Analyse zeigt, welche Gesundheits-Apps sinnvoll sind

Das Austrian Institute for Health Technology Assessment (AIHTA) hat eine Orientierungshilfe zur evidenzbasierten Beurteilung von Gesundheits-Apps veröffentlicht.

Kranken- oder Gesundheitskassen fehlen klare, abgestimmte Kriterien, nach denen sie den Nutzen von Gesundheits-Apps beurteilen und so Kosten übernehmen können. Das Austrian Institute for Health Technology Assessment (AIHTA) hat daher jetzt eine Orientierungshilfe veröffentlich, die auf der kritischen Analyse von sechs existierenden Konzepten und elf Apps beruht. Die Analyse zeigt, dass Wirksamkeitsnachweise in verschiedenen Ländern durchaus unterschiedlich eingefordert werden. In nur wenigen Fällen werden klare Anforderungen an Studien festgelegt, die einen gesundheitlichen Nutzen der Apps nachweisen könnten.

Das Spektrum der Apps reicht vom passiven Monitoring von Körperfunktionen (z. B. Blutzucker-, Herzfrequenzmessung) über Erinnerungs-Apps zur Einnahme von Medikamenten (z. B. Antidepressiva) bis zu Diagnose-Tools für Hautveränderungen (z. B. Melanome). Je nach potentiellem Risiko, das mit der Nutzung der App einhergeht, bedarf es bereits bei der Zulassung klinischer Studien (z. B. Melanomdiagnostik) – oder eben nicht (z.B. bei Schrittzählern). Der Nachweis ihres Nutzens für Erstattungsentscheidungen der Krankenkassen ist hingegen derzeit im besten Fall uneinheitlich oder im schlechtesten Fall gar nicht geregelt.

Als Grundlage für die Analyse des AIHTA dienten sechs Methodenpapiere weltweit renommierter Institute, in denen Herangehensweisen zur Entscheidungsunterstützung von Gesundheitskassen vorgeschlagen wurden. Weiter wurden elf Apps identifiziert, für deren Nutzung nationale Gesundheitskassen in Deutschland, den Niederlanden oder Belgien die Gebühren bereits ersetzen. „Hier hat der digitale Fortschritt das Gesundheitssystem in Europa klar überrollt“, subsummiert Claudia Wild, Direktorin des AIHTA. Tatsächlich fand das Team des AIHTA bei den sechs von ihm untersuchten Frameworks in nur einem Fall die Notwendigkeit, Health-Apps nach Risikoklassen zu klassifizieren. „Einen Lichtblick bildete jedoch das britische National Institute for Health and Care Excellence NICE, das sowohl Studiendesigns vorschlug als auch klar eine Einteilung nach Risikoklassen für Health-Apps forderte. Es diente uns daher auch als Vorbild für unsere Empfehlungen.“

In diesen Empfehlungen an heimische Gesundheitskassen spricht sich das AIHTA für die Kombination mehrerer Frameworks aus und empfiehlt ein abgestuftes Vorgehen. In einem ersten Schritt soll für Health-Apps eine Einteilung nach Risikoklassen sowie eine Überprüfung der für Medizinprodukte notwendigen CE-Kennzeichnung erfolgen. Anschließend, so die AIHTA-Empfehlung, sollte sich am NICE-Framework hinsichtlich der Risikoklassen und den entsprechenden Evidenzerfordernissen orientiert und gleichzeitig etwaige bereits vorliegende Belege für die Wirksamkeit erfasst werden. Die abschließende Evaluation sollte dann Health-Technology-Assessment-Aspekte berücksichtigen und sich nach Erwartungen zur Wirksamkeit und zu Folgewirkungen richten. In Anbetracht der Novität eines solchen Evaluationsprozesses empfiehlt das AIHTA zunächst mit einer Pilotphase zu beginnen, die eine spätere Adaptierung ermöglicht. Insgesamt weist das AIHTA auf einen akuten Aufholbedarf im Gesundheitssystem hin, der sich durch die rasante Verbreitung digitaler Gesundheitsanwendungen ergibt – und der ohne Maßnahmen rasch wachsen wird.

Zur Studie: https://eprints.aihta.at/1279