Studie: Ärztedichte allein ist kein Kriterium für Qualität

Ein Ärztemangel würde sich laut einer neuen Studie in Österreichs Regionen sehr unterschiedlich auswirken. Überraschend: Patienten pendeln zwischen Hausärzten.

In der Regel wird als Indikator für die Qualität und Stabilität von Gesundheitssystemen die Anzahl der Ärzte im Verhältnis zur Bevölkerung herangezogen. Ganz so einfach ist die Sache jedoch nicht, denn dieser Ansatz geht etwa davon aus, dass alle Mediziner für Patienten gleich gut erreichbar sind und jeder Arzt im Grunde auch die gleiche Bedeutung im System hat, wenn er etwa in Pension geht. Ob im Schnitt mehr oder weniger Patienten auf einen niedergelassenen Arzt mit Kassenvertrag kommen, entscheidet aber nicht alleine darüber, wie widerstandsfähig das Gesundheitssystem in Österreichs Regionen ist. Das ist das Ergebnis eines von Wiener Komplexitätsforschern durchgeführten „Stresstests“, der im im Fachblatt „PNAS“ erschienen ist. Wichtig ist vor allem, wie gut Patienten ausweichen können, wenn Ärzte ausfallen.

Für ihre Untersuchung entwickelten die Wissenschafter vom Wiener Complexity Science Hub (CSH) und der Medizinischen Universität Wien um Peter Klimek und Stefan Thurner ein Computermodell, das die medizinische Grundversorgung in Österreich – sprich das Netzwerk an Allgemeinmedizinern, ohne Fachärzte – eins zu eins abbildet. Patienten- und Ärztedaten waren anonymisiert. Typischerweise würde man erwarten, dass Herr und Frau Österreicher recht verlässlich ihren jeweiligen Hausarzt ansteuern. Die Daten spiegeln diese Annahme aber nicht unbedingt wider. „Die Patienten bilden von vornherein schon Versorgungsnetzwerke, indem sie von Haus aus zu mehreren Primärversorgern gehen“, sagte der Komplexitätsforscher. Man könne hier von „Patienten-Sharing“ sprechen. Es zeigte sich auch, dass diese dicht verwobenen Netzwerke zwar stark regional organisiert sind, aber von Bezirk zu Bezirk sehr unterschiedlich aussehen können.

In der mit den Daten der 121 politischen Bezirke Österreichs gefütterten, interaktiven Computersimulation von CSH-Forscher Johannes Sorger begann das Team dann mit seinem „Stresstest“, indem sie einen Arzt nach dem anderen aus dem komplexen Netzwerk nahmen. Aufgrund der ursprünglichen Verbindungen konnten sie dann abschätzen, wohin die Patienten wandern würden. Am Rand des systemischen Kollapses entlanggetaumelt seien die Regionen im österreichweiten Schnitt, sobald rund 30 Prozent der Ärzte verschwunden waren, heißt es in der Arbeit. In manchen Regionen liegen diese Werte aber auch deutlich niedriger oder höher. (APA)

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