Welt-Autismustag zeigt fehlende Betreuungsangebote

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Rund 85.000 Menschen leben in Österreich mit einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS). Laut Experten und Betroffenen steht zu wenig Geld, Zeit und Personal zur Verfügung. Ein neuer Kinofilm zeigt die Wahrnehmung von Autisten.

So wie Autistinnen und Autisten die Umwelt wahrnehmen, erleben sie häufig Herausforderungen in der Kommunikation und in der sozialen Interaktion. Wegen des vielfach noch fehlenden Wissens wird bei der Erhebung des Hilfebedarfs oft der körperliche Unterstützungsbedarf höher bewertet, als die Herausforderungen im sozialen Miteinander, betonte Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser am Donnerstag anläßlich des Weltautismustages am Samstag. Autismus hat Auswirkungen darauf hat, wie eine Person die Umwelt wahrnimmt und sich in der Folge verhält, kommuniziert und mit anderen Menschen in Beziehung tritt. Autismus wird oft auch als Informations- und Wahrnehmungsverarbeitungsstörung bezeichnet. Der Begriff verdeutlicht, dass Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung (ASS) Informationen, die sie in der Umwelt wahrnehmen, auf andere Art und Weise verarbeiten. Manche Betroffene benötigen kaum Hilfe, andere wiederum umfassende Unterstützung und Begleitung, um ihren Alltag zu bewältigen.

Der Betreuungsverein Nomaden berichtete am Donnerstag von einer „Überlastung der autismusspezifischen Förderung- und Beratungsangebote – besonders auch durch die Covid-19-Pandemie“. In den vergangenen Jahren stieg die Zahl der Anrufe kontinuierlich und die Wartelisten werden immer länger, sagte Obfrau Johanna Kienzl bei einer Pressekonferenz. Die Coronakrise bedeute für die Betroffenen, die sich generell sehr schwertun mit Veränderungen und Unerwartetem, eine große Herausforderung, wurde bei dem Medientermin betont. „Viele Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung wurden während der Pandemie depressiv, haben sich vollständig zurückgezogen und benötigen noch mehr Hilfe als vorher, gleichzeitig aber sind psychosoziale Unterstützungsangebote meist völlig ausgebucht“, berichtete Christine Preißmann, Ärztin, Psychotherapeutin und selbst Asperger-Autistin.

„Für den ASS-Bereich steht hierzulande leider noch immer zu wenig Geld, Zeit und Personal zur Verfügung. Familien, die durch die Lebenssituation mit einem ASS-Angehörigen bereits belastet sind, können nicht noch zusätzlich finanziell belastet werden“, forderte Teresa Koller, operative Leiterin des Vereins Nomaden. „Die größten Probleme sind mit Sicherheit, dass Hilfseinrichtungen für Personen im Spektrum sehr dünn gesät sind und dass viele Therapien, Gespräche, Arztbesuche nur zum Teil oder nicht übernommen werden“, sagte auch Biko Pickart, Unternehmer und ebenfalls vom Asperger-Syndrom betroffen.

„So unterschiedlich die Bedürfnisse sind, so unterschiedlich müssen auch die Förderangebote und die individuelle Unterstützung sein. Allerdings gibt es davon nirgends in Österreich genug“, kritisierte die Diakonie in einer Aussendung. Das betreffe insbesondere Kinder. „Damit sich Kinder im Autismus-Spektrum mit all ihren Fähigkeiten und Besonderheiten gut entfalten können, müssen dringend Kindergartenplätze, Frühförderung und Therapieplätze ausgebaut werden“, betonte Moser. Wer sich ein Bild über die Wahrnehmung und das Leben von Autisten machen will, kann das ab Freitag auch im Kino. Da läuft in den heimischen Kinos der Film „Warum ich dir nicht in die Augen schauen kann – Ein autistischer Junge erklärt seine Welt“ an. Er basiert auf dem gleichnamigen Bestseller von Naoki Higashida. Regisseur Jerry Rothwell war es ein Anliegen zu zeigen, dass es andere Weisen gibt, die Welt wahrzunehmen. (red)