© Parlamentsdirektion/Arman Rastegar Im Sozialausschuss des Nationalrats wurde nach der Erhöhung der Pensionsbeiträge der neue „Gesundheitsreformfonds“ fixiert. Es gibt allerdings auch Kritik.
Im Zuge der Budgetkonsolidierung hat das Parlament bekanntlich eine Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge für Pensionist:innen beschlossen. Sie müssen nun zum Teil seit Juni 2025, zum Teil ab Jänner 2026 6 % Krankenversicherung, statt wie bisher 5,1 %, zahlen. Da diese Krankenversicherungsbeiträge von der Pensionsversicherung, angelehnt an die Dienstgeberbeiträge für Arbeitnehmer:innen, via Hebesätze aufzustocken sind, stehen den Krankenkassen in den kommenden Jahren rund 1,1 Mrd. € bzw. 1,2 Mrd. € pro Jahr mehr zur Verfügung. Die aus den Hebesätzen resultierenden Mehreinnahmen von rund 500 Mio. € sollen allerdings nicht direkt von der Pensionsversicherung an die Krankenversicherungsträger, sondern in einen „Gesundheitsreformfonds“ fließen.
Die entsprechende Regierungsvorlage wurde am Mittwoch vom Sozialausschuss des Nationalrats mit den Stimmen der Koalitionsparteien gebilligt. Demnach sollen die Mittel vor allem dem Ausbau der Versorgung im niedergelassenen Bereich und der Prävention zugutekommen. Genau genommen handelt es sich beim Gesundheitsreformfonds um drei Fonds, die, vorerst auf fünf Jahre befristet, bei der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (BVAEB) sowie bei der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (SVS) eingerichtet werden sollen. Sie sollen im kommenden Jahr mit insgesamt 497,5 Mio. € dotiert werden, danach steigen die Zuwendungen sukzessive auf 580,6 Mio. € im Jahr 2030. 72,96 % davon erhält der Fonds der ÖGK, 22,24 % der Fonds der SVS und 4,8 % der Fonds der BVAEB, wobei ein Teil der Mittel erst nach Erreichen bestimmter Zielvorgaben überwiesen werden soll. Laut Sozialministerin Korinna Schumann (SPÖ) ist etwa geplant, weitere Primärversorgungszentren zu finanzieren. Kritik kommt allerdings von der Opposition. FPÖ und Grüne bezweifeln, dass mit dem Fonds bestehende Probleme im Gesundheitsbereich gelöst werden können.
Mit den Fondsmitteln sollen die Qualität und die Effizienz der niedergelassen Gesundheitsversorgung verbessert werden, wie es im Gesetz heißt. Konkret ist etwa von „einer Optimierung der Patientenströme- und -wege nach dem Prinzip digital vor ambulant vor stationär“, einem Ausbau telemedizinischer Leistungen, einem ausreichenden Leistungsangebot an Tagesrandzeiten und an Wochenenden, einer Stärkung der Prävention, der Förderung der psychischen Gesundheit sowie von einer Digitalisierung und Effizienzsteigerung innerhalb der Krankenversicherungsträger die Rede. Detaillierte Richtlinien und Zielvorgaben sollen allerdings erst per Verordnung des Sozialministeriums festgelegt werden.
Zur Beratung von Schumann sieht der Gesetzesentwurf einen von der Regierung bestellten fünfköpfigen Beirat vor, dem zumindest zwei Expert:innen „mit hervorragender fachlicher Qualifikation im Bereich des Gesundheits- und Sozialversicherungswesens“ angehören sollen. Seine Aufgabe wird es sein, – unter vorhergehender Einbindung der Krankenversicherungsträger – für jedes Jahr Empfehlungen abzugeben. Etwaige vorhandene Restmittel sollen den Erläuterungen zufolge dann 2031 direkt vom Fonds an den jeweiligen Krankenversicherungsträger fließen. Grünen-Gesundheitssprecher Ralph Schallmeiner kritisiert das. Schließlich würden die Mittel letzten Endes auch dann an die Krankenkassen fließen, wenn die gesetzten Zielvorgaben nicht erreicht würden. Damit bestehe nur „ein geringer Reformdruck“.
Bekräftigt wurde die Kritik Schallmeiners von seinem Fraktionskollegen Markus Koza. Es gebe schon jetzt unzählige Finanzierungsströme im Gesundheitssystem, nun würden drei weitere dazukommen, beklagte er und sprach von einem „Aufblasen von Apparaten“. Ähnlich wie die Grünen argumentierte FPÖ-Abgeordnete Andrea Michaela Schartel. Man hätte die zusätzlichen Mittel, die aus der Anhebung der Krankenversicherungsbeiträge der Pensionist:innen resultieren, auch direkt an die Krankenkassen überweisen können, betonte sie. Warum dafür ein eigener Fonds samt Beirat notwendig sei, erschließt sich ihr nicht, zumal dadurch ein zusätzlicher Kostenfaktor entstehe.
Laut Schumann sollen die Mittel des Gesundheitsreformfonds unter anderem dafür genutzt werden, um die Primärversorgungseinheiten (PVE) weiter auszubauen. Die EU-Mittel dafür würden mit Ende des Jahres auslaufen, es brauche aber einen „weiteren Boost“, sagte sie. Derzeit gibt es ihr zufolge 106 solcher Zentren. Auf der „zweiten Seite“ will Schumann ein besonderes Augenmerk auf die Prävention legen. Man müsse darauf schauen, dass die Menschen weniger krank würden und im Alter länger gesund blieben. Schumann will dabei auf drei Altersgruppen fokussieren: Kleinkinder und Schulkinder, Personen mittleren Alters sowie ältere Menschen. Auch der Ausbau der psychischen Versorgung ist ihr ein Anliegen. (rüm)