Hören Sie schon richtig zu?

„Wir überzeugen mit unseren Key Messages.“ Kaum ein Satz hat über viele Jahre die Arbeit im Pharma-Außendienst so sehr geprägt wie dieser. Wir haben gelernt, mit Fakten zu überzeugen, mit Argumenten zu punkten und mit Materialien zu stützen. Der Fokus war klar: senden, senden, senden.
Doch die Erwartungen unserer Gesprächspartner:innen haben sich geändert. Ärzt:innen und Apotheker:innen wollen keine einseitigen Vorträge mehr. Sie wollen Austausch, echten Dialog, Relevanz. Aber genau hier liegt das Problem: Der Dialog ist oft keiner. Zu oft reden wir statt zuzuhören. Zu oft sind wir gedanklich schon beim nächsten Argument, bevor unser Gegenüber seinen Satz beendet hat. Zu oft interpretieren wir eine Pause als Einladung zum Monolog.

Das Resultat? Verpasste Signale, oberflächliche Gespräche, fehlende Nähe. Wenn wir nur unsere Botschaften platzieren, ohne den Bedarf des Gegenübers zu erfassen, sprechen wir ins Leere. Was bringt der perfekte Wirkmechanismus, wenn das eigentliche Problem die Therapietreue ist? Was nützt das beste Studienergebnis, wenn die Patientenversorgung in der Praxis ganz andere Hürden hat?

Die alte Logik – „je besser die Botschaft, desto erfolgreicher das Gespräch“ – greift heute zu kurz. Denn Information ist längst kein knappes Gut mehr. Was zählt, ist Kontext. Und den verstehen wir nur, wenn wir fragen, schweigen, nachhaken. Zuhören ist kein Zeichen von Schwäche oder Unsicherheit, es ist ein Zeichen von Professionalität.

Und kein „Kanal“ im Kommunikationsmix der Pharmaindustrie kann besser zuhören als der Pharma-Außendienst. Seine Gespräche entscheiden über Relevanz und Vertrauen. Und daher braucht es den Perspektivenwechsel: weg vom Sender, hin zum echten Dialogpartner.

5 Impulse, die ich meinen Teilnehmer:innen in Außendienst-Trainings ­vermittle:

  1. Absicht statt Automatismus: Geh in jedes Gespräch mit der bewussten Entscheidung, zu verstehen – nicht zu überzeugen. Die Haltung verändert alles.
  2. Zuhören ohne Drehbuch: Wer innerlich schon die nächste Key Message senden will, verpasst die Zwischentöne. Lass das Skript los. Hör, was gesagt wird – nicht, was du hören willst.
  3. Pausen aushalten: Nicht jede Gesprächspause ist eine Lücke, die wir füllen müssen. Oft entstehen gerade im Stillen die wichtigsten Gedanken.
  4. Nachfragen statt bewerten: Eine kluge Nachfrage zeigt echtes Interesse – und öffnet Türen. Wer vorschnell bewertet, verschließt sie. Denn wir hören zu, um zu verstehen, und nicht, um zu antworten.
  5. Körpersprache sprechen lassen: Zuhören ist auch nonverbal. Blickkontakt, ein Nicken, eine offene Körperhaltung – all das signalisiert: Ich bin da, ich bin bei dir.

Wir brauchen keine lauteren Botschaften. Wir brauchen klügere Gespräche und eine neue Kultur des Zuhörens. Denn die besten Gespräche beginnen mit dem Moment, in dem wir wirklich zuhören.