Spitalsschließung sorgt für Chaos und Rätselraten

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Offenbar in einer Hauruckaktion soll das Wiener Lorenz Böhler-Spital geschlossen werden. Während der AUVA-Generaldirektor am Montag erstmals die Belegschaft informieren will, rücken schon die Möbelpacker an und räumen OP-Säle aus.

Die Situation ist mehr als brenzlig. Am 28. Februar hat der Verwaltungsrat der Unfallversicherung beschlossen, das AUVA-Traumazentrum Wien-Brigittenau, des ehemaligen UKH Lorenz Böhler, zu schließen. Am Montag werden bereits Taten gesetzt, während gleichzeitig die Beschäftigten erstmals informiert werden sollen. Jährlich werden dort rund 65.000 Patient:innen nach Unfällen medizinisch betreut. Im Zuge einer genauen Begutachtung des Standortes wurde nun eine weitreichende Entscheidung getroffen. Das Ergebnis: Das über 50 Jahre alte Gebäude erfordere bau- und brandschutztechnische Maßnahmen, die weder kurzfristig noch im laufenden Betrieb umsetzbar sind. „Um sicherzustellen, dass unsere Patient:innen auch weiterhin Zugang zu hochwertiger medizinischer Versorgung haben, verbleibt am Standort Brigittenau eine Erstuntersuchungsambulanz, die zur Versorgung selbstkommender Patient:innen beiträgt“, heißt es in einer Aussendung.

In einem ersten Schritt werden bis Jahresende die stationären Leistungen am Standort Meidling des Traumazentrums Wien und in Kooperation mit dem Wiener Gesundheitsverbund am Standort des Allgemeinen Krankenhauses der Stadt Wien (AKH) erbracht. Mittelfristig werde im Zeitraum der Planung und Bauarbeiten des Forschungs-, Wirtschafts- und Gesundheitscampus eine entsprechende Übergangslösung in der Brigittenau errichtet. Die Nutzung dieser temporären Einrichtung soll Anfang 2025 starten. Ausgehend von umfassenden Planungsarbeiten zur Weiterentwicklung der medizinischen Versorgung wird das medizinische Angebot für die Brigittenau insgesamt neu gedacht und in Richtung eines Gesundheitsstandortes der Zukunft entwickelt, heißt es von Seiten der AUVA.

Dies alles geschehe in Zusammenarbeit mit bewährten Kooperationspartnern wie der Stadt Wien, Wirtschaftskammer Wien und dem Ludwig-Boltzmann-Institut für Traumatologie sowie der Elisabethinen Linz-Wien GmbH und der Franziskus Spital GmbH. Der neue Standort soll die bewährten Stärken der einzelnen Partner unter einem Dach vereinen. Überraschend dabei: die Stadt Wien sieht die Abmachung durchaus anders und fürchtet wie auch Beschäftigte einen Zusammenbruch der Unfallversorgung in Wien. Heinz Brenner, Obmann für Unfallchirurgie der Wiener Ärztekammer, warnte am Sonntag im „Kurier“: „Wenn das Böhler fällt, dann hat das Auswirkungen auf die medizinische Versorgung von ganz Wien.“ Ärztekammerpräsident Johannes Steinhart betonte: „Es ist zu befürchten, dass durch die geplante überhastete Schließung die aufnehmenden Spitäler an ihre Grenzen geraten.“ Der ehemaligen ÖÄK-Präsident Thomas Szekeres bezeichnete die Schließung in einem Facebook-Beitrag sogar als „Schildbürgerstreich“: „Jahrelang hat man nichts getan und jetzt schließt man innerhalb weniger Tage.“ Auch Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) meldete sich zu Wort und kritisierte, dass Operationen bereits ersatzlos gestrichen worden seien. Hacker sei zwar in die Pläne zur Schließung eingeweiht gewesen, aber es waren andere Pläne als die, die jetzt offenbar umgesetzt werden sollen, betonte er im Interview mit der „Kronen Zeitung“. „Das war so nicht vereinbart und ist inakzeptabel“, wird Hacker von der „Krone“ zitiert.

Interessant aber auch die Argumentation der AUVA-Führung mit Hinweis auf den Brandschutz. Der war auch schon Thema vor zwei Jahren, als die ehemalige Zentrale in Brigittenau für eine Sanierung geschlossen wurde und die Versicherung an den Wienerberg umsiedelte. Am Sonntag meldete sich auch die AUVA erneut per Aussendung zu Wort und wies die Kritik zurück: „Leider finden derzeit vereinzelt Aussagen den Weg in die Medien, laut denen geplante Operationen am Traumazentrum Wien-Brigittenau (ehem. UKH Lorenz Böhler) abgesagt oder gar ‚ersatzlos gestrichen‘ werden. Dies ist unrichtig. Sämtliche derzeit geplante Operationen finden auch statt, der überwiegende Teil davon an unserem Standort Meidling.“ (rüm)