Richtig publizieren – So geht’s!

Effizientes Kommunizieren von Forschungserkenntnissen durch wissenschaftliche Publikationen ist ein wesentlicher Bestandteil von Wissenschaft an sich und vor allem Ihrer akademischen und wissenschaftlichen Karriere.

Das Publizieren von wissenschaftlichen Arbeiten – so genannter „Papers“ – kann jedoch manchmal eine ziemliche Herausforderung darstellen und auch recht frustrierend sein. Die Ablehnungsquote hochrangiger Journals wie etwa „The New England Journal of Medicine“ oder „JAMA“ liegt bei 90 %. Schreiben zu können ist eine Fertigkeit, kein Talent.

Um darin besser zu werden, bedarf es Übung und guter Vorbilder bzw. Inspirationen (z. B. „The New England Journal of Medicine“, „Science“, „Lancet“, „European Urology“). Die fünf Hauptkriterien, anhand derer Ihr Manuskript von den Gutachtern bewertet wird, sind grundsätzlich immer dieselben – Ihre Arbeit muss

  • neu,
  • wahr,
  • wichtig,
  • verständlich
  • und nützlich sein.

Warum überhaupt publizieren?

  • Wissen teilen, einen Beitrag an die wissenschaftliche Gemeinschaft sowie an die Menschheit im Allgemeinen leisten;
  • klares Denken fordern;
  • Nicht publizierte Erkenntnisse gehen mit der Zeit unter und kommen somit niemandem zugute.
  • Karriereförderung: Publikationen dienen als profilierende Referenzen und Zeugnis des ernsthaften Bemühens.

Welche Vorbereitungen sind zu treffen?

wissenschaftlich publizieren 1. Studieren Sie gründlich die relevante Literatur. Limitieren Sie Ihre Recherche nicht ausschließlich auf wissenschaftliche Fachzeitschriften. Prüfen Sie Berichte, Abstracts und Abhandlungen von Meetings. Dies erspart Ihnen Zeit und Muhe. Durch das Lesen wird Ihre Arbeit fokussierter, schneller und effizienter. Es wird Ihnen helfen, die Nische Ihrer Arbeit in der globalen Literatur zu finden und exakt für sich selber zu definieren, was Sie zu sagen haben und in welcher Weise.

2. Machen Sie eine Liste sachdienlicher Publikationen. Verwenden und zitieren Sie diese.

3. Klären Sie die Autorenschaft frühzeitig ab. Inkludieren Sie alle Mitwirkenden entsprechend der Autorenschaftsangaben des Journals. Großzügigkeit zahlt sich aus. Positive Stärkung ist eine Eigenschaft jeder erfolgreichen Führungspersönlichkeit.

4. Wählen Sie eine oder mehrere der Fachzeitschriften aus, in denen Sie publizieren mochten und die Ihrer Thematik und Herangehensweise entgegenkommen. Ziehen Sie den„Impact-Faktor“ (Formel, die die Anzahl der Zitierungen des jeweiligen Journals in anderen Journalen im Laufe der letzten zwei Jahre beschreibt) bei der Auswahl Ihres präferierten Journals in Betracht.

5. Setzen Sie Ihr Ziel hoch, aber realistisch – profunde Wissenschaft findet sich nicht nur in „großen“ Zeitschriften. In der Rubrik „Informationen für Autoren“ jedes Journals können Sie folgende nützliche Hinweise erhalten: das Leitbild des Journals, Charakteristika der vom Journal akzeptierten Fachartikel, die Leser-Zielgruppe des Journals, die vom Journal gewünschte Formatierung des Manuskripts, spezifische Anforderungen betreffend Abstracts und Key Words, Copyright, Tabellen und Abbildungen, Quellenangaben und etwaige Kosten für den Autor.

6. Legen Sie frühzeitig Ihre Leser-Zielgruppe fest. Überlegen Sie sich, was diese Personen bereits wissen konnten und was sie noch zusätzlich wissen sollten. Worin liegen die Interessen und Prioritäten Ihrer Leser?

7. Schreiben Sie im Stil des Journals, bei dem Sie Ihr Manuskript einreichen mochten, und halten Sie sich gewissenhaft an dessen gewünschte Richtlinien. Obwohl selbstverständlich der Inhalt Ihres Artikels im Vordergrund steht, sollte auch dessen Präsentation Sorgfalt, Gliederung und Präzision aufweisen. Ein stark abweichender Stil konnte beim Gutachter den Verdacht erwecken, Ihr Artikel wäre zuvor bei einem anderen Journal bereits abgelehnt worden.

8. Legen Sie die Hauptaussage Ihres Artikels von Anfang an fest. Machen Sie eine grobe Skizze davon, was Sie schreiben mochten, inklusive Ihrer Forschungsergebnisse und einer Diskussion derselben. Dies hilft Ihnen, Zeit zu sparen, beim Studieren der Literatur den Fokus zu bewahren sowie die jeweiligen Argumente und erforderlichen Schlüsselinformationen aus Publikationen herauszufiltern.

Anregungen zum Verfassen des Manuskriptes

Manuskript erstellen

Entscheiden Sie sich für die Hauptaussage, die Sie mit Ihrer Arbeit vermitteln mochten. Überladen Sie diese nicht mit zusätzlichen „interessanten Beobachtungen“, die für das Schlüsselergebnis letztlich nicht von Relevanz sind.

Bringen Sie Ihren Text in eine Form, die es dem Leser (bzw. dem Gutachter) so leicht wie möglich macht, ihn zu lesen. Jeder Absatz sollte einen Baustein darstellen. Vermitteln Sie in einem einleitenden Satz zu Beginn jedes Absatzes die Kernaussage, sodass für den Leser ein klarer Übergang zwischen dem vorausgehenden und nachfolgenden Gedanken entsteht.

Stellen Sie Ihre Forschungsergebnisse bestmöglich in der logischen Reihenfolge dar, und nicht in der chronologischen, in der sie ausgeführt wurden. Gehen Sie danach einen Schritt zurück, führen Sie sich nochmals vor Augen, zu welchen Ergebnissen Sie bei Ihren wissenschaftlichen Nachforschungen gekommen sind und bringen Sie alles in eine verständliche, aufeinander aufbauende Reihenfolge.

Forschungsergebnisse müssen als richtig beurteilt worden sein. Stellen Sie sicher, dass etwaige Aspekte der Wiederholbarkeit und statistischen Gültigkeit abgeklärt sind. Wenn möglich, wiederholen Sie den Versuch mehrere Male, präsentieren Sie einen Mittelwert und geben Sie die Inter- und Intra-Experiment-Variabilität an.

Seien Sie bemüht, die höchsten Standards wissenschaftlicher Berichterstattung einzuhalten. Verwenden Sie korrekte statistische Methoden, Interpretationen und Berichtssysteme (nehmen Sie gegebenenfalls die Expertise eines Biostatistikers in Anspruch). Neben dem Vorlegen von aussagekräftigen statistischen Daten muss Ihr Bestreben auch darin liegen, diese so zu präsentieren, dass auch die kritischsten Leser von deren Zuverlässigkeit und Adäquanz überzeugt werden. Hochrangige Journale beschäftigen Biostatistiker in ihren Redaktionskomitees und werden das Manuskript höchstwahrscheinlich von entsprechenden Fachgutachtern auf statistische Mangel überprüfen lassen.

Verwenden Sie eine präzise und unmissverständliche Terminologie, speziell was die Statistik anbelangt.

Seien Sie klar, logisch, prägnant und bündig in der Gestaltung Ihres Textes. Vermeiden Sie Wiederholungen, es sei denn, Sie mochten etwas besonders hervorheben. Publikationen in Top-Journalen wie zum Beispiel „Nature“ und „Science“ sind in der Lage, auch mit ein paar wenigen Worten „die Welt zu verändern“.

Der erste Eindruck ist ausschlaggebend (Abstract und Einleitung) – verspielen Sie nicht bereits hier das Interesse des Gutachters.

Visuelle Präsentationen in Form von Tabellen und Grafiken sind sehr effektiv und leserfreundlich (besonders für den so gut wie ausnahmslos zu später Stunde lesenden Gutachter). Wiederholen Sie die Erkenntnisse aus Ihren Tabellen und Grafiken nicht im Text. Als Faustregel gilt: Eine Abbildung oder Tabelle ist gleichzusetzen mit 250 Wörtern. Die Hauptaussagen eines Papers werden meist in Tabellen und Grafiken getroffen!

Verwenden Sie ausschließlich Grafiken von höchster Qualität.

Vergessen Sie nicht, am wichtigsten sind die Aspekte Neuartigkeit und Auswirkung auf den Fachbereich. Verweisen Sie in Ihrer Einleitung und weiteren Erörterung besonders auf die Originalität und Relevanz Ihrer wissenschaftlichen Erkenntnisse. Beschreiben Sie, wie diese zum Fortschritt im jeweiligen Bereich beitragen und welchen nachhaltigen Einfluss sie auf andere Menschen haben können.

Publizieren Sie Forschungsergebnisse (Primärdaten) niemals mehrfach.

Versuchen Sie, statt einer Zerstückelung Ihrer Erkenntnisse in mehrere „nichtssagende“ Papers lieber eine zusammenhängende und bedeutungsvolle Arbeit zu schaffen.

Überprüfen Sie Ihr Manuskript nochmals auf Einheitlichkeit (Tragen alle Satze in jedem Absatz jeweils zu seiner Kernaussage bei?) und Kohärenz (Bauen Sie fliesende Übergange ein.).

Lesen Sie Ihre Arbeit mehrere Male gründlich durch, bevor Sie diese absenden. Kontrollieren Sie nochmals penibel Ihre Quellenangaben, Namen, Daten, Zahlen, Titel und Adressen. Ungenaue Referenzen oder Tippfehler konnten schnell ein schlechtes Licht auf die Aussagekraft Ihrer wissenschaftlichen Arbeit werfen.

Bevor Sie Ihre Arbeit abschicken…

roter briefkasten

Alle Autoren haben das Manuskript durchgelesen und sind damit einverstanden.

Lassen Sie einen Mentor oder Vorgesetzten Ihren Text auf klare Darstellung und Kohärenz überprüfen.

Manche Journale verlangen ein Begleitschreiben. Verfassen Sie in diesem Fall einen aussagekräftigen Brief („we discovered“ oder „we found“ ist besser als „in an extension …“), in dem Sie die Neuartigkeit und Signifikanz Ihrer Forschungsergebnisse hervorstreichen.
Dies dient dem Gutachter – der höchstwahrscheinlich in Zeitnot ist – als Leitfaden. Vermeiden Sie es jedoch, sich selbst als „… the first …“ darzustellen – es gibt immer jemanden, der in Ihrem Feld schon vor Ihnen das Gleiche in einem größeren Kontext vorgeschlagen oder unternommen hat.

Einige Zeitschriften nehmen Vorschlage für fachkundige Gutachter an. Schlagen Sie allerdings keine Mentoren oder Kollegen von Ihnen vor, da die meisten Gutachter eine PubMed-Suche nach Ihren früheren Publikationen durchfuhren.

Geben Sie einen potenziellen Interessenkonflikt an. Die meisten, wenn nicht alle Journale verlangen eine Offenlegung/Disclosure.

Der Review-Prozess

Erhalten Sie einen Review mit dem Vermerk der Bereitschaft, eine Annahme etwa nach entsprechender Überarbeitung zu überdenken, wagen Sie dies sorgfältig ab. Lohnt es sich, die z. B. zusätzlich erforderlichen Versuche durchzuführen? Werden diese ausreichen, um den Gutachter zu überzeugen? Oder sollten Sie lieber eine Einreichung bei einer anderen Fachzeitschrift mit niedrigerem Impact-Faktor in Erwägung ziehen, um die Chance auf eine zeitgerechte Annahme Ihrer Publikation zu erhöhen?

Wenn Sie ein überarbeitetes Manuskript abermals einreichen, schreiben Sie jedem Gutachter eine detaillierte Antwort, indem Sie jede von ihm gestellte Frage zitieren und diese anschließend beantworten (mit neuen Daten, einer Erklärung bzw. einem wohlüberlegten Gegenargument). Wenn Sie Ihren Standpunkt in einer respektvollen Art und Weise darstellen, werden die meisten Gutachter Meinungsverschiedenheiten tolerieren.

Kontaktieren Sie das Redaktionsbüro des Journals, falls Sie binnen zwei Monaten keine Rückmeldung erhalten – es kann durchaus vorkommen, dass Manuskripte verlegt werden bzw. verloren gehen, auch im elektronischen Zeitalter.

Akzeptieren Sie eine Absage, solange diese nicht offensichtlich unangebracht ist. Die besten Zeitschriften weisen wie bereits erwähnt mehr als 80 % aller eingereichten Manuskripte ab. Fachgutachter sind nicht perfekt, aber ermächtigt, entsprechende Urteile abzugeben. Lernen Sie aus der Kritik, welche weiteren Forschungen erforderlich sind und wie Sie Ihren Fall noch besser präsentieren können.

 

Prim. Univ.-Prof. Dr. Shahrokh F. Shariat
Universitätsklinik für Urologie, Comprehensive Cancer Center,
Medizinische Universität Wien

Mit freundlicher Unterstützung entnommen aus SPECTRUM UROLOGIE 3/2015