Ärztekammer warnt: Impfungen um 90 % zurückgegangen

steinhart(c) ÖÄK / Bernhard Noll

Corona brachte einen massiven Rückgang bei Impfungen. Nach dem Wiederhochfahren der Arztpraxen müsse nun der vorsorgemedizinische Nachholbedarf schnell ausgeglichen werden, sagte Johannes Steinhart, Vizepräsident der ÖÄK.

„Wir verzeichnen derzeit einen problematischen Rückstau in der Vorsorgemedizin, der auch eine größer werdende Impflücke einschließt“, betonte Johannes Steinhart, Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte und Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer, bei einem Pressegespräch am Donnerstag. Weil die Regierung während des Lockdown Patienten aufgerufen hat, nur im Akutfall Arztpraxen aufsuchen um das Risiko einer Infektionsübertragung zu minimieren, „wurden viele Vorsorgemaßnahmen, darunter auch Impfungen, verschoben“, sagte Steinhart. „Die Impflücke, die schon aufgrund der verbreiteten Impfskepsis ohnehin größer ist, als es der Gesundheit zuträglich ist, vergrößerte sich weiter.“ Durch große Verunsicherung der Bevölkerung sei es bei der Impfaktivität zu drastischen Einbrüchen um bis zu 90 Prozent gekommen, sagte Rudolf Schmitzberger, Leiter des ÖÄK-Impfreferates: „Es gibt also viel zu tun. Es gilt, durch Impfungen Vermeidbares zu vermeiden. Wer Vorsorge betreibt, etwa durch eine Influenza-Impfung, der entlastet auch die Spitäler“, betonte Schmitzberger. Nach dem Wiederhochfahren der Arztpraxen müsse der vorsorgemedizinische Nachholbedarf möglichst schnell ausgeglichen werden, forderte Steinhart.

„Sars-CoV-2 hat es auch mit sich gebracht, dass dem Thema Impfen jetzt verstärkte und überfällige Aufmerksamkeit zuteil wird“, analysierte Ursula Wiedermann-Schmidt, Leiterin des Instituts für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin und Vorstand des Zentrums für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie der Meduni Wien. Im Mittelpunkt des Interesses stünden dabei nicht nur die Entwicklung eines Impfstoffes gegen Sars-CoV-2, sondern auch Impflücken. Lücken bei der Influenza-Impfung seien etwa bedeutsam, weil ein mögliches Zusammenfallen einer Grippewelle mit einer COVID-19 Welle die österreichische Spitals- und Intensivbetten-Infrastruktur überfordern kann. Auch Wiedermann-Schmidt sieht jetzt einen günstigen Zeitpunkt, um Impfungen nachzuholen. „Arztpraxen können beim Einhalten entsprechender Sicherheitsvorkehrungen ohne erhöhtes Risiko aufgesucht werden.“ (red)