Die Brückenbauerin

Ulrike Königsberger-Ludwig galt als eine der beliebtesten Landespolitiker:innen in Niederösterreich und lief auch dem dortigen Parteichef Sven Hergovich (SPÖ) den Rang ab. Dabei machte die rote Landesrätin vor allem während der Coronapandemie gemeinsam mit ÖVP-Landeshauptfraustellvertreter Stephan Pernkopf als lösungsorientierte Sachpolitikerin auf sich aufmerksam. Seite an Seite manövrierten die beiden das Bundesland durch die Pandemie. „Das Gesundheitswesen steht vor großen Herausforderungen. Wir müssen alle einbeziehen. Meine Stärke war immer, Brücken zu bauen. Und ich werde genau daran weiterarbeiten“, sagt die 1965 in Linz geborene Amstettenerin.

Angelobung Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen; © BKA

Vertrauen wiederherstellen

Als Hergovich während der turbulenten Regierungsverhandlungen als möglicher Minister gehandelt wurde, galt Königsberger-Ludwig als seine logische Nachfolgerin in Niederösterreich. Am Ende kam es genau umgekehrt. Königsberger-Ludwig wechselte in die Regierung, Hergovich blieb in St. Pölten. Und musste den von ihr mitverhandelten „Gesundheitspakt 2040+“ finalisieren. Was ihm nicht leichtfiel, wie man hört, denn Königsberger-Ludwig soll auch hier recht pragmatisch Lösungen mit der ÖVP-FPÖ-Koalition gesucht haben. In Wien will sie nun an ihre Erfolge als Landesrätin in Niederösterreich anknüpfen.

Die Herausforderungen sind allerdings enorm. Die ÖGK steht vor Milliardenverlusten nach den Pandemiejahren einerseits und der folgenden Rezession andererseits. Zuerst stiegen die Ausgaben, jetzt sinken die lohnabhängigen Einnahmen. Dazu kommt ein strukturelles Problem: Die Bundesländer sind bekanntlich für die Spitäler zuständig, die Krankenkassen für den niedergelassenen Bereich. Pauschal müssen die Kassen einen Teil ihrer Einnahmen an die Spitalsfonds der Länder abführen, mitreden dürfen sie aber nicht. Wenn nun zunehmend Leistungen aus den Spitälern in den niedergelassenen Bereich verlagert werden, kostet das die ­Kassen doppelt. Die Zahlungen an die ­Spitäler, die ebenfalls defizitär sind, werden nicht weniger. Und so gibt es seit Jahren ein Zerren zwischen Ländern und Kassen. Echte ­Strukturreformen lehnen beide Seiten ab.

Ulrike Königsberger-Ludwig, Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz; © BMASGPK / Roland Ferrigato

Die Auslagerung der Gesundheit in ein Staatssekretariat sei hier ein Vorteil, ist Königsberger-Ludwig überzeugt: „Das betont die Wichtigkeit des Gesundheitsthemas, dem sich jetzt mit Korinna Schumann als Ministerin und mir gleich zwei Politikerinnen widmen.“ Alles stehe und falle damit, dass ein ausreichendes Angebot im niedergelassenen Bereich vorhanden ist. Also müsse es gelingen, mehr Ärzt:innen in das Kassensystem zu bringen bzw. in dieses zurückzuholen. „Bei allen Problemen – vieles funktioniert gut, dank der unglaublich engagierten Menschen, die im Gesundheitswesen arbeiten. Ich habe den Eindruck, dass alle Systempartner das gemeinsame Ziel haben, unser solidarisches Gesundheitssystem zu stärken“, unterstreicht die Staatssekretärin. Neben einem Innovations- und Ausbauschub bei den Primärversorgungszentren kündigt sie unter anderem den Ausbau der Erstversorgungsambulanzen, die Stärkung der Prävention und der Gesundheitskompetenz sowie die Umsetzung von konkreten Projekten in den Bereichen Frauen- und Kindergesundheit an. Oberste Prämisse sei jedenfalls, das Vertrauen der Menschen in das Gesundheitssystem wiederherzustellen.

Anreize schaffen

An vorderster Stelle stehe dabei ein Innovations- und Ausbauschub bei den Primärversorgungszentren. Weitere wichtige Vorhaben seien der Ausbau der Erstversorgungsambulanzen, die Stärkung und bessere Information über die Hotline 1450, die Umsetzung von Projekten in den Bereichen Frauengesundheit, Kindergesundheit und psychische Gesundheit sowie die Forcierung der Telemedizin und der Digitalisierung. Die Präferenz liege bei Anreizen. „Wir analysieren das gerade im Detail, hier gibt es hervorragende Vorarbeiten. Wir haben mit 1450 eine Gesundheitshotline, die eine durchaus prominente Rolle spielen soll. Darüber hinaus müssen wir kreativ sein. Ein Anreizmodell könnte sein, dass Personen, die den vorgesehenen Pfad nehmen, einen schnelleren Zugang zu bestimmten Vorsorgeuntersuchungen bekommen. Die Menschen müssen den Nutzen der Lenkungssysteme konkret spüren, dann werden sie sie auch annehmen“, erklärt Königsberger-Ludwig. Es sei ihr Ziel, eine rasche, wohnortnahe und qualitätsvolle medizinische Versorgung für alle Menschen in Österreich zu gewährleisten.

Eine Behandlung am „Best Point of Service“ würde zudem garantieren, dass sowohl die humanen als auch die finanziellen Ressourcen bestmöglich genutzt werden. Dabei will die Gesundheitsstaatssekretärin „nicht über Leistungskürzungen sprechen“. Auch wenn etwa Krankenkassen sparen müssten, solle die Behandlungsqualität nicht sinken. Vielmehr will Königsberger-Ludwig die Prävention ausbauen. „Ärztinnen und Ärzte müssen wieder gerne im öffentlichen Gesund­heitssystem arbeiten, und die Bevölkerung muss wieder mehr Vertrauen in die Leistungen fassen.“

E-Health könnte dabei ein, aber nicht DER Baustein sein. „Die Digitalisierung in der Medizin ist ein wichtiger Baustein, um unser solidarisches Gesundheitssystem zu stärken, kann aber kein Allheilmittel sein“, betont die Staatssekretärin. Digitalisierung müsse sowohl für die Patient:innen als auch für das medizinische Personal einen Mehrwehrt bieten. „Dazu muss der Zugang niederschwellig, nutzerfreundlich und sicher sein“, fordert sie. Wichtige Schritte seien die Weiterentwicklung der elektronischen Gesundheitsakte ELGA, einheitliche Angebote über Bundesländergrenzen hinweg sowie die Anbindung aller Gesundheitsberufe und eine aussagekräftige Diagnosecodierung. „Nur, wenn wir alle Nutzerinnen und Nutzer mitdenken, kann Digitalisierung echte Effizienzpotenziale heben und die Versorgung nachhaltig verbessern“, ist Königsberger-Ludwig überzeugt.