

ARZT & PRAXIS: Herr Dr. Neuhofer, Sie sind niedergelassener Facharzt für Dermatologie in Oberösterreich. Was schätzen Sie an Ihrem Beruf?

Neuhofer: An der Dermatologie gefällt mir besonders die Breite des Faches. Von Allergie über Akne und Zoster bis hin zu Botox, Filler und Laser – die Dermatologie ist alles andere als eintönig und darin besteht gleichzeitig auch die Herausforderung. Ich sage immer: Die Dermatologie ist kein kleines, sondern ein breites Fach!

Inwiefern unterscheidet sich die Arbeit eines niedergelassenen Dermatologen von der eines Facharztes an einer Klinik?
Als niedergelassener Dermatologe bekommt man mehr oder weniger alles zu sehen, was sich auf der Haut so abspielt, von weniger schlimm bis schlimm. Im Spital konzentrieren sich dagegen hauptsächlich die schwierigen Fälle. Diese machen in der Niederlassung etwa 3 % aus, im Krankenhaus hingegen gut die Hälfte. Im Idealfall sollte der niedergelassene Dermatologe eine Art Vorfilter sein, der jene Patienten herausfiltert, die eine stationäre Betreuung und intensive Untersuchung benötigen – mit Methoden, die uns im niedergelassenen Bereich oft nicht zur Verfügung stehen. Eine gute Zusammenarbeit mit den Fachärzten im Krankenhaus ist deshalb essenziell.

Sie engagieren sich auch kammerpolitisch …
So ist es. Seit 2013 bin ich Bundesfachgruppenvorsitzender für Dermatologie in der Ärztekammer. In dieser Funktion repräsentiere ich die 9 Landesfachgruppen und vermittle dem Kammervorstand die Anliegen der österreichischen Dermatologen. Ein großer Erfolg im vergangenen Jahr: Wir konnten durchsetzen, dass die Dermatohistopathologie als Spezialisierung für die Dermatologie weiterhin erhalten bleibt. Gerade in der Dermatologie ist die Zusammenschau von Klinik und Histologie besonders wichtig.

Andere Entwicklungen konnten wir hingegen nicht aufhalten – so ist die Dermatologie in der neuen Ausbildungsordnung leider nur noch ein Wahlfach. Das tut uns sehr weh! Man muss bedenken, dass knapp 30 % der Patienten, die einen Allgemeinmediziner aufsuchen, ein dermatologisches Anliegen haben. Es wäre deshalb sehr wichtig, im allgemeinen Teil der Ausbildung zumindest gewisse Grundlagen der Dermatologie zu vermitteln. Was hier passiert ist, fällt wohl unter „Mut zur Lücke“ – wobei wir auf diese Lücke gerne verzichtet hätten.

Wie beurteilen Sie die dermatologische Versorgung in Österreich?
Hier gilt es meiner Meinung nach zwischen Städten und ländlichen Regionen zu unterscheiden. Während die Versorgung in den Städten in allen Bundesländern sowohl stationär als auch ambulant durchaus passabel ist, gestaltet sich die Nachbesetzung frei werden der Ordinationen in manchen peripheren Regionen zunehmend schwieriger. Wie in der Allgemeinmedizin tun sich auch in der Dermatologie langsam Lücken auf, die mir auf lange Sicht ein bisschen Sorgen bereiten. Um gegenzusteuern, ist es wichtig, jungen Ärzten schon möglichst früh eine gute Vorstellung davon zu vermitteln, was sie in der Praxis erwartet. Aktuell wird in der Ärztekammer darüber diskutiert, die Ausbildung in der niedergelassenen Praxis (die Lehrpraxis) von 12 auf 18 Monate zu verlängern. Diese Idee hat meine volle Unterstützung und auch die meisten anderen Fachgesellschaften sehen das positiv. Mehr Bezug zur Praxis – das ist wahrscheinlich ein Knackpunkt, wie man in Zukunft ausreichend Ärzte in die Niederlassung bringt.

Sie haben erwähnt, dass auch Allgemeinmediziner zur dermatologischen Versorgung beitragen …
Der Hausarzt ist für die meisten Patienten die erste Anlaufstelle, gar nicht selten auch dermatologische Beschwerden betreffend. Umso wichtiger ist ein gut funktionierendes Zusammenspiel von Allgemeinmedizinern und Dermatologen. Das klappt natürlich leichter, wenn man gut vernetzt ist und sich persönlich kennt, z. B. von gemeinsamen Fortbildungen oder anderen Aktivitäten.

Wie könnte eine effektive Vernetzung aussehen?
Wir haben schon früher sogenannte „Grätzel“-Treffen abgehalten: 20 Ärzte einer Region – Kinderärzte, Hautärzte, Allgemeinmediziner und andere – haben sich zu einer Versorgungseinheit zusammengeschlossen. Die Idee dahinter war und ist, dass man sich innerhalb einer Gruppe von bereits niedergelassenen Ärzten stärker vernetzt, aber nicht unbedingt unter einem Dach, wie dies bei Primary Health Care (PHC)-Zentren der Fall ist. Auf dieser Idee basiert auch das Erfolgsmodell Styriamed.net, dem regionalen Ärzteverbund in der Steiermark, wobei Styriamed.net auch Spitalsärzte mit einschließt. Ich möchte betonen, dass ich nicht generell gegen das Projekt PHC bin. Dort, wo es Sinn macht, nämlich in Ballungsräumen, sage ich: warum nicht? Aber am Land sollten niedergelassene Fachärzte und Allgemeinmediziner gefördert werden, um lange Anfahrtswege für die Patienten zu vermeiden. Hier ist es wichtig, andere Modelle der Vernetzung zu prüfen.

Abschließend: Wie beurteilen Sie das Fortbildungsangebot im Bereich der Dermatologie?
Das Angebot ist sicher kein schlechtes. Die vorgeschriebenen 250 DFP-Punkte im Zeitraum von 5 Jahren lassen sich gut erreichen. Man kann aus sehr vielen verschiedenen Formaten und Themen wählen – wichtig dabei ist, die richtige Ausgewogenheit zu finden. Neben einem generellen Überblick, wie ihn z. B. der Besuch der ÖGDV-Jahrestagung bietet, profitiert der niedergelassene Dermatologe meiner Meinung nach besonders von kleineren Veranstaltungen, die sich im Detail mit ganz spezifischen Themen auseinandersetzen. In überschaubaren Gruppen von 30 oder 40 Personen fällt es leichter, miteinander zu sprechen, zu diskutieren und sich zu vernetzen. Besonders bereichernd ist es, wenn Ärzte verschiedener Fachrichtungen zusammenfinden. So ist eine Fortbildung zum Thema Allergie nicht nur für Dermatologen, sondern auch für Pneumologen, Pädiater und Allgemeinmediziner interessant.

Und wie bilden Sie sich persönlich am liebsten fort?

Mir sind kleinere regionale Veranstaltungsformate sehr sympathisch, wo man sich intensiv mit ausgewählten Inhalten beschäftigt. Sie bieten zudem eine exzellente Gelegenheit, Beziehungen zu pflegen und neue Kontakte zu knüpfen, die im Praxisalltag immer wieder von Nutzen sein können. Gerade in der heutigen Social-Media-geprägten Welt ist der persönliche Kontakt etwas Wichtiges, sonst hat man am Ende 1.000 Friends, aber keinen einzigen wirklichen. (19.3.2018)

 

MR Dr. Johannes Neuhofer ist Präsident des Berufsverbandes Österreichischer Dermatologen.

Das Interview führte Eva Maria Riedmann. Es ist in den Fachmedien “Arzt & Praxis” 2/18 und “SPECTRUM Dermatologie” 01/18 erschienen.