Dr. Rainer Thomas ist gelernter Jurist und hatte als solcher immer mit dem Gesundheitswesen zu tun – zuerst als Universitätsassistent am Institut für Arbeits- und Sozialrecht der Uni Wien, wo er in Sozialversicherungsrecht promoviert hat, dann in der Wirtschaftskammer Österreich und später im Kabinett von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner. Danach wechselte er für drei Jahre in den Hauptverband der Sozialversicherungsträger und war dort für Grundsatzangelegenheiten zuständig. Nach der Sozialversicherungsreform war er stellvertretender Generaldirektor der ÖGK. Im Sommer folgte dann der Wechsel in die PHARMIG als „Head of Public Affairs and Market Access“.

Dr. Rainer Thomas ist aus dem Management der Österreichischen Gesundheitskasse in den Pharmaverband PHARMIG gewechselt.; © PHARMIG_Katharina Schiffl
„In dieser Position ist er Teil des Managementteams und unterstützt Generalsekretär Mag. Alexander Herzog in der Stakeholder-Arbeit auf nationaler und europäischer Ebene, speziell hinsichtlich des Austausches mit Politik, Behörden, Sozialversicherung, Angehörigen und Institutionen der Fachkreise sowie Patientenorganisationen“, teilte die PHARMIG mit. Thomas selbst formuliert es so: „Die Möglichkeit in der PHARMIG ist für mich hoch spannend. Ich wollte weiterhin im gesundheitspolitischen Umfeld bleiben und dort gestaltend meine Expertise einbringen. Ich empfinde das nicht als Seitenwechsel. Es gibt eine starke einende Komponente: Alle wollen die beste Versorgung für die Patientinnen und Patienten.“ Er wolle die Pharmaindustrie gut bei Entscheidungsträger:innen positionieren und Themen erklären. Zentral sei der Zugang von Menschen zu innovativen Produkten. „Rainer Thomas ist ein ausgewiesener Kenner des österreichischen Gesundheitssystems. Durch seine jahrzehntelange Erfahrung und seine externe Expertise wird er in dieser zentralen Rolle im Verband wesentliche Impulse für die Zukunft der pharmazeutischen Industrie in Österreich setzen können“, streut ihm Herzog Rosen.
Die Themen, die für Thomas besonders im Fokus stehen, sind die Stärkung des Pharmastandortes Österreich, die Mitarbeit an Rahmenbedingungen, die den Zugang zu bewährten wie innovativen Medikamenten für Patient:innen in Österreich fördern, sowie insgesamt auch ein Bewusstsein für den damit zusammenhängenden breiten Nutzen von Medikamenten zu schaffen, insbesondere von neu auf den Markt kommenden Innovationen.
Im Gesundheitswesen selbst ortet Thomas derzeit gute Chancen auf echte Reformen: „Wir müssen sicherstellen, dass Patientinnen und Patienten den idealen Pfad im System haben. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist aktuell so groß wie noch nie. Ich habe den Eindruck, dass es eine hohe Übereinstimmung im Gesundheitswesen gibt, dass Patientensteuerung und auch Digitalisierung wichtig sind.“ Dafür müsse die Politik klare Ziele definieren, wie das System aussehen soll. Deshalb rate er der Politik auch, dass sie „diesen Vorgang wählt, die Versorgung optimal gestaltet und nicht diskutiert, wo schiebe ich was hin“. Das nehmen dann auch die Patient:innen mit. Es brauche diesen Zugang und den müsse man in operationalisierbare Schritte herunterbrechen. Nachsatz: „Ich weiß, wir diskutieren das schon lange, wir sollten aber den Optimismus nicht verlieren. Wir müssen das Gesundheitssystem in eine gute Zukunft führen. Und es dabei nicht nur als Kostenfaktor sehen, sondern auch als Investition – in die Gesundheit der Menschen und auch in den Wirtschaftsstandort.“
Zentral sei dafür auch, eine eigene Life-Science-Strategie in Österreich zu entwickeln. „Wir hinken hier im europäischen Vergleich deutlich hinten nach. Man muss überlegen, was unsere Wachstumsfelder sind. Unsere Branche bietet tolle Voraussetzungen. Hierauf sollte die Regierung einen Fokus richten. Die Signale, die wir erhalten, sind, dass Pharma ein Teil der Industriestrategie sein soll. Man versteht, dass die Pharmaindustrie eine Schlüsselstrategie sein kann und soll. Für mich ist das ein Schwerpunkt, dafür Werbung zu machen und Stärken herauszuarbeiten.“

„Wir müssen sicherstellen, dass Patientinnen und Patienten den idealen Pfad im System haben. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist aktuell so groß wie noch nie”, sagt Rainer Thomas; © PHARMIG_Katharina Schiffl
Allerdings, so Thomas weiter, sollte die Pharmaindustrie nicht nur Teil einer größeren Strategie sein. Es brauche eben eine eigene Life-Science-Strategie. „Damit hat die Regierung noch nicht begonnen. Deutschland ist uns hier voraus, und die Ergebnisse dort sind sensationell. Sie haben dadurch Milliardeninvestitionen an Land gezogen“, sagt er. In Deutschland sei sogar die Rede vom neuen deutschen „Pharmawunder“. Die Hürde für die Politik in Österreich sei möglicherweise, dass Life Science politikfeldübergreifend ist – Forschung, Gesundheit, Wirtschaft greifen ineinander. „Das zusammenzuführen ist herausfordernd und es stellt sich auch die Frage, wo die Politik ihre Schwerpunkte setzt. Es braucht eine eigene Life-Science-Strategie mit drei Schwerpunkten: Forschung, Produktion und Marktzugang“, so Thomas.
Dass die Politik hier Berührungsängste mit der Pharmaindustrie habe, nehme er so nicht wahr: „Die Politik hat das Potenzial schon erkannt. Man muss eher überzeugen, wie man den Prozess gestaltet.“ Die jüngste Verlängerung der Preisregeln für Generika und Biosimilars sehe er deshalb positiv. „Planungssicherheit ist extrem wichtig. Es wäre schön, wenn das ins Dauerrecht käme. Wir wollen die nächsten Jahre nutzen, um das zu diskutieren und zu verbessern.“ Es sei Zeit, Innovationen als Investition zu sehen. „Das Gesundheitswesen kann sich nur mit und über Innovation weiterentwickeln. Wir müssen uns die Frage stellen, wie man es schafft, Innovation in Gesundheit umzuwandeln.“ Dazu brauche es einen Ruck im Gesundheitssystem, um das umfassender zu betrachten. Thomas: „Es geht darum, den Wert von Innovation anzuerkennen. Darauf sollten wir uns verständigen, wir wollen moderne Therapien den Menschen zur Verfügung stellen. Wir können es uns nicht leisten, Innovation nicht zur Verfügung zu stellen.“