Neue Hoffnungsmeldungen im Bereich Alzheimer: die EU will ein weiteres Medikament zulassen. Allerdings gibt es auch hier noch einige Bedenken und Hürden.
Die EU-Arzneimittelbehörde EMA empfiehlt der Kommission ein weiteres Medikament gegen Alzheimer zuzulassen. Nach einer erneuten Prüfung werde eine EU-Marktzulassung für den Antikörper Donanemab zur Behandlung der Krankheit in der Frühphase empfohlen, teilte der EMA-Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) mit. Allerdings kommt der Wirkstoff Schätzungen zufolge nur für etwa zehn Prozent der Betroffenen infrage und kann nur den Verlauf der Krankheit im Frühstadium etwas verlangsamen. In den USA, Japan, China und Großbritannien ist der Wirkstoff bereits zugelassen. Sollte Brüssel der EMA-Empfehlung folgen, wäre Donanemab der zweite in der Europäischen Union zugelassene Antikörper-Wirkstoff gegen Alzheimer.
Erst im April hatte die EU-Kommission das ähnlich strukturierte Medikament Lecanemab unter strengen Auflagen zugelassen. Beide Präparate arbeiten im Grunde ähnlich: Der Antikörper richtet sich gegen Amyloid-Ablagerungen im Gehirn und soll dadurch den Verlauf der Krankheit im frühen Stadium verlangsamen. Donanemab entferne diese Ablagerungen sogar noch etwas deutlicher als Lecanemab, sagte der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), Peter Berlit. Der Antikörper könne das Voranschreiten der Krankheit um bis ein halbes Jahr verlangsamen.
Allerdings nützt diese Behandlung lediglich zu Beginn der Krankheit: „Wir wissen, dass diese Antikörper nur in den ganz, ganz frühen Stadien der Erkrankungen helfen, wenn es nur leichte kognitive Einschränkungen gibt“, erläutert der Experte. Sprich: Zu diesem frühen Zeitpunkt müsse schon festgestellt sein, dass es Alzheimer ist – und nicht etwa eine vaskuläre Demenz oder eine beginnende Parkinson-Krankheit. Ähnlich wie Lecanemab kommt auch Donanemab nach Angaben der EMA-Expert:innen zudem nur für einen bestimmten Personenkreis infrage: Die Betroffenen dürfen höchstens eine Kopie des ApoE4-Gens haben, das die Informationen zum Bau des Proteins Apolipoprotein E trägt.
Dieser genetische Marker komme bei Alzheimer-Betroffenen gehäuft vor, erläutert Berlit. Studien zeigten, dass als Nebenwirkungen der Antikörper Schwellungen oder Blutungen im Gehirn entstehen können – „vor allem Menschen, die bei diesem ApoE-Gen eine oder zwei Kopien haben“, so Berlit. „Wenn man gar keine Kopie hat, ist das Risiko der Komplikationen bei solchen Therapien verschwindend gering.“ Mit einer Kopie des Gens sei das Risiko noch vertretbar, mit zwei Kopien jedoch nicht mehr.
Donanemab erhielt nach einer anfänglichen Ablehnung nun doch die Empfehlung zur Zulassung. „Bei der ersten Bewertung durch die EMA waren die Fachleute zum Schluss gekommen, dass das Risiko von diesen Ödem-Bildungen und Blutungen im Gehirn zu hoch sei“ im Vergleich zum Nutzen, erklärte Berlit. Nun wurde die Zulassungsregelung verschärft, unter anderem mit dem Ausschluss bestimmter ApoE4-Träger und der Nachweispflicht, dass bei einer Magnetresonanztomographie (MRT) etwa keine Gefäßverengungen gefunden wurden. Eine Therapie sollte von Ärzt:innen durchgeführt werden, die Erfahrung in der Diagnose und Behandlung der Alzheimer-Krankheit und stets Zugang zu MRT hätten, erläutert die EMA. Das könnte sich als Hürde erweisen, da die MRT-Kapazitäten im Gesundheitswesen schon jetzt knapp sind. Zudem sollte das Mittel unter Aufsicht eines multidisziplinären Teams verabreicht werden. Diese solle in der Erkennung, Überwachung und Behandlung von Anomalien im Hirn geschult sein. (red/APA)