Medizinuniversitäten verteidigen Aufnahmetest

(c) Meduni Graz

Die aktuelle Debatte über zusätzliche Aufnahmekriterien für das Medizinstudium überrascht die Rektor:innen. Sie sehen die Ursache des Ärzt:innenmangels woanders.

Der Aufnahmetest für das Medizinstudium (Med-AT) wurde in den vergangenen Monaten immer öfter kritisiert. Der neueste Vorschlag in der Diskussion kommt von einem Primar, welcher – zusätzlich zum Med-AT – ein verpflichtendes Pflegepraktikum vorschlug. Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) konnte diesem Vorschlag aber nichts abgewinnen, wie er im Ö1-Morgenjournal erklärte. Auch freiwillige soziale Tätigkeiten als Aufnahmekriterium standen im Raum. Nun schalten sich auch die (Vize-)Rektor:innen in die Diskussion ein: Sabine Vogl, Vizerektorin für Lehre an der Medizin-Uni Graz, spricht sich klar gegen freiwillige soziale Tätigkeiten als Aufnahmekriterium aus. Innerhalb eines Jahres würden es dann sowieso alle machen, was zu einer „Pseudo-Freiwilligkeit“ führen würde. Außerdem verschärfe es soziale Ungerechtigkeiten, da jene, die dazu verdienen müssten, keine Zeit für freiwillige Tätigkeiten hätten.

Markus Müller, Rektor der Medizinischen Universität Wien, meldete sich in der Debatte ebenfalls zu Wort. Es habe es eine „Reihe von Missverständnissen und verzerrenden Behauptungen“ gegeben. „Was uns stört, ist, dass der jetzigen Generation von Jungmediziner:innen, die das Aufnahmeverfahren absolviert haben, fehlende Empathie vorgeworfen wird“, meint Müller und spielt damit auf eine Forderung der Ärztekammer, empathische Fähigkeiten in den Test aufzunehmen, an. Der Med-AT teste die Studierfähigkeit ab und das mache er gut, was man an der Drop-Out-Rate erkennen könne. Bevor es den Test gab, lag diese laut Müller bei 50 Prozent, seit Einführung des Med-AT läge sie nur noch bei fünf Prozent. Trotz unterschiedlicher Meinungen werden die Fragen im Teil, welcher sozial-emotionale Kompetenzen abfragt, ab 2023 verdoppelt. Ob sie komplementär eingebaut werden oder andere Teile ersetzen, muss noch mit dem Bildungsministerium geklärt werden. Die Unis selbst plädieren für die zusätzliche Aufnahme.

Für Rektor Wolfgang Fleischhacker von der MedUni Innsbruck ist das keine Lösung für den Ärzt:innenmangel. Wichtig wäre es, Krankenhausträger in die Pflicht zu nehmen, schneller Absolvent:innen aufzunehmen. „Ein wertschätzender Umgang mit ihnen (den Studierenden, Anm.) beinhaltet das rasche Zur-Verfügung-Stellen von Ausbildungsplätzen. Viele sagen uns beim Abholen ihrer Dekrete, sie gehen nach Garmisch (Deutschland, Anm.), weil dort können sie gleich am Montag zu arbeiten beginnen.“ Sein Amtskollege Müller fügt noch hinzu: „Das Thema muss sein, dass der Bereich der versorgungswirksamen Medizin finanziell, strukturell und auch im Narrativ gestärkt wird. Wenn ich bei einer Kassenstelle weiß, ich muss diese und diese Zahl an Patient:innen durchschleusen, um finanziell überleben zu können und dann gibt es im Ort nicht einmal einen Kindergarten, dann ist das kein attraktives Lebensmodell.“ (kagr)