Pflegebedarf 2050: Prognose zeigt enorme Lücken

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Die Gesundheit Österreich GmbH hat die aktuelle Pflegebedarfsprognose 2050 präsentiert und Maßnahmen gegen den Personalmangel vorgestellt.

Rund 200.000 zusätzliche professionelle Pflegepersonen (Vollzeitäquivalente) braucht es bis 2050. Das zeigt die aktuelle Pflegebedarfsprognose der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG). Die GÖG addierte bei ihren Berechnungen den Ersatzbedarf durch Pensionierungen (rund 108.000 Personen) mit dem Zusatzbedarf durch demografische Entwicklungen (rund 88.000 Personen), erklärte Brigitte Juraszovich, stellvertretende Leiterin der Abteilung Gesundheitsberufe und Langzeitpflege in der GÖG, bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. Dabei sei zu beachten, dass Personalfluktuation und mögliche Abwanderungen beim Ersatzbedarf aufgrund mangelnder Daten nicht miteinberechnet werden konnten.

Von der Studie umfasst wurde Personal in Akutkrankenhäusern inklusive Reha-Einrichtungen sowie in der stationären, teilstationären und mobilen Langzeitpflege. Keinen Eingang fanden dagegen etwa Personal in Ordinationen und Behinderteneinrichtungen sowie Freiberufler:innen beziehungsweise Personen in Lehre und Forschung, an Schulen und in Sozialversicherungen. Als Datenquellen dienten die Krankenanstaltenstatistik, die Pflegedienstleistungsstatistik und erstmals das Gesundheitsberuferegister. Insgesamt ergibt sich bis 2030 ein kumulierter Mehrbedarf von rund 51.000 Personen, bis 2040 von 120.000 Personen und bis 2050 von 196.500 Personen. Stellt man die derzeitige Zahl der abgeschlossenen Ausbildungen im Bereich der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe (rund 5.100 pro Jahr) und den Bedarf bis 2050 (im Schnitt 5.500 pro Jahr, mit Fluktuation, Abwanderung und anderer Berufswahl aber bis zu 8.000 pro Jahr) gegenüber, ergibt sich laut GÖG eine jährliche Lücke von rund 2.000 bis 3.000 Personen.

Die aktuelle Prognose für 2030 entspricht dabei ziemlich genau jener der ersten Prognose von 2019, erklärte Juraszovich. Allerdings habe sich die eigentlich für 2023/24/25 erwartete Spitze etwas nach hinten verschoben. Einerseits sei dies die Folge der Übersterblichkeit älterer Personen in der Covid-19-Pandemie, andererseits seien in dieser Zeit auch weniger Menschen in Pflegeeinrichtungen aufgenommen worden. Darüber hinaus habe es auch demografische Anpassungen gegeben, meinte die Ökonomin.

Als Maßnahmen zur Deckung des Bedarfs empfiehlt die GÖG neben bereits gesetzten Aktivitäten wie einer Attraktivierung und Zuschüssen bei der Ausbildung unter anderem die Rekrutierung von internationalen Pflegekräften beziehungsweise von Wiedereinsteiger:innen und Quereinsteiger:innen sowie bessere Arbeitsbedingungen. Außerdem sollte auch die Effizienz gesteigert werden, etwa durch den Einsatz von Technik und die Entlastung des Pflegepersonals durch administrative Kräfte. Schließlich müsse man aber auch einen Fokus auf Prävention setzen, meinte Juraszovich. Durch die Erhöhung der Gesundheitskompetenz der Bevölkerung könnte etwa die Pflegebedürftigkeit reduziert werden.

Als Reaktion auf die neue Prognose forderten Gewerkschaftsvertreter und Wiener Grüne in Aussendungen bessere Arbeitsbedingungen. SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch verlangte unter anderem eine Bezahlung in Höhe von 2.300 Euro brutto für Personen in der Pflegeausbildung, ÖVP-Seniorenbundpräsidentin Ingrid Korosec einen Ausbau der Digitalisierung, etwa durch Telemedizin oder Smart-Home-Technologien. Der Wiener Caritas-Direktor Klaus Schwertner hielt langfristig gute Gehälter, neue Modelle in der Personalplanung und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sowie eine entsprechende Berufsanerkennung bei Pflegepersonen für nötig. Für die Volkshilfe sind die Zahlen der Prognose sogar zu tief gegriffen – noch nicht eingerechnet seien etwa mehr Zeit für die Beziehungsarbeit, Supervision und Teambesprechungen beziehungsweise eine Reduktion der Wochenarbeitszeit, meinte Präsident Ewald Sacher. (kagr/APA)