Neue Ärztestatistik zeigt alarmierende Zahlen

© Ärztekammer/Seelig

Die kommenden Jahre werden das Gesundheitssystem aufgrund von Pensionierungen und Abwanderung hart treffen. Die Ärztekammer fordert umfassende Reformen, um die Versorgung langfristig sicherzustellen. 

Die aktuelle Ärztestatistik 2024 der Österreichischen Ärztekammer zeichnet ein düsteres Bild: Einerseits stehen in den kommenden Jahren viele Pensionierungen der Babyboomer-Generation bevor, andererseits wächst die Bevölkerung und wird älter. Gleichzeitig gibt es eine signifikante Abwanderung von Medizinstudierenden – ein Drittel der Absolvent:innen verlässt das Land oder geht in nicht-versorgungswirksame Tätigkeiten. Dies führt zu einem zunehmend schwerer werdenden Nachbesetzungsbedarf im öffentlichen Gesundheitssystem, wie der Präsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), Johannes Steinhart, bei der Präsentation der Ärztestatistik mahnte. Aktuellen Zahlen zufolge sind zum Ende des Vorjahres 52.005 Ärzt:innen in Österreich tätig, was ein Plus von 2,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr darstellt. Allerdings ist die Altersstruktur der Ärzteschaft besorgniserregend: 33,3 Prozent der Ärzt:innen sind über 55 Jahre alt, und in den nächsten zehn Jahren werden rund 18.189 Ärzt:innen in Pension gehen. Um den Status quo zu halten, wären jährlich rund 1.900 neue Ärzt:innen notwendig. Doch die Zahl der verfügbaren Medizinstudienplätze liegt bei knapp 1.800, und etwa ein Drittel der Absolvent:innen bleibt nicht im österreichischen Gesundheitssystem. Dies stellt eine erhebliche Lücke dar, die nicht durch eine bloße Erhöhung der Studienplätze geschlossen werden kann. 

„Österreich hätte derzeit zahlenmäßig genügend Ärztinnen und Ärzte, um die Gesundheitsversorgung in unserem Land abzusichern. Es gibt also keinen Ärztemangel an sich, sondern einen deutlichen Mangel im öffentlichen System, sei es im Kassenbereich oder in den Krankenhäusern“, betonte Steinhart. Langfristig werde die Situation dramatisch. Daher fordert die Ärztekammer einerseits eine EU-Quote für Mindeststudienplätze, um Sogwirkungen zwischen den Ländern zu minimieren. Andererseits brauche es attraktive Arbeitsbedingungen und eine deutliche Flexibilisierung im Gesundheitssystem. Dazu gehören Teilzeitmodelle, Job-Sharing und eine Reduktion der Bürokratie. Arbeitsbedingungen müssten so angepasst werden, dass mehr Ärzt:innen im öffentlichen System bleiben und auch internationale Fachkräfte angezogen werden. „Kleinliche Diskussionen“ über Wahlärzt:innen wären unangebracht. Diese machen laut Ärztestatistik im niedergelassenen Bereich bei der Allgemeinmedizin rund 37 Prozent aus. Von 12.882 Allgemeinmediziner:innen sind 5.421 im niedergelassenen Bereich, 2.000 davon ohne Kasse. Unter Fachärzt:innen mit Ordination beziehungsweise Gruppenpraxis liegt der Anteil an Wahlärzt:innen sogar bei rund 59 Prozent. 

Darüber hinaus forderte die Ärztekammer erneut eine Reform der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK). Sie müsse ihrer Kernaufgabe, der Versorgung der Bevölkerung mit ausreichend Kassenärzt:innen, endlich gerecht werden. Auch eine bessere Ausstattung der elektronischen Gesundheitsakte ELGA sind zentrale Forderungen, um den Ärzt:innenmangel langfristig vorzubeugen beziehungsweise zu bekämpfen. Steinhart appelliert an die Politik, endlich strukturierte Lösungen zu finden, um die Patient:innenversorgung auch in Zukunft sicherzustellen. (kagr)