Wie Herpes zu Alzheimer führen kann

Alte Frau weint

Eine neue Studie zeigt welche Rolle Herpes-Viren bei Alzheimer spielen. Anlässlich des Welt-Alzheimer-Tages am Donnerstag geben Expert:innen Tipps und stellen Forderungen.

Pünktlich zum Welt-Alzheimer-Tag am Donnerstag gibt es neue Ergebnisse aus der Alzheimer-Forschung: Eine Untersuchung des Oxford Institute of Population Ageing, der University of Manchester und der Tufts University in Massachusetts fand einen Zusammenhang zwischen Herpes-Viren und einer Alzheimer-Erkrankung. Laut Studie könnte eine Reaktivierung des Herpes simplex-Virus Typ 1 – beispielsweise durch das Varizella-Zoster-Virus (VZV) – zu Alzheimer führen, indem sich bei Menschen mit einer entsprechenden Prädisposition bestimmte Proteine im Gehirn ansammeln. Der Humanmediziner und Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin Michael A. Überall sieht die Studie als wichtige Arbeit in der Alzheimer-Forschung: „Die Ergebnisse dieser experimentellen Studie erweitern unsere Sicht auf die Entstehung einer Alzheimer-Erkrankung um eine bislang eher vernachlässigte, aber absolut mögliche neue Ursache – chronische Viruserkrankungen.“

Über 99 Prozent aller Erwachsenen über 50 Jahre tragen das Varizella-Zoster-Virus (Auslöser für Gürtelrose oder Windpocken) in sich und circa 50 Prozent das Herpes simplex-Virus Typ 1. Dieser „Trägerstatus“ war für die meisten Betroffenen lange Zeit eher unbedeutend. Mit durchschnittlich zunehmendem Lebensalter und dem steigenden Anteil älterer Personen an der Gesamtbevölkerung spielt aber die altersbedingte Reaktivierung dieser Viren und die Bildung der Proteine, die für die Alzheimer-Erkrankung mitverantwortlich sind, eine größere Rolle. „Auch wenn wir noch nicht wirklich wissen, auf welchem Weg die genannten Eiweißkörper die Funktion der Nervenzellen beeinträchtigen, so ist zumindest klar, dass das Ausmaß von Bildung und Ablagerung von der Anzahl und der Schwere der VZV-Reaktivierungen abhängt und mit der Schwere der Alzheimer-Erkrankung in einem engen Zusammenhang steht“, erklärt Überall. „Sollte sich dieser Zusammenhang auch in klinischen Studien bestätigen, dann könnte sich über das VZV eine Möglichkeit ergeben, den Weg der Entstehung einer Alzheimer-Erkrankung vorbeugend zu beeinflussen beziehungsweise ihn vielleicht sogar weitgehend zu verhindern, nämlich durch eine Impfung mit dem Lebendimpfstoff im Kindesalter zur Vermeidung der Erstinfektion mit VZV und mit Impfung Erwachsener mit dem Totimpfstoff zur Stärkung des Immunsystems und Verhinderung der Reaktivierung bereits im Körper befindlicher VZV.“

Die Gründe für eine Alzheimer-Erkrankungen können grundsätzlich aber vielseitig sein. „Der Lebensstil spielt eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung“, erklärt Rotkreuz-Chefärztin Katharina Pils. „Besonders Rauchen, regelmäßiger Alkoholkonsum, Bewegungsmangel und soziale Isolation sind Faktoren, welche die Entwicklung von einigen Formen von Demenz und auch Alzheimer begünstigen. Doch die Diagnose ist kein Grund, sich zu schämen oder zurückzuziehen. Es ist wichtig, das Gedächtnis zu trainieren, regelmäßig Bewegung zu machen und ein aktives Leben zu führen. Man sollte auch seine Angehörigen ins Vertrauen ziehen und offen mit der Diagnose umgehen.“ Das Rote Kreuz bietet neben Infos und Kursen für Senior:innen, Erkrankte und Angehörige auch Weiterbildungen für Ärzt:innen und Pflegepersonal an (siehe Link unten). Die Häufigkeit von Demenz und einer Alzheimer-Diagnose steigt mit zunehmendem Alter.

Etwa fünf Prozent der über 65-Jährigen sind betroffen, bei den über 90-Jährigen sind es bereits dreißig Prozent. Bis zum Jahr 2050 werden mehr als 190.000 Diagnosen erwartet. Die meisten Erkrankten werden zuhause betreut, weshalb der Pensionistenverband Österreichs anlässlich des Welt-Alzheimer-Tages mehr finanzielle Mittel fordert: „Fast die Hälfte der an Demenz erkrankten Menschen wird zu Hause gepflegt und betreut. Diese pflegenden bzw. betreuenden Angehörigen verdienen unseren höchsten Respekt – und sie brauchen viel mehr Unterstützung. Beispielsweise durch flächendeckende, wohnortnahe und rasch erreichbare Beratungs- und Hilfsangebote. Und: Nicht zuletzt brauchen sie auch finanzielle Unterstützung. Denn die Teuerung macht auch vor Heil- und Behelfsmitteln nicht halt. Wir fordern daher, dass der Angehörigenbonus für pflegende Angehörige schon ab Pflegestufe 3 gelten muss“, betont Peter Kostelka, Präsident des Pensionistenverbandes Österreichs. (red)