Hitzige Debatten bringen wenig

© Tanzer

Keine Sommerpause gibt es in Sachen Gesundheitsreform. Zu sehr brennt das System an allen Ecken und Enden. Gerade deshalb braucht es jetzt kühle Köpfe.

Arzneimittelengpässe, fehlendes Personal, überarbeitete Beschäftigte, Kompetenzstreitigkeiten: die Liste der Probleme im Gesundheitswesen ist lang. Es reicht längst nicht mehr sich mit politischen Standardfloskeln um alle Schwierigkeiten herum zu reden. Zu komplex sind die Probleme und zu komplex ist das System. Allein die Finanzierungsströme und ihre Wechselwirkungen sind selbst für ausgewiesene Spezialist:innen schwer zu durchblicken. Dass die Bundesländer als Träger für die Spitäler zuständig sind und noch dazu für einen Teil der Finanzierung, ist ein Anachronismus. Dazu kommt, dass die Länder am Ende aller Finanzierungsströme die unter dem Strich stehenbleibenden Defizite der Spitäler allein tragen müssen. Das geht zunehmend ins Geld. Also wird beim Personal gespart und gleichzeitig nach mehr Geld gerufen.

Allerdings verweigern sich die Länder strukturellen Reformen, die auch Verzicht auf Einfluss bedeuten würden. Also wird auf den Rücken der Beschäftigten und der Patient:innen weitergewurschtelt. Das trifft auch den niedergelassenen Bereich, weil seit Jahren versucht wird, Leistungen aus den Spitälern dorthin zu verlagern. Und dabei geht es nicht um die Frage, ob es sich dabei um sinnvolle Dinge handelt, sondern nur das Potenzial der möglichen Einsparungen. Nicht zuletzt deshalb wandern Beschäftigte aus den Spitälern ab. Die Länder reagieren mit populistischen Notmaßnahmen, fordern einen Ausbau der Ausbildung, vergeben Stipendien oder verlangen eine Berufspflicht für Ärzt:innen. All diese Ideen wirken wie aus der Zeit gefallen. Man braucht keine teuren Rechtsgutachten um zu wissen, dass die Beschäftigten auf solche Konzepte mit den Füssen abstimmen und gehen werden.

Es wird Zeit, dass über Reformen im Gesundheitswesen sachlich diskutiert wird und nicht mit Blick auf mediale Schlagzeilen Nebelgranaten gezündet werden. Es wird aber auch Zeit, wieder einen kühlen Kopf zu gewinnen und sich nicht gegenseitig über die Medien auszurichten, für wie inkompetent man die jeweils andere Seite hält. Es geht um das Wohl hunderttausender Beschäftigter im Gesundheitswesen und von Millionen Patient:innen. Das sollte man nicht übersehen, auch wenn einem die eigenen Sorgen verständlicherweise näher liegen. (rüm)