Frauen an die Spitze: Was sich im Gesundheitssystem ändern muss…

Dorli Kahr-Gottlieb (c) EHFG

Die Generalsekretärin des European Health Forum Gastein, Dorli Kahr-Gottlieb, möchte über ein neues Netzwerk Frauen im heimischen Gesundheitswesen stärken.

Österreich wird durch das „Austrian Chapter“ ein Teil des „Women in Global Health“-Netzwerkes. Worum geht es dabei? Dieses globale Netzwerk gibt es seit 2015. Es hat damit begonnen, dass vier junge, gut ausgebildete Frauen erkannt haben, dass sie im Gesundheitssystem beruflich immer wieder an Grenzen stoßen – und zwar einzig aus dem Grund, dass sie Frauen sind. Also wollten sie etwas dagegen tun. Das Netzwerk „Women in Global Health“ hat sich dann weltweit unheimlich schnell entwickelt. Inzwischen gibt es 45 teilnehmende Länder, die in sogenannten „Chapters“ länderspezifische Themen bearbeiten, denn diese unterscheiden sich natürlich noch einmal von Land zu Land. Der Grundgedanke ist aber weltweit derselbe: Wir wollen Frauen aus unterschiedlichen Sparten des Gesundheitswesens zusammenzubringen, um gemeinsam in Richtung Geschlechtergerechtigkeit zu arbeiten. Wir wollen Verhältnisse hinterfragen und in Folge Änderungen herbeiführen.

Was muss sich in Österreich ändern? Ein großes Thema hier bei uns ist die Verteilung der Führungsrollen im Gesundheitssystem. Vor allem im klinischen Bereich und in der Pflege, wo vorrangig Frauen arbeiten, die aber in höheren Positionen wenig präsent sind. Die Leitungsrollen werden meist von Männern besetzt. Das macht keinen Sinn. Aber auch im niedergelassenen Bereich sieht man es deutlich, hier braucht man sich nur die Ärztekammer anzusehen. Bei den Studierenden ist das Geschlechterverhältnis 50:50, im Präsidium der Ärztekammer sitzen dann aber nur Männer. Da wird es schon als Erfolg gefeiert, wenn es in einem Bundesland einmal eine Vizepräsidentin gibt. Hier gibt es also noch viel zu tun, das wollen wir uns ansehen. Auch die unbezahlte Pflege wird ein wichtiges Thema sein, denn diese wird nach wie vor hauptsächlich von Frauen getragen.

Wer kann Teil des „Austrian Chapter“ werden und sind schon konkrete Maßnahmen geplant? Am 17. März findet die Auftaktveranstaltung der österreichischen Teilorganisation statt, wo wir gemeinsam herausfinden und festlegen möchten, in welche Richtung wir im ersten Jahr des „Chapter“ gehen wollen, welche Forderungen formuliert werden sollen. Wir möchten ein kollaboratives Netzwerk werden, das Frauen unterstützt – und zwar egal mit welchem Hintergrund, welcher Nationalität, aus welcher Altersstufe. Dass Diversität und Inklusion die Zusammenarbeit stärken, ist inzwischen ja zum Glück schon bekannt. Grundsätzlich soll es ein breitgefächertes österreichweites Netzwerk sein, in dem unterschiedliche Gruppen einzelne Themen behandeln. Die Kerngruppe, welche ich gemeinsam mit Gesundheitsökonomin Viktoria Stein gegründet habe, plant ein reziprokes Mentoring-System, wo erfahrenere Frauen jüngere Kolleginnen unterstützen, aber auch umgekehrt die jüngere Generation Feedback geben soll.

Und wie wird das Netzwerk bisher angenommen? Die ersten Rückmeldungen sind äußerst positiv, wir sehen, dass es auf jeden Fall Bedarf gibt. Wir wünschen uns übrigens, dass auch Männer im Netzwerk sind und unsere Thematiken unterstützen. Gesundheitsminister Johannes Rauch (Anm. Grüne) hat uns ebenfalls seine Unterstützung zugesichert, sich als Feminist bezeichnet und die Wichtigkeit des „Austrian Chapter“ betont. Wir sind hoffnungsvoll, dass wir für die Zukunft wirkliche Veränderungen herbeiführen können. (Das Interview führte Katrin Grabner)