Studien zu Corona-Infektion: Kaum Immunität, dafür Hirnschäden

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Neue Analysen deuten darauf hin, dass bei Menschen, die nur wenige oder gar keine COVID-19-Symptome hatten, die Immunität nur kurz anhält. Gleichzeitig kann auch ein milder Verlauf zu Gehirnschäden führen.

Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie hoffen viele Menschen auf Immunität – nach überstandener Infektion oder durch eine bald verfügbare Impfung. Nun deuten aber viele Studien darauf hin, dass bei einem leichten Krankheitsverlauf bald die Zahl der Antikörper abnimmt. Zwar ist noch unklar, was das für eine mögliche Immunität bedeutet. Doch die Beobachtungen wecken Zweifel an der Aussagekraft von Antikörpertests. Auch für die Entwicklung eines Impfstoffs wäre ein möglichst genaues Verständnis der Immunantwort auf SARS-CoV-2 zentral. Die Immunantwort auf die COVID-19-Erreger scheint bei Menschen jedenfalls unterschiedlich auszufallen.

Auf den ersten Blick scheint das Vorhandensein spezieller Antikörper ein guter Hinweis auf eine frühere Infektion zu sein. Allerdings fand eine Untersuchung des Universitätsspitals Zürich bei Menschen mit milden oder asymptomatischen Verläufen keine sogenannten IgG-Antikörper im Blut. Diese sind wichtig für das Immungedächtnis, damit das Immunsystem bei erneutem Kontakt mit dem Erreger stärker und schneller reagiert. Die Studie ist bisher aber nur ein Preprint. Eine weitere als Preprint veröffentlichte Untersuchung des Lübecker Gesundheitsamts fand bei 30 Prozent von 110 Corona-Infizierten mit ebenfalls höchstens mäßigen COVID-19-Symptomen keine Antikörper. Und im Fachblatt „Nature Medicine“ berichten Forscher aus China, dass bei Infizierten ohne Symptome die Antikörper-Konzentration im Blut bereits nach kurzer Zeit deutlich sank. Studien zu anderen Coronaviren weisen darauf hin, dass eine erneute SARS-CoV-2-Infektionen komplett verhindernde Immunität vielleicht nur einige Monate bestehen bleibt, wie der Virologe Shane Crotty vom La Jolla Institute of Immunology in Kalifornien dem Fachmagazin „Nature“ erklärte. Eine Symptome abmildernde Immunität könnte es aber länger geben.

Ein Ärzteteam aus London wiederum meldet, dass auch milde Verläufe von COVID-19 laut einer Studie bei den Erkrankten zu ernsthaften Gehirnschäden führen können. Der Untersuchung zufolge kommt es häufiger als bisher vermutet zu tendenziell tödlichen Komplikationen, darunter Fieberwahn, Nervenschäden und Schlaganfälle. „Wir konnten mehr Patienten mit neurologischen Schäden wie Entzündungen im Gehirn identifizieren als gedacht“, sagte der Forscher Michael Zandi vom University College London. Die Befunde hätten jedoch nicht immer mit dem Schweregrad der COVID-19-Symptome korreliert, sagte er. An der Studie beteiligten sich 43 Patienten, bei denen entweder COVID-19 nachgewiesen oder vermutetet wurde. Das Team aus Ärzten stellte in zehn Fällen eine vorübergehende Hirnfunktionsstörung fest, in zwölf Fällen eine Hirnentzündung, in acht Fällen Schlaganfälle und in weiteren acht Fällen Nervenschäden. Die Ergebnisse der Untersuchung wurden in der Fachzeitschrift „Brain“ veröffentlicht. Die Untersuchung deutet darauf hin, dass Komplikationen im Gehirn bei COVID-19-Patienten häufiger vorkommen könnten als bisher gedacht. Jedoch sagten Experten auch, dass dies nicht bedeute, dass Hirnschäden bei COVID-19 weit verbreitet seien. Da die Krankheit erst seit einigen Monaten bekannt sei, „wissen wir wohl noch nicht, welche Langzeitschäden COVID-19 verursachen kann“, sagte der an der Untersuchung beteiligte Forscher Ross Paterson. Sein Rat: „Ärzte müssen sich über mögliche neurologische Schäden bewusst sein, da eine frühzeitige Diagnose den Krankheitsverlauf verbessern kann.“ (APA/red)