Kommentar: So erhöhen globale Umbrüche Lieferengpässe

Die steigende Inflation, der Ukraine-Krieg und die Pandemie zeigen die Abhängigkeit Europas von Rohstoffen und Produkten aus dem Ausland. Das trifft auch das Gesundheitswesen.

77 Vertriebseinschränkungen bei Arzneimitteln meldete die AGES im Jahr 2016, 2019 waren es bereits 323 und aktuell sind 362 Medikamente nicht oder nur eingeschränkt verfügbar. Die Krisen der vergangenen Monate haben die massive Abhängigkeit von Lieferanten außerhalb der EU gezeigt. Und aktuell droht eine neue Verschärfung. So bringen etwa die Teuerung von Produktionskosten und Rohstoffen gerade Generika massiv unter Druck. Mögliche Gasengpässe wiederum treffen die Pharmaindustrie in der Produktion. Aktuell warnt das deutsche Wirtschaftsministerium davor, dass die Null-Covid-Strategie der chinesischen Regierung trotz Lockdown-Lockerungen Risiken für die Wirtschaft in Deutschland und Europa bringt. „Sollte es erneut zu Lockdowns solcher Größenordnungen in China kommen, dann wären verschärfte Lieferengpässe und eine weitere Verlangsamung des Welthandels nicht auszuschließen“, hieß es am Montag.

Seit 1. März soll die Europäische Arnzeimittelagentur EMA ähnlich wie es die AGES für Österreich tut, in Zukunft für die EU das Management der Gegenmaßnahmen bei Arzneimittel-Lieferengpässen übernehmen bzw. diese möglichst zu verhindern versuchen. Der Grund: China fiel während der ersten zwei Pandemiejahre als wichtigster Wirkstoff- bzw. Vorprodukte-Hersteller für Arzneimittel zum Teil aus. Dazu kamen Transportschwierigkeiten und Lieferprobleme in Indien. Die EMA soll deshalb für den Fall einer Krise der öffentlichen Gesundheit in der EU zunächst einmal eine Liste kritischer Arzneimittel und Medizinprodukte erstellen. In einem zweiten Schritt soll es dann zu Vorsorgemanagement mit früher Meldung sich ankündigender Engpässe, Register der vorhandenen Mengen in den verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten etc. kommen.

Das allein wird aber nicht reichen. Europa braucht rasch einen Umbruch, der es aus der Abhängigkeit von Billigproduktionen in Asien löst. Das gleiche gilt für die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und anderen Rohstoffen, die meist aus instabilen Ländern, Autokratien oder gar Diktaturen bezogen werden. Das wird ohne eine Transformation der Wirtschaft und auch der Pharmabranche nicht gehen. Aktuell stehen wir erst am Beginn dieser Entwicklung.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass der Föderalismus gesundheitsschädigend ist und sich die Bundesländer in Gesundheitsfragen zunehmend als inkompetent erweisen. Es braucht endlich Transparenz über regionale Ausgaben, Erkrankungszahlen, Spitalsdaten und eine zentrale Steuerung. (rüm)