3D-Druck in der Medizin zeigt Zukunftspotenzial

Schweizer Forscher haben Mini-Organe aus dem 3D-Drucker entwickelt. Forschern der Uniklinik Innsbruck gelang es erstmals, auch feinste Gefäßstrukturen zu erzeugen. Die Anwendungsgebiete reichen vorerst von der Medikamententestung bis zur Tumorforschung.

Forschende der Hochschule ETH Lausanne (EPFL) haben aus lebenden Zellen zentimetergroße Mini-Organe gedruckt. Sie sehen fast so aus wie ihr Pendant in Originalgröße, wie die Wissenschafter im Fachmagazin „Nature Materials“ berichten. Heute schon erschaffen Forscher kleine Organe aus Stammzellen. Bisherige Ansätze führen jedoch dazu, dass sich die Zellen zu winzigen Hohlkugeln zusammensetzen. Doch viele Organe wie der Darm oder die Atemwege seien röhrenförmig und viel größer, sagte Matthias Lütolf von der EPFL laut einer Mitteilung der Hochschule. Die Lösung fanden er und sein Team im sogenannten Bioprinting. Anders als herkömmliche 3D-Drucker nutzen Bioprinter biologische Tinten oder Gele, die lebende Zellen einkapseln.

So installierten die Forschenden auf einem Mikroskop-Tisch eine Platte mit einem Gel und entwarfen ein Gerät, das lebende Zellen mit einer dünnen Düse ansaugt. Nachdem sie Darm-Stammzellen ausgesät hatten, begannen die Zellen zu wachsen. Sie bildeten ein röhrenförmiges Gewebe, das viele Merkmale eines natürlichen Darms aufwies. Die Forscher bauten auch Teile des Magens, des Dünndarms und des Dickdarms, die sie miteinander verbanden.

Forschern des Bioprinting-Labors der Med-Uni Innsbruck wiederum ist es dieser Tage erstmals gelungen, ein dreischichtiges, lebendes Hautmodell zu drucken, das spontan feinste Gefäßzellen ausbildet. Seit eineinhalb Jahren werde an dem Projekt gearbeitet, dass Tierversuche in Zukunft vermeiden solle, so die zuständigen Forscher im APA-Interview. Nun sei es von der Forschungsförderungsgesellschaft finanziert worden. Es würden sich viele Anwendungsgebiete ergeben. „Das Drucken von vaskularisiertem Gewebe galt lange als der Heilige Gral auf dem Gebiet des Bioprintings“, erklärte Michael Außerlechner, Leiter des Molekularbiologischen Forschungslabors der Uniklinik Innsbruck. Bestimmte Interaktionen, etwa in der Tumorforschung oder Medikamententestung, seien in 2D-Modellen nicht testbar. „Eine Mikrometastase etwa kann aber einer bestimmten Größe nur bestehen, wenn Gefäßzellen in den Tumor hineinwachsen“, illustrierte der Forscher an einem Beispiel. Durch 3D-Bioprinting könne die Feinstruktur eines bestimmten Organs nachgebildet werden.

Auch die Tiroler Forscher drucken bioaktive, mit lebenden Zellen versetzte Protein-Gele auf einen Plexiglas-Chip. Das Hautmodell-am-Chip wachse und organisiere sich dann selbstständig. Bis sich Gefäßstrukturen ausbilden, daure es zwischen sechs und acht Tage. „Mit der Zeit bildet sich ein dreischichtiges Modell bestehend aus Blutgefäßen, Bindegewebe und letztlich der Epidermis, die die Barriere zur Umwelt bildet. Diese Hornschicht ist essenziell für die Funktion, und entsteht, weil das Gewebe der Luft ausgesetzt ist“, erläuterte Judith Hagenbuchner, Leiterin des 3D-Bioprinting Labors der Uniklinik Innsbruck.

„Bisher haben wir zweischichtige Hautmodelle entwickelt. Der Durchbruch gelang uns durch die Kooperation mit unserem Firmenpartner Arthro Kinetics Biotechnology GmbH, der signifikantes Know-How im Bereich klinisch-anwendbarer Biomaterialien besitzt“, erläuterte Hagenbuchner. Der Firmenpartner mit Sitz in Krems sei auf die Herstellung von künstlichen Bandscheiben spezialisiert, mit denen weltweit Patienten behandelt werden. Die Firma verfüge daher, so die beiden Forscher, über wertvolles Wissen in der Herstellung von Kollagen, einem wesentlichen Bestandteil menschlichen Bindegewebes.

Transplantiert werde die gezüchtete Haut noch nicht. „Es wäre denkbar, allerdings stellt sich die Frage, ob es sich um eine Therapie oder ein Medizinprodukt handelt“, erläuterte Außerlechner. Ebenfalls noch Zukunftsmusik sei der 3D-Druck ganzer Organe: „Ein menschliches Herz besteht aus 100 Milliarden Zellen. Eine Petrischale, wie wir sie im Labor verwenden, fasst rund fünf Millionen Zellen. Ein solches Unterfangen übersteigt derzeit unsere Kapazitäten“, gaben die Forscher zu bedenken. Außerdem stünden Zellen im Organ in einem hochkomplexen Verhältnis zueinander. Unmöglich seien im Labor gezüchtete Organe aber nicht. Verhältnismäßig einfache Organe, wie etwa eine Blase, können bereits gedruckt und Patienten implantiert werden. (red/APA)

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