Kassenkrise: Kommen jetzt neue Selbstbehalte?

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Von vielen Gesundheitsberufen als Option befürwortet, von vielen Patient:innen gefürchtet: jetzt könnte die Politik doch auf Selbstbehalte einschwenken. Das Potenzial ist zweifelhaft.

Fragt man Gesundheitsberufe, sind Selbstbehalte durchaus eine Option zur Patient:innensteuerung und Finanzierung des Gesundheitswesens. Fragt man Gesundheitsökonomen führen Selbstbehalte zu verspäteten Behandlungen und letztlich zu hohen Folgekosten. Dennoch gibt es sie im Gesundheitswesen: in der SVS generell, bei der Rezeptgebühr für alle, bald auch bei Heilbehelfen und Krankentransporten. Kommen künftig noch mehr Selbstbehalte?

„Das solidarische Gesundheitssystem muss durch mehr Verantwortungsübernahme des Einzelnen wieder gestärkt werden“, sagte ÖGK-Obmann Peter McDonald (ÖVP) in diesen Tagen. Karlheinz Kornhäusl, ÖVP-Landesrat für Gesundheit der Steiermärkischen Landesregierung, betonte bei einer Tagung: „Was ist Bedarf, und was ist Bedürfnis? Diese Frage werden wir stellen müssen. Wir müssen jedenfalls jeden medizinischen Bedarf abdecken. Es wird aber nicht mehr möglich sein, zu jeder Zeit jedes persönliche Bedürfnis zu erfüllen.“

Offen bleibt, dass die WHO und die EU in neuen Studien betonten, dass vor allem soziale Determinanten die Gesundheitsausgaben beeinflussen. Menschen mit niedrigeren Einkommen haben eine geringere Lebenserwartung und sind öfters krank. Der Unterschied in der Lebenserwartung zwischen der niedrigsten Einkommensgruppe (unter 60 Prozent des mittleren Netto-Äquivalenzeinkommens) und dem der höchsten (über 150 Prozent des mittleren Netto-Äquivalenzeinkommens) beträgt in Deutschland laut einer Studie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin bei Frauen 4,4 Jahre und bei Männern sogar 8,6 Jahre. Das mittlere Netto-Äquivalenzeinkommen der Bevölkerung lag im Untersuchungszeitraum 1992 bis 2016 bei 1.495 Euro im Monat. Selbstbehalte könnten hier die Situation eher verschärfen. (rüm)