Ringelröteln-Fälle nehmen rasant zu

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In ganz Europa steigt die Zahl der Ringelröteln-Fälle deutlich an, auch in Österreich. Expert:innen warnen nun vor den Gefahren, vor allem für Schwangere.

Wissenschaftler:innen in Deutschland schlagen Alarm: Obwohl Infektionen mit dem Parvo-Virus B19 – im Volksmund als Ringelröteln bekannt – normalerweise erst im Frühjahr und Frühsommer gehäuft auftreten, hat es in Deutschland bereits zwischen Jänner und März einen deutlichen Anstieg der Inzidenz gegeben, warnte Martin Enders vom Konsiliarlabor für Parvo-Viren in Stuttgart. Ähnliches meldete auch die EU-Gesundheitsbehörde ECDC aus Dänemark, Irland, den Niederlanden, Norwegen und Frankreich. Und auch Österreich bleibt nicht verschont: „Weiterhin sehr viele Parvo-Virusnachweise“ heißt es in der neuesten „Virusepidemiologischen Information“ des Zentrums für Virologie der MedUni Wien. 35 Fälle wurden seit Jahresbeginn in Wien gemeldet, 13 im Burgenland und vereinzelte in mehreren weiteren Bundesländern. Zum Vergleich: Ungefähr zur selben Zeit vor einem Jahr wurden in Wien nur acht, im Burgenland elf und in Niederösterreich ein Fall gemeldet. Schon damals warnte das Zentrum für Virologie der MedUni Wien vor den Gefahren einer Ringelröteln-Infektion – vor allem für Schwangere.

Neueste Daten aus Deutschland untermauern die Warnung: Infolge der sehr hohen Inzidenz würden vermehrt B19V-bedingte fetale Komplikationen in der Schwangerschaft wie Fehlgeburten (Aborte) und Flüssigkeitsansammlungen (Hydrops) gemeldet, berichtete Enders. Folgende nicht repräsentative Fallzahlen, diagnostiziert im Stuttgarter Labor (Stand: 26. April), wurden für die ersten drei Monate des Jahres gezählt: mehr als 120 Fälle im Januar, etwa 150 im Februar und mehr als 240 im März. Die Komplikationen treten laut Enders am häufigsten bei Infektionen vor der abgeschlossenen 20. Woche auf. Darüber hinaus kann eine Infektion beim Ungeborenen kindliche Blutarmut auslösen. Die außergewöhnlich starke Aktivität des Parvo-Virus in Europa lässt sich laut Enders unter anderem dadurch erklären, dass in der Pandemie aufgrund von Lockdowns und Hygienemaßnahmen die Fallzahlen sehr niedrig waren und dem Virus nun eine deutlich höhere Zahl empfänglicher Wirt:innen zur Verfügung steht. „Von Anfang 2020 bis Anfang 2023 hatten wir quasi drei Jahre keine Aktivität oder nur eine minimale. Das heißt, da haben sich eine Menge an Kindern angesammelt, die nicht immun sind und da läuft das jetzt durch“, meinte Enders. Mehr Infektionen bei Kindern bedeuten automatisch mehr Infektionen bei Schwangeren – und damit einhergehend auch häufiger Komplikationen. „Aber ich glaube nicht, dass sich das Virus irgendwie verändert hätte und dass deswegen die Infektionen schwerer verlaufen“, versuchte der Experte zu beruhigen.

Obwohl eine detaillierte epidemiologische Analyse in Europa fehle, da die Krankheit in den meisten Ländern nicht überwacht werde, zeigten die Daten erhöhte Infektionsraten in mehreren Altersgruppen, wobei vor allem Kleinkinder betroffen seien. Zu den Risikogruppen für eine schwere Erkrankung gehörten neben den Schwangeren auch Personen mit Bluterkrankungen oder Immunsuppression (Immunschwäche). Ringelröteln sind sehr ansteckend. Zur Ansteckung kommt es durch erregerhaltige Tröpfchen, die durch Husten, Niesen oder verunreinigte Hände verteilt werden. Auch über Schmierinfektionen – gegebenenfalls sogar über Türklinken – können sich die Viren verbreiten. Bei den meisten Erwachsenen und Kindern zeigen sich Grippesymptome wie leichtes Fieber mit einer Schwellung der Lymphknoten. Nicht immer entwickelt sich der typische Hautausschlag. Ansteckungsgefahr besteht für Menschen, die noch nicht an Ringelröteln erkrankt sind. Wer die Infektion überstanden hat, ist ein Leben lang geschützt und erkrankt nicht noch einmal. Schwangere stecken sich nach Auskunft von Enders am häufigsten bei Kindern an, meist im eigenen Haushalt oder durch berufliche Exposition. (kagr/APA)