© Lukas Ilgner Die jüngste Debatte über Kompetenzverschiebung zwischen Bund und Ländern, stößt nicht überall auf Zustimmung. Die Länder wiederum drängen auf eine Arbeitsverpflichtung nach dem Medizinstudium.
„Eine Kompetenzdiskussion wird unser Gesundheitssystem nicht weiterbringen. Wir brauchen hingegen echte Transparenz der Aufgaben und Zahlungsströme, die Leistungen folgen“, erklärt Peter Lehner, Obmann der Sozialversicherung der Selbständigen in der aktuellen Diskussion um eine Neuverteilung der Kompetenzen im Gesundheitssystem. „Eine neue Macht- und Zuständigkeiten-Verteilung löst keines unserer Probleme. Sie macht das System weder effizienter noch steigert sie die Qualität der Versorgung“, betont Lehner und führt weiter aus: „Geld muss Leistung folgen. Pauschalzahlungen befeuern ein intransparentes System und entwickeln sich zu Budgetlöchern. Es muss nachvollziehbar sein, wo welches Budget hinfließt und was dafür geleistet wird.“
Österreich habe ein gewachsenes System. „Könnten wir es heute am Reißbrett neu entwickeln, würde es anders aussehen“, sagt Lehner und fordert eine „moderne und zukunftsorientierte Weiterentwicklung“ des Gesundheitssystems. „Ich bin davon überzeugt, dass unser System so aufgestellt ist, dass es funktionieren kann, wir müssen nur einige grundlegende Prinzipien festlegen“, erläutert er und ergänzt: „Wenn jeder seinen Beitrag leistet und dies gleichzeitig transparent macht, sind wir den entscheidenden Schritt weiter. Wir finanzieren die einzelnen Leistungen und füttern nicht ein System.“
Ganz anders sieht es Lehners Parteikollege Peter McDonald (ÖVP), aktuell Vorsitzender im Dachverband und Vizeobmann der ÖGK. Er sprach gegenüber der „Kleinen Zeitung“ von einem „Schritt in die richtige Richtung“. Expert:innen seien schon lange dafür, nun komme Druck der Bevölkerung und die finanzielle Lage der Bundesländer dazu. „Entscheidend für diese Diskussion ist die Erkenntnis, dass der demografische und kulturelle Wandel unser gesamtes Gesellschaftsmodell samt Sozialstaat bedroht“, sagte er: „Dass im Gesundheitsbereich die Verantwortungsarchitektur nicht passt, wissen wir, solange es die Diskussion zu Finanzierung aus einer Hand gibt: also seit Jahrzehnten. Neu ist der hohe finanzielle Leidensdruck durch die Spitäler aufseiten der Länder. Plötzlich scheinen Kompetenzverschiebungen möglich.“ Die Sozialversicherung sei den entsprechenden Weg mit der Gründung der Österreichischen Gesundheitskasse ÖGK, die die neun Gebietskrankenkassen der Länder abgelöst hat, bereits gegangen.
„Statt schon wieder zu verhindern, würden die Länder gut daran tun, endlich zu ermöglichen“, sagt der Gesundheitssprecher der Grünen, Ralph Schallmeiner. Es sei höchste Zeit, die Gesundheitsagenden zur Bundesaufgabe zu machen, „nur so können wir den lähmenden Föderalismus endlich überwinden.“ Das Gesundheitssystem sei nicht zuletzt wegen Doppelgleisigkeiten, fehlender Einheitlichkeit, ständiger Alleingänge einzelner Bundesländer und mangelnder Abstimmung seit Jahrzehnten höchst ineffizient, erläutert Schallmeiner und erinnert daran, dass die von Wien ins Spiel gebrachten Versorgungsregionen schon lange möglich gewesen wären: „Nur hat bis vor kurzem kein einziges Bundesland ernsthaft Bereitschaft gezeigt, gemeinsam zu planen und Verantwortung zu teilen. Auch wenn der Druck nun zu einem Umdenken führt – von einer nachhaltigen, bundesländerübergreifenden Planung sind wir weit entfernt. Zu viele Landesfürsten verharren in der alten ‚Wir-sind-wir‘-Mentalität.“
Die Landesgesundheitsreferent:innen haben indes diese Woche bei einer gemeinsamen Konferenz in Graz eine Evaluierung der gewidmeten Medizinstudienplätze beschlossen und wollen gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium ein „bundesweites Anreizsystem“ am Studienbeginn ins Auge fassen. Konkret könnte es beim Aufnahmetest Bonuspunkte für jene geben, die sich nach dem Studium für eine Arbeit im öffentlichen Dienst „verpflichten“, sagte Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ). Mit den Bonuspunkten könnte quasi jenen angehenden Studierenden, die danach ihre Arbeitskraft dem öffentlichen Gesundheitswesen in Österreich zur Verfügung stellen, ein leichterer Zugang zum mit Aufnahmetests begleiteten Studium gewährt werden, so Königsberger-Ludwig bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit den Landesrät:innen Karlheinz Kornhäusl aus der Steiermark, Daniela Gutschi aus Salzburg und Cornelia Hagele aus Tirol (alle ÖVP). Die Staatssekretärin will außerdem die Primärversorgungszentren weiterentwickeln. (red)