Analyse: Pharmaindustrie weiter unter Druck

Die Bäume in der Pharmaindustrie wachsen nicht mehr in den Himmel, sagt eine Analyse von Wirtschaftsanalysten. Zwar steigen die Umsätze international leicht, doch die Ergebnisse kommen weiter unter Druck.

Laufend neue Forschungsergebnisse, veränderte Bedarfsstrukturen, demografischer Wandel – die Pharmaindustrie steht vor neuen Herausforderungen, die es zu meistern gilt. Eine Analyse von Wirtschaftsexperten kommt nun zu dem Ergebnis, dass sich die größten Pharmaunternehmen der Welt bislang noch gut schlagen, der Druck aber wächst: Die Umsätze von 22 untersuchten Konzernen aus dem Pharmageschäft konnten 2018 global leicht gesteigert werden; sie gingen um 0,9 % auf 460,8 Milliarden Euro nach oben. Gleichzeitig sank jedoch das operative Ergebnis aus dem Gesamtgeschäft um 1,8 % auf 150,9 Milliarden Euro.

Das sind Ergebnisse einer Analyse der Finanzkennzahlen der 22 größten Pharmaunternehmen der Welt, die die Prüfungs- und Beratungsorganisation EY erstellt hat. „Die Pharmaunternehmen können sich weiter über hohe zweistellige Margen freuen“, kommentiert Erich Lehner, Managing Partner Markets und Leiter Life Sciences bei EY Österreich. „Allerdings wachsen die Bäume auch in dieser Branche nicht mehr in den Himmel. Neue Wirkstoffe und echte Therapiedurchbrüche müssen erst teuer entwickelt werden. Der Erfolg ist ungewiss, das Risiko bleibt hoch.“ Die untersuchten Pharmaunternehmen haben ihre Forschungs- und Entwicklungsausgaben im Vergleich zu 2017 im Vorjahr um 1,4 % auf 88,7 Milliarden Euro ausgeweitet. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Wirkstoffe, die sich in der klinischen Entwicklung befinden, um 4,6 %. 2017 hatte es sogar einen noch deutlicheren Sprung um 17,2 % gegeben. Aufgrund des geringen Umsatzwachstums und der hohen Zukunftsinvestitionen sank allerdings die EBIT-Marge der 22 untersuchten Konzerne zum zweiten Mal gegenüber dem Vorjahr und betrug durchschnittlich 25,6 %. 2016 machte der operative Gewinn noch 26,8 % des Gesamtumsatzes aus, 2017 waren es 26,4 %.

„Die steigenden Ausgaben für Forschung und Entwicklung sowie die prall gefüllte Pipeline zeigen, dass die Pharmaunternehmen weiterhin auf die klassische Wirkstoffentwicklung setzen und versuchen, in ihren jeweiligen Haupttherapiegebieten die Marktführerschaft zu erreichen. Wenn es ihnen gelingt, ein bestimmtes Preisniveau durchzusetzen und das neu entwickelte Medikament in den wichtigsten Märkten zu etablieren, kann das künftiges Wachstum sichern. Allerdings ist der Wettbewerbsdruck in den größten Therapiebereichen, beispielsweise der Onkologie, enorm – vom großen Kuchen bleiben nur kleine Stücke“, analysiert Lehner.

Schon jetzt entwickelt sich die Branche mit zwei Geschwindigkeiten. Während die zehn umsatzstärksten Pharmaunternehmen ihre Umsätze und das operative Ergebnis weiter ausbauen konnten, sanken beide Kennzahlen beim Verfolgerfeld: Die Top Ten legten beim Umsatz aus dem Pharmageschäft um 2,6 % und beim Gesamt-EBIT um 2,2 % zu. Die zwölf dahinter folgenden Firmen mussten zusammen einen Umsatzrückgang von 2,2 % hinnehmen und brachen beim EBIT sogar um 9,0 % ein. Das liegt vor allem auch daran, dass der Umsatz mit Krebsmitteln auch weiterhin die höchsten Wachstumsraten aufweist. Auch die Umsätze mit Impfstoffen legten zuletzt deutlich zu – um 5,1 %. Von den großen Therapiebereichen erzielte sonst nur noch die Augenmedizin leichte Zuwächse (+ 2,2 %), in allen anderen Therapiebereichen gingen die Umsätze zurück. (red)