Warum Klimaschutz ein Gesundheitsthema ist

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Ein wegweisendes Gerichtsurteil verknüpft Gesundheit mit Klimaschutz. Das setzt Gesundheitseinrichtungen, Gesundheitsberufe und die Politik unter Zugzwang.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat am Dienstag in einem wegweisenden Urteil die Schweiz wegen mangelnden Klimaschutzes verurteilt. 2000 Schweizer Seniorinnen sowie der Verein „KlimaSeniorinnen Schweiz“ hatten geklagt, weil Hitzewellen, Waldbrände und Rauch von Waldbränden „ihr Leben, ihr Wohlbefinden, ihre Gesundheit“ gefährden würden. Das Urteil: Die Schweiz verletze Artikel 8 („Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens“) der europäischen Menschenrechtskonvention, hielten die Richter mit 16 zu einer Stimme fest. Die Behörden hätten es versäumt, rechtzeitig und angemessen auf den Klimawandel zu reagieren, heißt es in einer Aussendung des EGMR. Zudem hätten die Klägerinnen nicht ausreichend die Möglichkeit gehabt, vor nationalen Gerichten zu klagen.

Der EGMR wurde 1959 in Straßburg von den Mitgliedstaaten des Europarats errichtet, um die Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention von 1950 sicherzustellen. Diese enthält keine ausdrücklichen Bestimmungen zum Umweltschutz. Dennoch verpflichtete der Gerichtshof in früheren Fällen, bei denen es um die Industrie und die Müllwirtschaft ging, Staaten zur Erhaltung einer „gesunden Umwelt“. Auch hier beriefen sich die Richter:innen bereits auf Artikel 8 der Konvention – dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens. Jetzt war es das erste Mal, dass das Gericht Urteile zum Klimawandel fällte und sich mit der Frage befasste, inwiefern Klimaschutz ein Menschenrecht ist.

Damit kommen Politik, Wirtschaft aber auch Gesundheitseinrichtungen und Gesundheitsberufe unter Zugzwang. Denn Erkrankungen, Verletzungen und letztlich Todesfälle als Folge der Klimakrise sind bereits durch zahlreiche Studien und Schadensereignisse belegt. Zuletzt hat auch der Versicherungsriese Uniqa erklärt, dass man die Folgen von Unwetterkatastrophen in Gebieten mit Häufungen derartiger Ereignisse nicht mehr oder nur noch mit hohen Prämien versichere. Die Begründung: Eine Versicherung mache nur dann Sinn, wenn sich Risiken damit ausbalancieren lassen. Ja wahrscheinlicher aber der Schadensfall, umso größer das Risiko für die Versicherung. Anders formuliert: Niemand versichert ein bereits brennendes Haus. (rüm)